Effekte eines Oxymizers im Vergleich zu einer konventionellen Sauerstoffbrille im Tagesverlauf bei Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen

Der Fachbegriff „interstitielle Lungenerkrankungen (ILD)“ steht als Überbegriff für eine Vielzahl heterogener Krankheitsentitäten, die mit einer restriktiven, fibrosierenden Veränderung des Lungengewebes einhergehen. Den größten Anteil bildet dabei die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF). Trotz ne...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Glas, Sebastian
Beteiligte: Kenn, Klaus (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2020
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Der Fachbegriff „interstitielle Lungenerkrankungen (ILD)“ steht als Überbegriff für eine Vielzahl heterogener Krankheitsentitäten, die mit einer restriktiven, fibrosierenden Veränderung des Lungengewebes einhergehen. Den größten Anteil bildet dabei die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF). Trotz neuer medikamentöser Therapien - z.B. mit Pirfenidon oder Nintedanib - ist die Mortalität bei Patienten mit IPF nach wie vor hoch. Eine kurative Therapie ist derzeit lediglich eine Lungentransplantation, die jedoch aufgrund der geringen Verfügbarkeit an Transplantaten und dem hohen perioperativen Risiko nur für einen geringen Anteil der Patienten eine Option darstellt. Für Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen führt vor allem die mit fortschreitender Erkrankung zunehmende Dyspnoe zu einer erheblichen Abnahme der Lebensqualität. Die ursächliche Hypoxämie kann mittels Langzeitsauerstofftherapie behandelt werden, wozu in den nationalen und internationalen Leitlinien mit „starkem Empfehlungsgrad“ geraten wird. Mobile Flüssigsauerstoffgeräte sollen die Sauerstoffversorgung der Patienten während der Zeit außer Haus sicherstellen. Dabei schränkt die geringe Kapazität der mobilen Geräte die Mobilität der Patienten ein, besonders wenn hohe Flussraten benötigt werden. Um die Sauerstoffversorgung dieser Patienten effektiver zu gestalten, wurde ein Zuleitungssystem mit Reservoir (Oxymizer) entwickelt. In dem Reservoir wird während der Exspiration Sauerstoff gespeichert, der während der Inspiration als Bolus zusätzlich zur Verfügung steht. Bisherige Studien bei Patienten mit refraktärer (Belastungs-) Hypoxie konnten zeigen, dass damit die Sauerstoffgabe optimiert werden kann. Durch diese effektivere Versorgung mit Sauerstoff bei Verwendung des Oxymizers ist eine Reduzierung der Sauerstoffflussrate möglich. Dadurch kann ein mobiles Sauerstoffgerät Patienten über längere Zeit mit Sauerstoff versorgen. Dies bedeutet für die Patienten eine größere Mobilität und damit auch eine Zunahme an Lebensqualität. Bisherige Studien untersuchten den Oxymizer jeweils nur über ein kurzes Zeitintervall in Ruhephasen oder unter körperlicher Belastung. Die vorliegende Studie befasst sich mit der Frage, ob Patienten mit ILD auch unter alltagsnahen Bedingungen vom Oxymizer profitieren. Im Rahmen einer prospektiven, randomisierten Pilotstudie wurden 18 Patienten untersucht, die sich zum Zeitpunkt der Studiendurchführung für eine stationäre pneumologische Rehabilitationsmaßnahme in der Schön Klinik Berchtesgadener Land aufhielten. Bei diesen Patienten war eine interstitielle Lungenerkrankung diagnostiziert und die Indikation zur Langzeitsauerstoffgabe (Flussrate ≥2 l/min) gegeben. Die Studienpatienten trugen an drei aufeinanderfolgenden Tagen in randomisierter Reihenfolge eine konventionelle Sauerstoffbrille, den Oxymizer mit verordneter Flussrate und den Oxymizer mit reduzierter Sauerstoffflussrate. Zusätzlich zum üblichen Rehabilitationsprogramm absolvierten die Patienten eine Alltagsbelastung in Form eines 10-minütigen supervidierten Spaziergangs. An jedem Versuchstag zeichnete ein Pulsoxymeter kontinuierlich die Sauerstoffsättigung auf. Die Patienten trugen zur Kontrolle der körperlichen Aktivität ein SenseWear Armband. Nach einer Woche wurde der Versuchsdurchlauf wiederholt. Die gemittelten Werte aus den Tagen mit konventioneller Sauerstoffbrille wurden mit den Werten der Tage mit Oxymizer verglichen. Dabei zeigte sich im Vergleich zur konventioneller Sauerstoffbrille an den Tagen, an denen der Oxymizer mit normaler Flussrate eingesetzt wurde, eine signifikant höhere minimale Sauerstoffsättigung (Median OXY 69,10 %; KSB 62,15 % p=0,01), ein signifikant geringerer Zeitanteil mit unzureichender Sättigung (Median OXY 14,51 %; KSB 16,34 %; p=0,02) sowie eine bessere Sättigung während des 10-minütigen Spaziergangs (Median OXY 86,65 %; KSB 84,93 %; p=0,01) im Vergleich zu den Tagen, an denen die Patienten eine konventionelle Sauerstoffbrille trugen. Die durchschnittliche Sauerstoffsättigung (Median OXY 92,97 %; KSB 92,78 %; p=0,04) im Tagesverlauf war mit Oxymizer nur minimal höher. Die Sauerstoffsättigung an den Tagen mit Oxymizer und reduzierter Sauerstoffflussrate war etwa gleich hoch wie mit konventioneller Sauerstoffbrille und verordneter nicht-reduzierter Flussrate. Tendenziell waren hier trotz der reduzierten Flussrate mit Oxymizer die Sauerstoffwerte minimal höher. Wie aus den Untersuchungsergebnissen hervorgeht, war die Sauerstoffsättigung der ILD-Patienten bei Einsatz des Oxymizers im Tagesdurchschnitt nur geringfügig - statistisch signifikant, aber klinisch kaum relevant - höher als bei Verwendung der konventionellen Sauerstoffbrille. Doch konnte der Oxymizer in den Phasen mit körperlicher Belastung zu einer signifikanten Verbesserung der Sauerstoffversorgung führen. Die Zeiten mit kritischer Entsättigung – und damit auch möglicherweise das Risiko potenzieller hypoxischer Schäden – waren unter Oxymizer-Verwendung reduziert. Zudem zeigen die Ergebnisse aus den Messungen unter alltagsnahen Bedingungen, dass mit Hilfe des Oxymizers eine Reduktion der Sauerstoffflussrate möglich wird. Dadurch wird der Zeitraum, in dem ein mobiles Gerät Patienten mit Sauerstoff versorgen kann verlängert und eine größere Mobilität ermöglicht. Dies bedeutet für die Patienten, dass der Oxymizer – trotz dessen vergleichsweise schlechter bewerteten Tragekomforts – zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen kann.
Umfang:98 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0194