Lehren und/oder forschen? Lernprozesse in der Promotionsphase in organisationspädagogischer Perspektive

Lehre und Forschung sind Kernaufgaben an Universitäten. In ein Verhältnis zueinander gesetzt werden sie eng verbunden mit der Idee der Universität als Einheit von Lehre und Forschung. Doch diese Idee selbst, ihre Zuschreibung zu Wilhelm von Humboldt und ihre Realisierung in Universitäten in Deutschl...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Teichmann, Franziska
Beteiligte: Weber, Susanne Maria (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Lehre und Forschung sind Kernaufgaben an Universitäten. In ein Verhältnis zueinander gesetzt werden sie eng verbunden mit der Idee der Universität als Einheit von Lehre und Forschung. Doch diese Idee selbst, ihre Zuschreibung zu Wilhelm von Humboldt und ihre Realisierung in Universitäten in Deutschland wurden bereits vielfach als Mythos entlarvt. Im Wissenschaftssystem, in der Universität, ihrem Personal und außeruniversitären Forschungseinrichtungen können horizontale und vertikale Differenzierungsprozesse entlang von Lehre und Forschung ausgemacht werden. Für die Institution Universität finden sich zudem Beschreibungen, die sie auf dem Weg der Organisationswerdung sehen, womit zahlreiche Veränderungen in Lehre und Forschung in Zusammenhang gebracht werden. Neben jener Perspektive auf Lehre und Forschung auf Ebene der Wissenschaftseinrichtungen werden in organisationspädagogischer Perspektive Lernprozesse auch bei den Lehrenden und Forschenden in den Blick genommen. Die Universität ist nicht nur ein Ort, an dem Forschung betrieben wird und Studierende lernen, sondern ebenso ein Ort, an dem Wissenschaftler*innen lernen, wie sich Forschen und Lehren zueinander in ihrer Wissenschaftsorganisation verhalten bzw. in welches Verhältnis sie gebracht werden können und vielleicht auch sollten. Jene Lernprozesse werden als Zusammenwirken zwischen organisationalen Strukturen und institutionalisierten Strukturen der Wissenschaft sowie Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsstrukturen verstanden. Wie wirken also jene Prozesse der Differenzierung oder Bekenntnisse zur Einheit von Lehre und Forschung zusammen in der Alltagspraxis der Wissenschaftler*innen? Wie vollziehen sich Differenzierungsprozesse entlang von Forschung und Lehre bei Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase, die durch Prozesse der Inkorporierung im Alltag Teil des wissenschaftlichen Feldes werden? Wie lernen jene Wissenschaftler*innen in ihrer Promotionsphase Lehrende und/oder Forschende zu sein und wie entwickeln sie ein Selbstverständnis als solche? Jenen Fragen wird in einer organisationspädagogischen und praxistheoretischen Perspektive in Anlehnung an Pierre Bourdieus Instrumentarium nachgegangen. Der empirische Zugang zu den Herstellungsweisen von Verhältnissen zwischen Lehre und Forschung erfolgt mit einem rekonstruktiven Ansatz in Anlehnung an die dokumentarische Methode. Analysiert werden Interviews mit Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase und Promotionsbetreuer*innen sowie Gruppendiskussionen. Es werden Wissenschaftler*innen befragt, die in der Qualifizierungsphase an Universitäten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen beschäftigt waren, sodass unterschiedliche organisationale Kontexte in die Analyse einbezogen und kontrastiert werden. Es werden zum einen Arbeitsbereiche an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen als institutionalisierte Kontexte der Strukturierung von Verhältnissen zwischen Forschung und Lehre rekonstruiert. Zum anderen werden Selbstverständnisse von Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase als Lehrende und/oder Forschende sowie deren Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster rekonstruiert. Als Zusammenspiel beider Strukturen werden fünf zentrale Themen herausgearbeitet, die Dimensionen des Erlernens von Lehre und Forschung als angeordnete Strukturen zeigen. Diese Dimensionen sind: Der Sprung ins kalte Wasser: Lehre und Forschung zwischen Struktur und Freiheit; Sinnsuche in Lehre und Forschung; forschungsorientierte Lehre, lehrorientierte Forschung und Lernorientierung in Lehre und Forschung; Anordnung von Lehre und Forschung als Verortung in Wissenschaftsorganisationen und der scientific community; Ermöglichende und begrenzende Strukturen von Lehre und Forschung für ‚Fremde‘ im Feld und Produktion von Fremdheit. Die Arbeit schließt in organisationspädagogischer Perspektive mit Ableitungen für die Gestaltung von Lernprozessen für Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase an Wissenschaftsorganisationen.
Umfang:331 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0063