Epigenetische Modifikation des FKBP5-Gens und Hirnstruktur
Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss epigenetischer Modifikation des FKBP5-Gens auf Hirnstruktur im Kontext von Depressionsrisiko und Kindheitstraumata. Betrachtet wurde ein Risikosample bestehend aus N = 62 Probandinnen. Die Stichprobe schloss Gesunde ohne Risiko, Gesunde mit genetischem...
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Beteiligte: | |
Format: | Dissertation |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
Philipps-Universität Marburg
2022
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Schlagworte: | |
Online-Zugang: | PDF-Volltext |
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Zusammenfassung: | Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss epigenetischer Modifikation des FKBP5-Gens auf Hirnstruktur im Kontext von Depressionsrisiko und Kindheitstraumata. Betrachtet wurde ein Risikosample bestehend aus N = 62 Probandinnen. Die Stichprobe schloss Gesunde ohne Risiko, Gesunde mit genetischem Risiko und Gesunde mit Umweltrisiko ein. Die Extraktion der FKBP5-Methylierungskonzentration erfolgte chipbasiert aus dem Vollblut der teilnehmenden Probandinnen. Misshandlungs- und Missbrauchserfahrungen in der Kindheit wurden retrospektiv über den Summenscore des Childhood Trauma Questionnaires (CTQ) erfasst. Die strukturellen Berechnungen gingen von T1-gewichteten MRT-Daten aus und bedienten sich Verfahren der voxelbasierten Morphometrie und der Diffusions-Tensor-Bildgebung. Untersucht wurden neben dem Volumen der grauen Substanz, die fraktionale Anisotropie als Maß für die strukturelle Integrität der weißen Substanz.Während die Untersuchung des Risikosamples keine direkte Korrelation zwischen epigenetischen Messgrößen und frühkindlicher Traumatisierung ergab, führte die individuelle Betrachtung der FKBP5-Gen-Methylierung und des CTQ-Summenscores auf struktureller Ebene zu mehreren wegweisenden Befunden. So konnte die FKBP5-Gen-Methylierung sowohl mit dem Volumen des rechten Gyrus occipitalis als auch mit der fraktionalen Anisotropie des Cingulums in beiden Hemisphären assoziiert werden. Der Befund in der linken Hirnhälfte schließt dabei Faserzüge ein, die als Teil des Cingulum mit dem Hippocampus in Verbindung stehen. Die strukturellen Analysen zum Einfluss frühkindlicher Traumatisierung bestätigten jüngste Forschungsergebnisse der voxelbasierten Morphometrie, wonach Erfahrungen von Missbrauch und Misshandlung in der Kindheit unabhängig vom klinischen Phänotyp mit einer Hippocampusatrophie in Bezug gesetzt werden können. Darüber hinaus detektierte die traktbasierte Auswertung eine traumaassoziierte Reduktion der strukturellen Integrität der weißen Substanz über weite Teile des Gehirns. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Fasciculus longitudinalis superior, einer Faserbahn, die an der Übermittlung sensorischer Informationen aus occipitalen und temporalen Regionen in den präfrontalen Cortex beteiligt ist. Hier konnte die fraktionale Anisotropie nicht nur mit dem CTQ-Summenscore, sondern auch mit der FKBP5-Gen-Methylierung assoziiert werden.In Zusammenschau der Befunde stützen die erhobenen Ergebnisse der voxelbasierten Morphometrie und der Diffusions-Tensor-Bildgebung ätiologische Überlegungen, wonach misshandlungsbedingte hirnstrukturelle Veränderungen durch epigenetische Modifikationen des FKBP5-Gens vermittelt werden können und das Depressionsrisiko modulieren. Insbesondere in Hinblick auf strukturelle Effekte in limbischen und sensorischen Systemen sind weiterführende Untersuchungen und größere Stichproben erforderlich, um neben der Integration von genetischen Daten auch den Einfluss durch spezifische Misshandlungsformen zu berücksichtigen. Schlussendlich verdeutlicht die vorliegende Arbeit, dass Epigenetic-Imaging-Studien dabei helfen können die Rolle der Epigenetik bei der Ätiologie affektiver Störungen zu verstehen und zu bewerten. Der Rückschluss auf zugrundeliegende Kausalitäten ist jedoch durch die methodische Heterogenität bisheriger Publikationen und der hohen Wahrscheinlichkeit für das Vorherrschen bislang unbekannter Störgrößen und Interaktionseffekte limitiert. Neben dem weiteren Ausbau molekulargenetischer Studien zur Genexpression ist eine Vereinheitlichung der Akquisitions- und Analysemethoden damit unerlässlich, um bekannte und neue Befunde der Epigenetik zukünftig im weiteren Kontext interpretieren zu können. |
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Umfang: | 104 Seiten |
DOI: | 10.17192/z2022.0309 |