Inzidenz, Outcome und Relevanz von Harnwegsinfekten und Harnleiterstenosen bei nierentransplantierten Patienten

Harnwegsinfekte (HWIs) stellen ein relevantes klinisches Problem bei Patienten nach Nieren- (NTx) und kombinierter Nieren-Pankreas-Transplantation (NPTx) dar, da sie Transplantatfunktion und -überleben signifikant beeinflussen können. Während HWIs per se eine Abstoßung triggern können, begünstigen U...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Blattmann, Ann Kristin
Beteiligte: Haas, Christian (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2024
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Harnwegsinfekte (HWIs) stellen ein relevantes klinisches Problem bei Patienten nach Nieren- (NTx) und kombinierter Nieren-Pankreas-Transplantation (NPTx) dar, da sie Transplantatfunktion und -überleben signifikant beeinflussen können. Während HWIs per se eine Abstoßung triggern können, begünstigen Ureterstenosen die Entwicklung von HWIs und vice versa; ebenso lässt die Immunsuppression post transplantationem betroffene Patienten für Infektionen empfänglicher werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Inzidenz von Harnwegsinfektionen sowie von Harnleiterstenosen und deren Rolle auf die Nierenfunktion zu untersuchen. Dazu wurden retrospektiv verfügbare Daten aller erwachsenen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz analysiert, welche von Januar 2012 bis Juli 2020 im Transplantationszentrum Marburg eine Nieren- oder kombinierte Nieren- Pankreas-Transplantation erhalten hatten und mindestens 3 Monate nachbeobachtet worden waren. Erhoben wurden Inzidenz und Prävalenz von Harnwegsinfekten, Harnleiterstenosen und Rejektionen sowie epidemiologische Daten, kalte und warme Ischämiezeiten, immunologische Parameter und Komorbiditäten. Die statistische Analyse erfolgte mit SPSS unter Anwendung des Chi-Quadrat-Tests oder dem exakten Test nach Fisher, binär logistischer Regression und der Bonferoni-Methode; p-Werte <.05 wurden als signifikant angesehen. Insgesamt wurden 152 Patienten im Alter von 19-75 Jahren eingeschlossen (mittleres Alter 51,8 Jahre; 59,2% männlich; 132 NTx; 20 NPTx). HWIs traten am häufigsten innerhalb der ersten 3 Monate nach Transplantation (4,1 ± 2,3 Ereignisse; range 0-10) auf. Fast 50% der Patienten erfuhren mehr als 10 HWIs innerhalb von 24 Monaten post transplantationem, häufig mit multiplen Keimen. Häufigste Erreger waren Enterokokken oder Staphylokokken (74,3%), gefolgt von undifferenzierten gram-negativen Keimen (63,2%) and E. coli (69,1%). In fast der Hälfte aller Patienten (48,7%) konnte Enterococcus faecium nachgewiesen werden. Zu einem Transplantatverlust kam es bei 15 Patienten (9,9%) innerhalb des Bobachtungszeitraumes, wohingegen 129 Patienten eine weiterhin funktionierende Niere nach bis zu 8 Jahren Nachbeobachtung hatten. Patienten mit Transplantatverlust hatten signifikant häufiger Harnwegsinfekte innerhalb der ersten 2 Jahre nach Transplantation als Patienten ohne Organverlust (p=0,009). Obgleich die Inzidenz von HWIs in beiden Gruppen initial vergleichbar war, nahm die Zahl der Infekte bei den Patienten ohne Transplantatverlust im Verlauf deutlich ab. Infektionen mit Staph. hämolyticus und Candida spp. waren mit einem erhöhten Risiko für ein Transplantatversagen verbunden. Eine Harnleiterstenose entwickelte sich bei 27 Patienten (18%) und war mit einer erhöhten Anzahl von HWIs (p<0,05), insbesondere bei einem Infekt mit Staph. epidermidis sowie E. faecalis, assoziiert. Histologisch gesicherte Rejektionen kamen bei 62 Patienten vor (40,8%) und zeigten einen potentiellen Zusammenhang mit der renalen Grunderkrankung; darüber hinaus konnte eine vermehrte Anzahl von Abstoßungen ab einer kalten Ischämiezeit von 16 Stunden (p=0,028) beobachtet werden, während die warme Ischämiezeit offenbar keinen Einfluss hatte. Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass: (1) HWIs innerhalb der ersten 3 Monate nach Nierentransplantation häufig sind; (2) die Anzahl an HWIs sowie spezifische Keime mit einem erhöhten Risiko für einen Transplantatverlust assoziiert sind; (3) die Entwicklung von Ureterstenosen möglicherweise mit durch vorangegangene HWIs bedingt ist; und (4) das Risko für Rejektionen v.a. mit einer verlängerten kalten Ischämiezeit zusammenhängt. Eine zielgerichtete antibiotische Therapie sowie die Minimierung der Kalten Ischämiezeit sind elementare Ansatzpunkte, um das renale Outcome nach NTX und NPTx zu verbessern
DOI:10.17192/z2024.0172