Regulation der cytoplasmatischen und nucleären Calcium-Konzentration durch den speichergesteuerten Calcium-Einstrom in adulten Kardiomyozyten

Der speichergesteuerte Calcium (Ca)-Einstrom (SOCE) ist ein Mechanismus, der durch den Füllungszustand intrazellulärer Ca-Speicher (endo-/ sarkoplasmatisches Retikulum, ER/SR) gesteuert wird. Die Entleerung der Speicher führt zur Aktivierung von Ca-permeablen Kanälen in der Plasmamembran (transient...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Hermes, Julia Madeleine
Beteiligte: Kockskämper, Jens (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Der speichergesteuerte Calcium (Ca)-Einstrom (SOCE) ist ein Mechanismus, der durch den Füllungszustand intrazellulärer Ca-Speicher (endo-/ sarkoplasmatisches Retikulum, ER/SR) gesteuert wird. Die Entleerung der Speicher führt zur Aktivierung von Ca-permeablen Kanälen in der Plasmamembran (transient receptor potential canonical (TRPC-) und Orai-Kanäle) mit anschließendem Ca-Einstrom. Die Aktivierung dieser Kanäle erfolgt durch den Ca-Sensor STIM1, der in der ER-/SR-Membran lokalisiert ist. In elektrisch nicht-erregbaren Zellen ist der SOCE unerlässlich für die Aktivierung Ca-abhängiger Signalwege und die Wiederauffüllung der Ca-Speicher. In Kardiomyozyten werden die SOCE-Proteine zwar exprimiert, ihre Bedeutung und Beteiligung an Ca-abhängigen Signalprozessen werden aber bis heute kontrovers diskutiert. Calcium spielt als Botenstoff eine essentielle Rolle für viele zelluläre Prozesse in Kardiomyozyten, wie z.B. die Kontraktion oder die Regulation des Energiestoffwechsels. Veränderungen der intrazellulären Ca-Konzentrationen können kardiale Umbauprozesse (Remodeling) verursachen. Für die Gentranskription im Zellkern ist das Kerncalcium essentiell. Die Erhöhung des Kerncalciums spielt eine entscheidende Rolle in der prohypertrophen Genexpression und trägt damit wesentlich zum kardialen Remodeling bei Herzerkrankungen bei. Die Mechanismen der nucleären Ca-Regulation sind jedoch bis heute nicht ausreichend verstanden. Dem SOCE wird eine Beteiligung am Remodeling und der Pathogenese der Herzhypertrophie zugeschrieben. Dabei ist bislang nicht bekannt, ob der SOCE auch das Kerncalcium regulieren kann. In dieser Arbeit wurden adulte Rattenkardiomyozyten isoliert und zur funktionellen Charakterisierung des SOCE mit einem Ca-abhängigen Fluoreszenzfarbstoff (Fluo-4) beladen und mit einem Konfokalmikroskop untersucht. Das Konfokalmikroskop wurde im Linescan-Modus betrieben, so dass simultane Aufnahmen von cytoplasmatischen und nucleären Bereichen möglich waren. Zunächst wurde ein Messprotokoll für die Aktivierung und Quantifizierung des SOCE etabliert. Zu Beginn dieses Protokolls wurden elektrisch-stimulierte Calciumtransienten (CaT) aufgenommen. Anschließend wurde das SR experimentell mit Thapsigargin (0,5 µM) und Koffein (20 mM) in einer Ca-freien Messlösung entleert. Dabei waren der L-Typ-Ca-Kanal (LTCC) mit Verapamil (5 µM) sowie der Natrium-Calcium-Austauschers (NCX) mit KB-R7943 (10 µM) blockiert, so dass die Proteine, die zu einem sarkolemmalen Ca-Einstrom in die Zelle führen können, geblockt waren. Nach der Speicherentleerung wurde das extrazelluläre Ca erhöht (auf 2 mM) und eine Ca-Erhöhung in den Kardiomyozyten registriert. Diese Ca-Erhöhung wurde als SOCE definiert. Sie war sowohl im Cytoplasma als auch im Nucleus messbar und wurde durch Gadolinium (1 mM), einem Blocker von Kationenkanälen, nahezu vollständig unterdrückt. Zur Quantifizierung des SOCE wurden die elektrisch-stimulierten CaT herangezogen und die SOCE-Amplitude auf die CaT-Amplitude normiert. Es bestand eine lineare Korrelation zwischen dem nucleären und dem cytoplasmatischen SOCE, so dass die Erhöhung des cytoplasmatischen Ca durch den SOCE auch zu einer Erhöhung des Kerncalciums durch passive Diffusion des Ca durch die Kernporen führt. Der Anteil der am SOCE beteiligten Kanäle (TRPC und/ oder Orai) wurde durch den Einsatz verschiedener SOCE-Inhibitoren bestimmt. Dazu wurden die Orai-spezifischen Blocker S66 und BTP-2 und der TRPC-Blocker SKF 96365 eingesetzt. S66 (1 µM), BTP-2 (3 µM) und SKF 96365 (5 µM) blockierten den Ca-Einstrom durch SOCE im Cytoplasma um ≈ 25-40 % und im Nucleus um ≈ 30-40 %. Die Kombination aus einem Orai-Blocker (S66) mit dem TRPC-Blocker SKF 96365 führte zu einer Reduktion des SOCE im Cytoplasma und Nucleus um ≈ 60 %. Durch einen Formamid-induzierten osmotischen Schock wurde das T-tubuläre System der Ventrikelmyozyten zerstört. In den detubulierten Ventrikelmyozyten waren die SOCE-Amplituden im Cytoplasma und Nucleus unverändert. In Ventrikelmyozyten von spontan-hypertensiven Ratten (SHR), die sich in einem frühen Stadium der Herzhypertrophie befanden, wurden ähnliche SOCE-Amplituden wie in den Ventrikelmyozyten der normotensiven Kontrollratten (Wistar-Kyoto-Ratte, WKY) ermittelt. Vorhof- und Ventrikelmyozyten unterscheiden sich funktionell und strukturell voneinander, weshalb der SOCE ebenfalls in Vorhofmyozyten charakterisiert wurde. Auch in diesen Zellen konnte ein robuster SOCE sowohl im Cytoplasma als auch im Nucleus gemessen werden. Zwischen dem cytoplasmatischen und dem nucleären SOCE bestand in den Vorhofmyozyten eine direkte lineare Korrelation. Auch die atriale SOCE-Amplitude wurde durch den Einsatz der verschiedenen pharmakologischen Substanzen (S66, BTP-2, SKF 96365) blockiert. Die cytoplasmatischen SOCE-Amplituden wurden durch die genannten Blocker um ≈ 65-80 % reduziert, die nucleären SOCE-Amplituden sanken um ≈ 60-75 %. Im Vergleich zu den Ventrikelmyozyten waren die cytoplasmatischen und nucleären SOCE-Amplituden in Vorhofmyozyten etwa doppelt so groß. In Western Blot-Untersuchungen wurden erhöhte Expressionen (≈ 40-260 %) von TRPC1, 3, 6 und STIM1 im Vorhofgewebe gefunden. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Entleerung der intrazellulären Ca-Speicher mit anschließender Erhöhung des extrazellulären Ca zu einem Ca-Einstrom in atrialen und ventrikulären Kardiomyozyten führt. Dieser Ca-Einstrom ist dem SOCE zuzuordnen und ist sowohl im Cytoplasma als auch im Nucleus quantifizierbar. Der SOCE wird durch TRPC- und Orai-Kanäle getragen, die überwiegend in der Oberflächenmembran lokalisiert sind. Die Erhöhung des nucleären Ca legt eine mögliche Beteiligung des SOCE an der Ca-abhängigen Regulation der Transkription beim kardialen Remodeling nahe.
Umfang:163 Seiten
DOI:10.17192/z2023.0079