Inzidenz und Komplikationen von Vorhofkathetern an der Dialyse - Daten aus einem universitären Patientenkollektiv

Vorhofkatheter stellen eine gängige Möglichkeit zur Durchführung einer Hämodialyse dar, gelten jedoch als unterlegener vaskulärer Zugang. Es bleibt umstritten, inwieweit Vorhofkatheter einen relevanten Einfluss auf Patientenmorbidität und -mortalität nehmen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Morb...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Möller, Bianca
Beteiligte: Haas, Christian S. (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2024
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Vorhofkatheter stellen eine gängige Möglichkeit zur Durchführung einer Hämodialyse dar, gelten jedoch als unterlegener vaskulärer Zugang. Es bleibt umstritten, inwieweit Vorhofkatheter einen relevanten Einfluss auf Patientenmorbidität und -mortalität nehmen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Morbidität und Mortalität an einem universitären Dialysepatientenkollektiv zu untersuchen. In einer retrospektiven Datenanalyse wurde die Inzidenz von Vorhofkatheter-assoziierten Komplikationen und deren Zusammenhang unter anderem mit Komorbiditäten, Alter und Katheterart analysiert. Insbesondere wurde die Nutzungsdauer der Vorhofkatheter sowie die prognostizierte und tatsächliche 6-Monats-Mortalität untersucht. Insgesamt wurden in 78 Monaten 33.393 Dialysebehandlungen durchgeführt, davon 13.543 über 478 Vorhofkatheter in 351 Patienten. Der Anteil an Dialysen über Vorhofkatheter lag im vorliegenden Kollektiv damit deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt und spiegelt somit das besondere Patientenklientel wider. Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Katheterimplantation durchschnittlich 66,5 Jahre alt und zu zwei Dritteln männlich und damit repräsentativ für Hämodialysepatienten in Deutschland. Wie zu erwarten, waren als häufigste Grunderkrankungen neben Glomerulonephritiden eine diabetische und/oder hypertensive Nephropathie zu finden. Dazu passend stellten Hypertonus (82,1%) und Diabetes mellitus (43,9%) die häufigsten Komorbiditäten dar. Nahezu ein Drittel der Patienten besaßen zusätzliches Fremdmaterial im kardiovaskulären System wie beispielsweise künstliche Herzklappen. Als häufigster Grund für die Implantation der Vorhofkatheter zeigte sich die Dialyseeinleitung (56,7%), gefolgt von einer Neuanlage nach Komplikation des vorherigen Katheters (22,8%). Mehr als drei Viertel der Katheter waren doppellumig. Die Nutzungsdauer aller Vorhofkatheter war mit durchschnittlich 309 Tagen erstaunlich lang, korrelierte jedoch nicht mit dem Alter der Patienten. Als häufigster Grund für das Ende der Katheternutzung stellte sich das Versterben der Patienten heraus (29,2%), gefolgt von einer Katheterinfektion (17,9%). Umgerechnet auf die Tragedauer zeigte sich eine Komplikationsrate von 0,6 Infektionen/1.000 Kathetertagen und 0,1 Todesfälle/1.000 Kathetertagen. Im Vergleich mit internationalen Daten war die beobachtete Infektionsrate niedrig, es bleibt jedoch festzuhalten, dass alle Katheter-assoziierten Todesfälle auf Infektionen zurückzuführen waren. Als häufigster Infektionserreger wurde Staphylococcus aureus nachgewiesen (40,6%), welcher bekanntermaßen eine Präferenz für Fremdkörperinfektionen zeigt, einer besonders langen antibiotischen Therapie bedarf und in diesem Zusammenhang prognostisch eher ungünstig ist. Interessanterweise hatten Diabetiker und Patienten mit malignen Grunderkrankungen signifikant häufiger Katheterkomplikationen, und bei Patienten mit pAVK kam es häufiger zu Infektionen. Die Anzahl an Komorbiditäten korrelierte mit dem Auftreten von Infektionen, Endokarditis oder komplikationsassoziierter Mortalität. Einlumige Vorhofkatheter waren durchschnittlich länger in Benutzung, aber zeigten die gleichen Infektionsraten wie doppellumige. Auffällig war, dass die tatsächliche 6-Monats-Mortalität der Patienten deutlich hinter der prognostizierten zurückblieb. Dies lässt vermuten, dass Vorhofkatheter per se im Vergleich zu arteriovenösen Fisteln in keinem schlechteren Outcome resultieren. Tritt jedoch eine Katheter-assoziierte Infektion auf, ist diese in vielen Fällen schwerwiegend und führt in einem von fünf Fällen zum Tod. Insbesondere für ältere Patienten und bei Dialyseeinleitung sind Vorhofkatheter eine praktikable und valide Option; obgleich native AV-Shunts die erste Wahl als Gefäßzugang für die Hämodialyse darstellen, sollte die Entscheidung zum vaskulären Zugang stets individuell unter Berücksichtigung der Komorbiditäten und der Lebenserwartung der Patienten erfolgen.
DOI:10.17192/z2024.0132