Identifizierung, Charakterisierung und Untersuchungen der Struktur-Wirkungs-Beziehung sowie des Mode of Action eines neuen antimikrobiellen Peptids aus Hirudo verbana

Die rasante Entwicklung antimikrobieller Resistenzen stellt eine der größten Herausforderungen für das globale Gesundheitssystem dar. Bereits heute existieren gegenüber vielen Wirkstoffen unterschiedlicher Antibiotikaklassen bereits ausgeprägte Resistenzen vieler bakterieller Spezies. Die Entwicklun...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Müller, Daniela
Beteiligte: Klebe, Gerhard (Prof. Dr. rer. nat.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2019
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die rasante Entwicklung antimikrobieller Resistenzen stellt eine der größten Herausforderungen für das globale Gesundheitssystem dar. Bereits heute existieren gegenüber vielen Wirkstoffen unterschiedlicher Antibiotikaklassen bereits ausgeprägte Resistenzen vieler bakterieller Spezies. Die Entwicklung neuer antibakterieller Wirkstoffe liefert aufgrund vernachlässigter Antibiotikaforschung bisher keine neuen innovativen Leitstrukturen. Eine alternative Substanzklasse stellen antimikrobielle Peptide dar, insbesondere diese mit intrazellulären Targets und spezifischer Wirkung. Eine Molekülgruppe innerhalb dieser Klasse wird durch prolinreiche antimikrobielle Peptide, so genannte PrAMPs, repräsentiert. Diese Gruppe rückt aufgrund ihrer spezifischen intrazellulären Wirkungen, wie der Hemmung der Proteinbiosynthese in den Fokus der Forschung. Innerhalb dieser Arbeit konnte ein neues prolinreiches antimikrobielles Peptid im Speichel des medizinischen Blutegels identifiziert und charakterisiert werden. Zunächst wurde die durch De-novo- Sequenzierung ermittelte Sequenz über chemische Festphasensynthese synthetisiert und deren antimikrobielle Aktivität verifiziert. Hier konnten signifikante Hemmungen gegenüber Referenzkeimen beider Gramgruppen gezeigt werden, sowie bis zu 50 % Wachstumsreduktion gegenüber multi-resistenten Klebsiella-Stämmen mit Carbapenem- und ESBL-Resistenzgenen. Ebenso wurden Untersuchungen zur proteolytischen Aktivität der Leitstruktur durchgeführt. Insbesondere konnte eine hohe Stabilität in Humanserum und künstlichem Magensaft gezeigt werden. Erste In-vivo-Daten für HP01 wurden in einem Infektionsmodell mit Galleria mellonella generiert. Bei einer Wirkstoffmenge von 10,3 nM konnte sieben Tagen post infectum eine mittlere Überlebensrate von 80 % gezeigt werden, bei der unbehandelten Kontrollgruppe trat hingegen eine Letalität von 100 % auf. In einem weiterem Arbeitspaket wurde eine Vielzahl an Derivaten erzeugt, um die antimikrobielle Aktivität der Leitstruktur zu optimieren. Die Auswahl der modifizierten Sequenzen erfolgte durch rationale Designansätze anhand bereits publizierter Daten bekannter PrAMPs und festgelegter Designregeln. Hauptaugenmerk lag dabei auf physikochemischen Parametern wie Nettoladung und Amphiphilie. Nach Abschluss der Untersuchungen zu Struktur-Wirkungs-Beziehungen der Derivate konnten sowohl das Dosis-Wirkungsprofil als auch die für eine Weiterentwicklung wichtigen Parameter IC50 und die minimale Hemmkonzentration MIC signifikant verbessert werden. Nach Abschluss der Modifikationen konnte eine MIC von 3,82 nM nachgewiesen werden. Desweiteren wurden Untersuchungen zum zytotoxischen Potential der Peptide durchgeführt. Im Zellkulturmodell mit HeLa-Zellen zeigte die Leitstruktur erst ab einer 14-fachen Wirkkonzentration des IC50-Wertes erste zellschädigende Effekte. Für die optimierten Derivate konnte eine Steigerung der Verträglichkeit erreicht werden. Erste zytotoxische Effekte traten erst ab dem 50-fachen der Wirkkonzentration auf. Zuletzt erfolgten Untersuchungen zum Wirkmechanismus und der Targetidentifizierung der Peptide. Es wurde die zelluläre Aufnahme mittels konfokaler Laserscanning-Mikroskopie untersucht. Zur Untersuchung der Wechselwirkung und Bindung der Leitstruktur und aller Derivate mit dem 70S-Ribosom aus gramnegativen Bakterien wurde die Methode der Oberflächenplasmonresonanz eingesetzt. Nach kovalenter Immobilisierung der Ribosomen auf der Sensorchipoberfläche konnten spezifische Bindungskonstanten im einstelligen nM-Bereich nachgewiesen werden. Somit konnte das 70S Ribosom gramnegativer Organismen als mögliches intrazelluläres Target für die identifizierte prolinreiche Leitstruktur aus der Saliva des medizinischen Blutegels identifiziert werden.
Umfang:228 Seiten
DOI:10.17192/z2019.0250