Molekularbiologische und immunhistologische Leberveränderungen beim Mausmodell eines Kachexie-induzierenden Pankreas-Karzinoms: Effekte einer Monoaminoxidase-A-Inhibition

Hintergrund: Tumorkachexie stellt eine Multisystemerkrankung dar, die über 50 % der Tumorpatienten betrifft und mit einer Verschlechterung von Prognose und Lebensqualität einhergeht. Gekennzeichnet ist die Tumorkachexie durch einen Symptomkomplex aus Gewichtsabnahme, Muskelschwund und Inflammation....

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Wächtershäuser, Elisa Marie
Beteiligte: Hildebrandt, Wulf (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Hintergrund: Tumorkachexie stellt eine Multisystemerkrankung dar, die über 50 % der Tumorpatienten betrifft und mit einer Verschlechterung von Prognose und Lebensqualität einhergeht. Gekennzeichnet ist die Tumorkachexie durch einen Symptomkomplex aus Gewichtsabnahme, Muskelschwund und Inflammation. Da die genauen Mechanismen nicht vollständig geklärt sind, frühe Kachexiemarker fehlen und keine wirkungsvolle Therapie zur Verfügung steht, wird Tumorkachexie häufig nicht früh genug diagnostiziert und effektiv behandelt. Insbesondere der früh veränderte Leberstoffwechsel mit negativer Stickstoffbilanz ist wenig verstanden. In dieser Arbeit wird die Hypothese untersucht, dass es zu einer Tumorkachexie-induzierten, möglicherweise inflammatorisch bedingten, Schädigung der perivenösen Glutaminsynthetase (GS)-exprimierenden Zelllagen der Leber kommt, was durch Einschränkung des perivenösen Ammoniak-Scavengings zu der negativen Stickstoffbilanz bei Tumorkachexie beitragen könnte. Auch das mitochondriale Enzym Monoaminoxidase-A (MAO-A) könnte durch Bildung reaktiver Sauerstoffspezies zu einer Leberschädigung beitragen und somit ein potentielles therapeutisches Target bei Tumorkachexie darstellen. Methodik: Es wurden unbehandelte Mäuse mit Pankreaskarzinom (CA n=11) des 3x transgenen LSL-KrasG12D/+; LSL-Trp53R172H/+; Pdx-1-Cre-Mausmodells des Pankreaskarzinoms (PDAC) zunächst mit Wildtyp-Kontrolltieren (WT n=13) verglichen. Zusätzlich wurde der Effekt einer MAO-A-Inhibition an 3x transgenen Mäusen mit Pankreaskarzinom (CA HH n=7) und Wildtyp-Kontrolltieren (WT HH n=11) untersucht, welchen ab dem dritten Lebensmonat über einen Zeitraum von zwei Monaten täglich 0,6 mg Harmine-Hydrochlorid (HH) intraperitoneal appliziert wurde. In diesen vier Gruppen wurde die Leber anhand von 6 µm-Kryoschnitten mittels Immunhistochemie bzgl. der Proteinexpression und zonale Verteilung von GS, MAO-A und Inflammationsmarkern (IL-1β, COX-2, CD68) sowie der Leberglykogengehalt (PAS-Reaktion) untersucht. Des Weiteren wurde mittels qRT-PCR an Leberhomogenat die relative Genexpression von GS, Faktoren des hepatischen Aminosäuretransportes (FXR, RhBG, SLC1A2, SLC1A4, SLCA1A5), Inflammations- (IL-1β, IL-6, TNF-α, COX-1, CD68, SOCS-3, MIF), Apoptose- (BAX, BCL-2, Caspase-3) und Proliferationsmarkern (PCNA) sowie MAO-A und MAO-B analysiert. Ergebnisse: In der CA-Gruppe konnte im Vergleich zu WT als wichtiger Tumorkachexieeffekt eine signifikante Reduktion der streng perivenösen GS-Proteinexpression gezeigt werden. Interessanterweise zeigte sich entgegengesetzt eine Steigerung der GS-mRNA in der CA-Gruppe, was einen posttranskriptionellen Effekt durch PDAC vermuten lässt. Die untersuchten Inflammationsmarker waren sowohl auf Protein- als auch auf mRNA-Ebene in der CA-Gruppe gegenüber WT signifikant erhöht. Entgegen der These einer Tumorkachexie-bedingten MAO-A-Hochregulation, war diese weder auf Protein- noch auf mRNA-Ebene nachweisbar, was jedoch keine Aussage über eine evtl. gesteigerte MAO-A-Enzymaktivität erlaubt. Durch MAO-A-Inhibition mit HH war die Reduktion der GS-Proteinexpression in der CA-Gruppe reversibel. Ebenso konnte die Proteinexpression der Inflammationsmarker IL-1β und CD68 in der CA-Gruppe durch HH-Behandlung gesenkt werden. Ein positiver Gewichtseffekt durch HH war jedoch nicht nachweisbar. Schlussfolgerung: Die vorliegende Arbeit bestätigt bisherige und liefert neue Befunde zur Bedeutung früher spezifischer Veränderungen des Leberstoffwechsels bei Tumorkachexie. Die signifikant verringerte GS-Proteinexpression spricht für eine Schädigung der perivenösen Zone. Durch Verringerung der Glutaminsynthese und des Ammoniak-Scavengings sind Kachexie-typische Stoffwechselveränderungen wie erniedrigte Glutamin- und erhöhte Glutamatspiegel sowie Hyperammonämie möglicherweise zu erklären. Die gesteigerte Expression von Inflammationsmarkern bei CA-Tieren stützt die These einer inflammationsbedingten Leberschädigung als Kachexie-begünstigende Veränderung. Bezüglich des antikachektischen Therapiepotentials des MAO-A-Hemmers HH ergibt sich ein zwiespältiges Bild. Zwar scheint HH der GS-Reduktion und damit der Schädigung der perivenösen Zone sowie teilweise der hepatischen Inflammationsreaktion effektiv entgegen zu wirken, jedoch war dies nicht mit einem positiven Einfluss auf das Körpergewicht verbunden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.
Umfang:219 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0291