Die Bedeutung der Kjaer-Merkmale bei der Risikoeinschätzung externer Wurzelresorptionen vor einer kieferorthopädischen Therapie - eine retrospektive Analyse

Problemstellung: Externe Wurzelresorptionen können im Verlauf einer kieferorthopädischen Therapie an einzelnen oder mehreren Zähnen auftreten. Das Wurzelresorptionsrisiko ist individuell sehr verschieden und eine approximative Risikoeinschätzung vor Behandlungsbeginn erfolgt unter anderem durch rönt...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bruns, Pia Marie
Beteiligte: Korbmacher-Steiner, Heike (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Problemstellung: Externe Wurzelresorptionen können im Verlauf einer kieferorthopädischen Therapie an einzelnen oder mehreren Zähnen auftreten. Das Wurzelresorptionsrisiko ist individuell sehr verschieden und eine approximative Risikoeinschätzung vor Behandlungsbeginn erfolgt unter anderem durch röntgenologisch darstellbare dentale, resorptionsspezifische Merkmale. Ziel der Arbeit: Ziel dieser retrospektiven Untersuchung war es, die von Inger Kjaer [1995] aufgestellten dentalen Charakteristika (Kjaer-Merkmale), die mit einem erhöhten Auftreten für externe Wurzelresorptionen während einer kieferorthopädischen Behandlung in Verbindung gebracht worden sind, auf ihre Relevanz zu prüfen. Darüber hinaus wurden patientenspezifische Eigenschaften, wie das Alter, Allgemeinerkrankungen, orale Fehlfunktionen, Zahntraumata und kieferorthopädische Behandlungsfaktoren, die in einem Kontext mit Wurzel-resorptionen beschrieben worden sind, erhoben. Auf diese Weise sollte eine adäquate Risikoeinschätzung der Patienten für Wurzelresorptionen vor einer kieferorthopädischen Therapie erfolgen. Material und Methode: Die Behandlungsunterlagen und die Panoramaschicht-aufnahmen von 1156 Patienten wurden retrospektiv ausgewertet. Die Patienten waren zwischen zehn und achtzehn Jahre alt und wurden im Zeitraum von 2000 bis 2019 in der Abteilung für Kieferorthopädie im Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Philipps-Universität Marburg behandelt. Die Daten wurden anonymisiert erfasst und die Röntgenbilder auf vorliegende Kjaer-Merkmale und externe apikale Wurzelresorptionen untersucht. Die Ausprägung der Wurzel-resorptionen wurde dabei in drei verschiedenen Schweregraden zahnbezogen dokumentiert. Anschließend erfolgten bivariate und multivariate Analysen, als Signifikanzniveau wurde α = 0,05 definiert. Ergebnisse: Die Mehrheit der aufgenommenen Patienten wies mindestens ein Kjaer-Merkmal auf, lediglich 2,2 % der Patienten besaßen keines der unter-suchten morphologischen Charakteristika. Im Verlauf der kieferorthopädischen Therapie traten bei den Patienten mit und ohne Kjaer-Merkmalen milde Wurzelresorptionen einzelner Zähne auf (72,9 %). Im Schnitt waren 3,22 ± 3,24 Zähne von einem Blunting betroffen. Bei 15,5 % der Patienten lag ein Wurzelresorptionsgrad zwei vor. Schwere Wurzelresorptionen traten mit 2 % vergleichsweise selten auf. In der multivariaten Analyse konnte eine Korrelation von Wurzelresorptionen mit dem Vorhandensein der Kjaer-Merkmale kurze Zahnwurzeln (p < 0,001), schmale Zahnwurzeln (p = 0,006) und Aplasie (p < 0,001) bestätigt werden. Weiterhin hatten die untersuchten Parameter Dentitionsphase zum Behandlungsende (p < 0,001), die verwendete kieferorthopädische Apparatur (herausnehmbar: p < 0,001; kombiniert herausnehmbar und festsitzend: p = 0,008) und die kieferorthopädische Behandlungsdauer (p < 0,001) einen statistisch signifikanten Effekt für das Auftreten von externen Wurzelresorptionen. Dahingegen konnte kein Zusammenhang zu Wurzelresorptionen und Extraktionstherapien (p = 0,154) eruiert werden, ebenso war das Kjaer-Merkmal atypische Milchzahnresorptionen (p = 0,087) irrelevant für die Entstehung von Resorptionen. Schlussfolgerung: Basierend auf den Daten der vorliegenden Studie ist die Pathogenese von externen apikalen Wurzelresorptionen komplex und eine alleinige Risikoeinschätzung anhand von Röntgenbildern nur sehr begrenzt bis gar nicht möglich. In der Erstdiagnostik sollten anhand von Panoramaschicht-aufnahmen u. a. schmale und kurze Zahnwurzeln detektiert werden und die Patienten über etwaige Wurzelresorptionen dieser Zähne aufgeklärt werden. Betroffene Zähne sollten möglichst schonend orthodontisch bewegt und in regelmäßigen Abständen klinisch und röntgenologisch auf Resorptionen untersucht werden. Die kieferorthopädisch kontrollierbaren Faktoren wie die verwendeten Apparaturen und die Behandlungsdauer sollten generell so angewandt werden, dass ein Risiko des Zahnhartsubstanzverlusts möglichst vermieden wird und allenfalls gering ausfällt. Es bedarf weiterer Untersuchungen anderer Einflussfaktoren, wie genetischer Prädispositionen und die Zusammensetzung des gingivalen Sulkusfluid, um ein individuelles Risiko für Wurzelresorptionen während orthodontischen Zahnbewegungen prognostizieren zu können.
DOI:10.17192/z2023.0367