Work, Nonwork, and Sleep: The Role of Individual Factors and the Social Work Environment

Das Thema Schlaf von Erwerbstätigen erfährt im Vergleich zu den Themen Bewegung und Ernährung oft noch zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei sind Schlafprobleme unter Erwerbstätigen weit verbreitet und haben in den letzten Jahren sogar zugenommen (Kronholm et al., 2016). Diese Information ist besorgniserre...

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Main Author: Matick, Eva
Contributors: Otto, Kathleen (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2023
Subjects:
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Description
Summary:Das Thema Schlaf von Erwerbstätigen erfährt im Vergleich zu den Themen Bewegung und Ernährung oft noch zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei sind Schlafprobleme unter Erwerbstätigen weit verbreitet und haben in den letzten Jahren sogar zugenommen (Kronholm et al., 2016). Diese Information ist besorgniserregend, da ein erholsamer Schlaf entscheidende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und die Arbeitssicherheit von Erwerbstätigen hat (Brossoit et al., 2019; Litwiller et al., 2017). Ein gesunder Schlaf ist demnach nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Organisationen von großem Interesse. Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Dissertation ist, Antezedenzien der Schlafqualität von Erwerbstätigen und erklärende Mechanismen zu analysieren, um die Schlafqualität zu fördern. Bisher noch nicht ausreichend verstanden ist, warum berufliche Anforderungen wie Zeitdruck oder eine hohe Arbeitsbelastung wichtige Antezedenzien einer verminderten Schlafqualität als langfristige Folge sind (z.B., Van Laethem et al., 2018) und warum sie nicht unbedingt mit beeinträchtigtem Schlaf in derselben Nacht zusammenhängen (z.B. Eggli et al., 2022). In der vorliegenden Dissertation wird daher basierend auf dem Stressor-Detachement Model (SDM; Sonnentag & Fritz, 2015) untersucht, ob Detachement das mentale Abschalten von der Arbeit den (möglichen) Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und der Schlafqualität auf kurze und lange Sicht vermittelt (Forschungsfrage 1). Darüber hinaus ist bisher wenig über die Rolle individueller Faktoren von Erwerbstätigen und des sozialen Arbeitsumfelds in der Beziehung zwischen Arbeit, Nicht-Arbeit und Schlaf bekannt (Crain et al., 2018). Dieses Wissen ist jedoch nicht nur für ein besseres theoretisches Verständnis wichtig, sondern ermöglicht auch die Ableitung passgenauer Interventionen zur Verbesserung der Schlafqualität von Erwerbstätigen. Daher wird in dieser Dissertation in Anlehnung an das Rahmenmodell Arbeit, Nicht-Arbeit und Schlaf von Crain et al. (2018) untersucht, welche individuellen Faktoren von Erwerbstätigen für ihre Schlafqualität relevant sind (Forschungsfrage 2) und welche Rolle das soziale Arbeitsumfeld für ihre Schlafqualität spielt (Forschungsfrage 3). Diese drei Forschungsfragen werden durch vier Manuskripte, welche die Grundlage dieser Dissertation bilden, adressiert. In Manuskript 1 untersuchten wir, ob Erwerbstätige die soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen wahrnehmen, während der Nicht-Arbeit eher mental von der Arbeit abschalten und somit in Zeiten hoher Arbeitsanforderungen langfristig besser schlafen. Unter Berücksichtigung von individuellen Faktoren wie der Art der Beschäftigung (Voll- und Teilzeit) und dem Führungskraftstatus (mit oder ohne), die die Zusammenhänge zwischen Arbeit, Nicht-Arbeit und Schlaf beeinflussen könnten, haben wir diese Beziehungen auch innerhalb von Subgruppen von Erwerbstätigen untersucht. Insgesamt nahmen N = 1856 Erwerbstätige an einer Zwei-Wellen-Panel-Studie teil, welche repräsentative Daten für die deutsche Erwachsenenbevölkerung lieferte. Die Ergebnisse zeigten, dass Arbeitsanforderungen Veränderungen der Schlafqualität über einen Zeitraum von sechs Monaten vorhersagten und dass Detachment diesen Effekt vollständig vermittelte. Darüber hinaus pufferte die wahrgenommene soziale Unterstützung den indirekten Effekt der Arbeitsanforderungen auf die Schlafqualität über das Detachment ab. Die Subgruppenanalysen wiesen darauf hin, dass diese Effekte besonders für Vollzeitbeschäftigte und Führungskräfte relevant sind. In Manuskript 2 wurde Detachment als Mediator des Zusammenhangs zwischen Arbeitsanforderungen und der Schlafqualität als kurzfristige Folge untersucht. Zudem wurde untersucht, ob Unterschiede in der Generierung von täglichen Arbeitsanforderungen und im Detachment erklären, warum Socially Prescriebed Perfectionism (SPP; der Eindruck, dass andere Perfektion von einem selbst erwarten und Angst kritisiert zu werden; Hewitt & Flett, 1991) im Vergleich zu Self-Oriented Perfectionism (SOP; äußerst hohe Ansprüche, die Personen an sich selbst haben; Hewitt & Flett, 1991) mit einer schlechteren Schlafqualität einhergeht (z.B., Stricker et al., 2022). Insgesamt nahmen N = 70 Personen an einer Tagebuchstudie teil, die sich über einen Zeitraum von fünf aufeinanderfolgenden Tagen erstreckte (Tagesniveau N = 233). Die Ergebnisse unterstrichen, dass Detachment den Zusammenhang zwischen täglichen Arbeitsanforderungen und der Schlafqualität in der darauffolgenden Nacht vollständig vermittelt. Zudem wiesen die Ergebnisse darauf hin, dass erhöhte Arbeitsanforderungen und ein damit einhergehender Mangel an Detachment erklären, warum SPP mit einer verringerten Schlafqualität einhergeht. Die angenommene entgegengesetzte serielle Mediation für SOP wurde nicht bestätigt, aber es zeigte sich, dass diese Perfektionisten besser schlafen. In Manuskript 3 untersuchten wir, ob eine kurze und niedrig dosierte App-basierte Achtsamkeitsintervention im Arbeitsalltag einen Ansatz darstellen könnte, um gleichzeitig Perfectionistic Concerns Cognitions (PCC; Gedanken über Versagen, Fehler und eventuelle negative Konsequenzen; Molnar et al., 2020) und damit verbundene Prokrastination (Prestele et al., 2020) zu reduzieren sowie Detachment und die Schlafqualität zu verbessern. Die Intervention bestehend aus 10 Einheiten á 9–15 Minuten wurde durch ein randomisiertes kontrolliertes Design mit Prä-, Post- und Follow-Up-Messungen im Abstand von jeweils zwei Wochen evaluiert. In der Interventionsgruppe (n = 94) wurde im Vergleich zur Wartekontrollgruppe (n = 87) ein nachhaltiger Anstieg von Achtsamkeit und eine nachhaltige Reduktion von PCC beobachtet. Es zeigte sich auch eine kontinuierliche nachhaltige Reduktion von Prokrastination sowie eine kurzfristige Verbesserung der Schlafqualität. Für Detachment wurde jedoch kein Interventionseffekt festgestellt. In Manuskript 4 wurde untersucht, welche Rolle Beanspruchungssymptome der Führungskraft für die Schlafqualität ihrer Mitarbeiter spielen. Konkret wurde überprüft, ob die Rumination der Führungskraft während der Nicht-Arbeit mit der Schlafqualität ihrer Mitarbeiter assoziiert ist und ob dieser Zusammenhang durch einen seriellen Prozess, der Gesundheit der Führungskraft, ressourcenorientierter Führung und der Rumination der Teammitglieder erklärt werden kann. Insgesamt nahmen N = 94 Führungskräfte und N = 332 ihrer Mitarbeiter an einer Drei-Wellen-Studie mit Zeitabständen von 14 und 8 Monaten teil. Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass ein serieller Prozess durch die Gesundheit der Führungskraft, ressourcenorientierter Führung und die Rumination der Teammitglieder zwischen dem Grübeln der Führungskraft und der Schlafqualität ihrer Mitarbeiter angenommen werden kann. Zusammenfassend geben die in dieser Dissertation vorgestellten Manuskripte einen Einblick in die Beziehung zwischen den drei Lebensbereichen Arbeit, Nicht-Arbeit und Schlaf und zeigen die Rolle individueller Faktoren und des sozialen Arbeitsumfelds für die Schlafqualität von Erwerbstätigen auf. In Übereinstimmung mit dem SDM liefern unsere Ergebnisse erste Hinweise darauf, dass Detachment den Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und der Schlafqualität auf kurze und lange Sicht vermittelt. Unsere Ergebnisse weisen auch darauf hin, dass die Zusammenhänge zwischen Arbeit, Nicht-Arbeit und Schlaf insbesondere für Vollzeitbeschäftigte, Führungskräfte und Socially Prescribed Perfektionisten relevant sind. Im Gegenzug stellt Achtsamkeit eine wichtige Ressource dar, die PCC verringern kann und die Schlafqualität verbessern kann. Die Reduktion von Beanspruchungssymptomen der Führungskraft und ein ressourcenorientiertes Führungsverhalten sowie die wahrgenommene soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bieten weitere Ansatzpunkte, um akute Beanspruchungssymptome zu reduzieren und somit die Schlafqualität fördern. Dieses Wissen kann zur Erweiterung und Optimierung von Interventionen verwendet werden, welche die Schlafqualität von Erwerbstätigen verbessern.
DOI:10.17192/z2023.0497