Klinische und hämodynamische Effekte einer Transkatheter Mitralklappenrekonstruktion mit dem PASCAL©-System bei Patient:innen mit hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz in Abhängigkeit von der Ätiologie der Insuffizienz

Einleitung und Ziel der Arbeit Die chronische Mitralregurgitation (MR) ist der zweithäufigste Klappenfehler in Europa und in den westlichen Ländern. Nach der Ätiologie wird die MR in zwei verschiedene Kategorien unterteilt: primäre bzw. degenerative Mitralregurgitation (DMR) und sekundäre bzw. funk...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Shalla, Alaa
Beteiligte: Barth, Sebastian (Priv.- Doz. Dr. med) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
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Beschreibung
Zusammenfassung:Einleitung und Ziel der Arbeit Die chronische Mitralregurgitation (MR) ist der zweithäufigste Klappenfehler in Europa und in den westlichen Ländern. Nach der Ätiologie wird die MR in zwei verschiedene Kategorien unterteilt: primäre bzw. degenerative Mitralregurgitation (DMR) und sekundäre bzw. funktionelle Mitralregurgitation (FMR). Beide Formen (FMR und DMR) können im chronischen Verlauf ineinander übergehen, sodass eine sogenannte Mischform der MR entstehen kann. Die relevante chronische MR erzeugt eine progrediente Druckerhöhung im Lungenkreislauf, welche zu einer sekundären pulmonalen Hypertonie mit funktioneller Insuffizienz der Trikuspidalklappe und damit einer zusätzliche Druck- und Volumenbelastung des rechten Herzens führen kann. Des Weiteren kann die MR-Mortalität beim Auftreten von Symptomen, strukturellen Veränderungen und anderen Risikofaktoren bis zu 10%/Jahr betragen. Zudem steigen sowohl die Mortalität als auch die Hospitalisierungsrate aufgrund der MR deutlich mit zunehmendem Alter. Eine konventionelle Operation, der Goldstandard zur Therapie von hochgradiger MR, wird bei älteren, multimorbiden Patient:innen aufgrund ihres erhöhten peri- und postinterventionellen Risikos von herzchirurgischer Seite in ca. 50 % der Fälle abgelehnt. In den letzten zwei Jahrzenten hat sich die interventionelle Behandlung der Mitralklappe bei diesem Patientenkollektiv zu einer wertvollen Therapieoption etabliert. Aufgrund der Komplexität und dynamischen dreidimensionalen Anatomie der Mitralklappe sowie der verschiedenen Mechanismen der Mitralregurgitation gab es seitdem weitere technische Entwicklungen in diesem Bereich. Es stehen aktuell insgesamt 5 CE-zertifizierte Katheterinterventionen bzw. hybride Techniken mit entsprechenden 43 Systemen zur Behandlung der Mitralregurgitation am schlagenden Herzen ohne Einsatz der Herz- Lungen-Maschine zur Verfügung. Darunter ist TEER „transkatheter edge to edge repair“ das Verfahren mit der längsten Erfahrung. Bei dieser Therapie werden die freien Ränder des vorderen und des hinteren Mitralklappensegels aneinandergeheftet und damit die Koaptation wiederhergestellt. Das MitraClip-Device (Abbott Vascular Evalve inc. Menlo Park, CA, USA) ist dabei das am häufigsten eingesetzte System. Mit dem PASCAL-Device (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA) steht seit 2019 neben dem MitraClip-System ein zweites CE-zertifiziertes System zur Verfügung. Beide Systeme werden durch einen venösen transfemoralen Zugangsweg nach transseptaler Punktion implantiert. Beide Systeme der neuen Generation (PASCAL Ace und MitraClip-G4) ermöglichen ein separates Greifen des anterioren und posterioren Segels, um bei schwierigen anatomischen Voraussetzungen den Griff von ausreichenden Segelanteilen zu gewährleisten. Die Empfehlung für das TEER Verfahren bei symptomatischer schwerer FMR mit geeigneter Anatomie wurde in den aktuellsten Leitlinien bzw. ACC/AHA Leitlinien 2020 und ESC/EACTS Leitlinien 2021 auf IIa hochgestuft. Ausschlaggebend dafür waren die beiden im Jahr 2018 publizierten prospektiven randomisierten MitraClip-Studien MITRA-FR und COAPT. Auch für die Behandlung der hochsymptomatischen DMR bei inoperablen Patienten hat das TEER Verfahren eine IIa bzw. IIb Indikation in den aktuellsten ACC/AHA bzw. ESC/EACTS Leitlinien erhalten. Mit ihren speziellen Designs bieten beide PASCAL-Implantatsysteme (PASCAL und PASCAL Ace) die Möglichkeit, auch anspruchsvolle und komplexe Morphologien jenseits der EVEREST Kriterien im klinischen Alltag zu behandeln. Erste viel versprechende Ergebnisse wurden in der prospektiven CLASP-Studie bei Patient:innen mit funktioneller oder degenerativer MR (FMR/DMR) publiziert. Unklar ist jedoch bisher, ob das funktionelle und hämodynamische Ergebnis sowohl bei funktioneller als auch degenerativer Ätiologie im klinischen Versorgungsalltag gleichermaßen erreicht werden kann. Daher war das Ziel unserer Studie, die funktionelle und hämodynamische Ergebnisse nach der interventionellen Behandlung (TEER) der funktionellen Miralregurgitation (FMR) und degenerativen Mitralregurgitation (DMR) mit dem PASCAL® System im klinischen Alltag zu untersuchen. Methoden und Ergebnisse Insgesamt waren 92 konsekutiven Patient:innen mit symptomatischer MR III+/IV+ in unserer Einrichtung kathetergestützt mit dem PASCAL-System behandelt. Primäre Endpunkte waren Prozedur-Erfolg, klinischer Erfolg und die Rate der major Komplikationen jeweils nach 30 Tagen und nach 7 Monaten. 68,5% der Patient:innen hatten eine funktionelle und 31,5% eine degenerative Ätiologie. Erfolgreich behandelt wurden 97,8% der Patient:innen (98,4% FMR, 94,4% DMR). In der Nachsorge hatten 85,7% der Patient:innen (89,2%FMR, 78,3% DMR) MR Grad ≤I, 96,4% (97,4 FMR, 94,4 DMR) waren in NYHA Klasse I oder II. Verbesserung der Gehstrecke im 6-Minuten Gehtest um 96m (92m FMR und 106 m DMR), der Kansas City Cardiomyopathy Questinnaire (KCCQ) besserte sich um 19 Punkten (19 Punkte FMR, 19 Punkte DMR), der NT-Pro-BNP Spiegel sank von 4673 auf 2179 pg/dl (5239-2018 pg/dl FMR und 3418 -2530 pg/dl DMR), der mittlere pulmonalkapilläre Druck (PCWP) reduzierte sich von 21 mmHg auf 16 mmHg (21-17 mmHg FMR, 19-13 mmHg DMR). Nach 30 Tagen gab es einen kardiovaskulären Tod (1,2%) in der DMR Gruppe. Das Kaplan-Meier Überleben nach einem Jahr lag bei 86% (86% FMR, 86% DMR). Diskussion und Schlussfolgerung Unsere Analyse umfasste Patient:innen mit komplexen Pathologien der Mitralklappe, die weit über die EVEREST-Kriterien hinausgingen und somit die Vielfalt im Versorgungsalltag widerspiegelten. Auffallend war die Abnahme der Zahl von Patient:innen mit MR > II im Zeitverlauf in der FMR Gruppe. Im Gegensatz dazu entwickelten in der DMR-Gruppe nach 7 Monaten fast doppelt so viele Patient:innen im Vergleich zur FMR-Gruppe eine MR > II. Als Folge der reduzierten Volumenüberlastung des linken Ventrikels nach PASCAL®-Implantation kam es bei beiden Gruppen (FMR und DMR) zu einer signifikanten Abnahme des enddiastolischen LV- Diameters. Darüber hinaus konnte erstmals gezeigt werden, dass die MR-Reduktion mit dem PASCAL-System sowohl in der FMR- als auch in der DMR-Gruppe zu einer anhaltenden, signifikanten Abnahme des mittleren PCWP- und PAP-Druckes bei den Nachsorge-Untersuchungen führt. Es konnte auch in unserer Kohorte unabhängig von der MR-Ätiologie eine signifikante Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und Lebensqualität gezeigt werden. Die Limitationen unserer kleinerer nicht randomisierter und nicht verblindeten retrospektiven Single- Center-Studie sind bei der Interpretation der Daten zu berücksichtigen.
DOI:10.17192/z2023.0573