Untersuchungen und Vergleich des Reaktionsverhaltens von N-heterocyclisch Carben stabilisierten Kalium-Arsenideniden zu ihren Phosphoranaloga
Zusammenfassung Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit gelang es, nach modifizierter Literaturvorschrift von TAMM et al., das gesättigte N-heterocyclisch Carben stabilisierte „parent Arseniden“ [(SIDipp)AsH] 1 darzustellen. Dieses unterscheidet sich zu seinem ungesättigten Analogon [(IDipp)AsH] vor...
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2023
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Summary: | Zusammenfassung
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit gelang es, nach modifizierter Literaturvorschrift von TAMM et al., das gesättigte N-heterocyclisch Carben stabilisierte „parent Arseniden“ [(SIDipp)AsH] 1 darzustellen. Dieses unterscheidet sich zu seinem ungesättigten Analogon [(IDipp)AsH] vorwiegend durch den höheren Doppelbindungsanteil der C1–As Bindung. Letzterer macht sich durch eine höhere elektronische Abschirmung des Protons der As–H-Einheit im 1H-NMR-Spektrum sowie einer gehinderten Rotation um die C1–As Bindung bemerkbar. Diese wurde 1H-NMR-spektroskopisch anhand der Aufspaltung der Methyl-Protonen der Dipp-Substituenten in zwei Signalsätze nachgewiesen. Zusätzlich erfolgte die Bestimmung der ?-Donorstärke von 1, im direkten Vergleich mit der phosphoranalogen Verbindung [(SIDipp)PH], durch die Bestimmung des Tolman electronic parameter anhand der Lage der totalsymmetrischen CO-Streckschwingung der [(SIDipp)ENi(CO)3]-Komplexe 2 und 3 (E = As, P) (Schema 1). Die Lage dieser CO-Banden der beiden Komplexe 2 (?̃ = 2044 cm-1 ) und 3 (?̃ = 2048 cm-1 ) im Vergleich zueinander zeigt, dass der Arseniden-Ligand 2 der geringfügig stärkerer ?-Donor ist. Im Vergleich zu Phosphanen (?̃ ≥ 2056 cm-1 ) und N-heterocyclischen Carbenen (?̃ = 2045–2089 cm-1 ) liegen für 2 und 3 Verschiebungen der totalsymmetrischen A1 Streckschwingungen zu niedrigeren Wellenzahlen und somit stärkere bzw. äquivalente ?-Donoreigenschaften vor. Strukturell unterscheiden sich die beiden Nickel-Komplexe 2 und 3, nur geringfügig. Die im Vergleich zu 1 sowie [(SIDipp)PH] deutlich verlängerten C1–As bzw. C1–P Bindungslängen weisen auf deren Verlust des Doppelbindungsanteils hin, was mit dem sterisch anspruchsvollen, stark elektronenziehenden Ni(CO)3-substituenten unter Schwächung der ?-Rückbindung einhergeht. Diese elektronischen Eigenschaften spiegeln sich durch eine Tieffeldverschiebung der Protonen der As/P–H-Einheiten in den 1H-NMR-Spektren zusätzlich zu einer Hochfeldverschiebung der Carbenkohlenstoffatome in den 13C-NMR-Spektren wider.
Ein ähnliches Verhalten zeigten auch die, durch Umsetzungen von 1 mit den Lewis-Säuren [W(CO)5·thf] und [Fe2(CO)9] erhaltenen, Lewis-Säure-Base-Addukte [(SIDipp)AsHW(CO)5] 4 und [(SIDipp)AsFe(CO)4] 5 (Schema 1). Im strukturellen Vergleich dieser mit dem Nickel-Komplex 2 wurde erwartungsgemäß die Vergrößerung der As–M Bindungslängen, sowie die Aufweitung der C1–As–M Bindungswinkel mit steigendem Atomradius des Übergangsmetalls sichtbar. Ausgewählte strukturelle und spektroskopische Daten in Tabelle 1 bieten einen Überblick.
Weiterhin wurde auf Grundlage der zuvor beschriebenen Umsetzungen die Lewis-basische Verbindung [(SIDipp)AsH] 1 als solche charakterisiert sowie deren Affinität zur Verwendung nur eines der beiden freien Elektronenpaare zur Bildung einkerniger Arseniden-Komplexe (2, 4 und 5) bestimmt. Die Lage der A1 Streckschwingungen der CO-Banden von 4 und 5 im IR-Spektrum bestätigten den TEP-Wert des Arseniden-Nickel-Komplexes 2. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurde das Kalium-Arsenidenid [(SIDipp)AsK] 6, nach modifizierter Literaturvorschrift von LEMP und BALMER, durch Deprotonierung von 1 mit der starken metallorganischen Base Benzylkalium erfolgreich dargestellt. Es handelt sich um einen roten Feststoff, welcher in üblichen aromatischen und aliphatischen Lösungsmitteln unlöslich ist und mit Ethern jeglicher Art bei Temperaturen über −70 °C unter Zersetzung reagiert. Die Charakterisierung von 6 erfolgte zunächst mittels gängiger Feststoffanalysen
(CHN, IR). Durch Umsetzung mit [18]-Krone-6 und weiterer Handhabung bei tiefen Temperaturen (−76 °C) in Toluol wurde erstmalig für diese Verbindungsklasse der lösliche Kronenetherkomplex [K([18]-Krone-6)][(SIDipp)As] 6a (Abbildung 1) dargestellt und mittels Kristallstrukturanalyse charakterisiert.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Anwendbarkeit des zuvor synthetisierten Kalium-Arsenidenids 6 als Arsen-Präkursor in Reaktionen mit Elementhalogeniden und -bis(trimethylsilyl)amiden der Gruppen 2 bzw. 12, 14, 15 und 16 zur Darstellung
Hautgruppen-substituierter, niedervalenter Arsenidene untersucht. Weiterhin wurde ein direkter struktureller und analytischer Vergleich dieser Hauptgruppen-substituierten Arsenidene mit den literaturbekannten phosphoranalogen Verbindungen gezogen, sofern verfügbar. Bisher nicht vorliegende phosphoranaloge Verbindungen wurden synthetisiert. Eine Übersicht der im Rahmen dieser Arbeit synthetisierten Hauptgruppen-substituierten Arsenidene und Phosphinidene ist in Schema 3 dargestellt Reaktionen mit Halogeniden der Gruppe 15 Als Ausgangspunkt in diesem Kapitel wird das Reaktionsverhalten von 6 gegenüber den Di-tert-butylelementchloriden der 15. Gruppe tBu2ECl (E = P, As, Sb, Bi) untersucht. Die in
diesen Salzeliminierungsreaktionen erhaltenen Verbindungen des Typs (SIDipp)AsEtBu2 7–10 (10 als Beispiel in Abbildung 2) wurden mittels 1H-, 13C-, 31P-NMR-, IR-Spektroskopie, Elementaranalyse und Kristallstrukturanalyse charakterisiert und die erhaltenen Messwerte mit den analogen Phosphorverbindungen verglichen. Hierbei zeigten sich identische strukturelle Aufbauten der Molekülstrukturen im Kristall sowie kohärente Trends der strukturellen und spektroskopischen Parameter. Diese weisen erwartungsgemäß mit zunehmendem Ionenradius von E (= P, As, Sb, Bi), eine Verlängerung der As–E Bindungslängen und damit einhergehend die Aufweitung der C1–As–E Bindungswinkel auf. Zudem tritt in den 1H-NMR-Spektren der Verbindungen 7–10 eine minimale Verschiebung der Protonen der tBu2-Einheiten und der Wasserstoffatome im Carbenrückgrat mit steigender Ordnungszahl des Pniktogenatoms in Richtung Tieffeld auf.
Die C1–As Bindungslängen der Verbindungen 7-10 werden, identisch den C–P Bindungen ihrer Phosphoranaloga und im Unterschied zu den Lewis-Säure-Base Addukten 2,4 und 5, durch Substitution am Arsenatom nicht beeinflusst.
Reaktionen mit Halogeniden und Bis(trimethylsilyl)amiden der Gruppe 16 In Umsetzungen von [(SIDipp)AsK] 6 und [(SIDipp)PK] mit den Gruppe 16-Chloriden S2Cl2, Se2Cl2, SeCl4 und TeCl4 stellten sich jene als ungeeignet heraus, aufgrund eines zu hohen Wasseranteils in Reaktionen mit den Kalium-Pniktinideniden. Neben, aufgrund ausbleibender Kristallisation, undefinierbaren Produktspezies wurde die erneute Protonierung des Arsenidens bzw. Phosphinidens beobachtet. Nachfolgende Vergleichsreaktionen mit den Bis(trimethylsilyl)amiden der Gruppe 16 (Se(hmds)2 & Te(hmds)2) führten zu dem Selen-substituierten Arseniden 12 sowie den beiden Chalkogen-substituierten Phosphinidenen 11 und 13. Mit diesen drei Verbindungen gelang es die seltene Klasse der (Organoseleno)pniktinidenide (SIDipp)ESe(hmds) um zwei Derivate (11 und 12) zu erweitern, sowie das erste ionische ?-Tellurverbrückte Phosphiniden (13) darzustellen. Die
anschließende vollständige Charakterisierung dieser Verbindungen und der Vergleich mit literaturbekannten Verbindungen zeigt für 11 und 12 einen identischen strukturellen Aufbau. Der in beiden Verbindungen vorliegende C–E–Se–N Torsionswinkeln (E = As, P) nahe 180° deutet auf eine Überlappung des ?*-Orbitals der jeweiligen C–E-Einheiten mit dem freien p-Orbitalen der Se(hmds)-Einheit hin. Das zentrale Motiv des Kations der ionischen Verbindung 13 ist eine TeP2K verzerrte Raute, in welcher das Kaliumion zur Absättigung seiner Koordinationssphäre in Wechselwirkung mit dem ?-System der Dipp-Substituenten tritt. Als Anion liegen zwei über ein Wasserstoffatom gebundene HMDS-Einheiten vor. Die
C=P Doppelbindung wird kaum durch die Substitution mit Tellur beeinflusst.
Reaktionen mit Halogeniden und Bis(trimethylsilyl)amiden der Gruppen 2 und 12
Zur Synthese ?-verbrückter Gruppe 2 und 12 Arseniden und den analogen Phosphiniden Verbindungen wurde das Reaktionsverhalten zunächst gegenüber Gruppe 2-Dichloriden untersucht. Diese wiesen, identisch für [(SIDipp)AsK] und (SIDipp)PK], in Toluol sowie n-Pentan ungenügende Löslichkeit auf, sodass keine Reaktionen beobachtet wurden. Infolge dessen wurden zur Darstellung der gewünschten Verbindungen des Typs [{(SIDipp)E}2M] (E = P, As; M = Mg, Ca, Sr, Ba), Umsetzungen von 6 und [(SIDipp)PK] mit den gut löslichen Bis(trimethylsilyl)amiden M(hmds)2 der Gruppe 2 durchgeführt. Auf Grundlage der Affinität letzterer zur Bildung von Trisamiden ([M(hmds)3]
‒ ), begünstigt durch das HSAB-Konzept, wurden anstelle der ?-verbrückten Spezies die ionischen NHC-stabilisierte K/P- bzw. K/As-Cluster [{(SIDipp)E}4K5] + [M(hmds)3] ‒ (14–17, 19 und 20) gebildet (Schema 2). Das zentrale Motiv des Kations dieser Cluster ist ein verzerrtes Fenster. Auffällig ist, dass in Umsetzungen von 6 mit Mg(hmds)2 und Ba(hmds)2 unter C=As Bindungsbruch, die zu den Literaturverbindungen von HILL et al. identischen, ionischen ?-Kaliumverbrückten Dicarbene
[(SIDipp)2K]+ [M(hmds)3] ‒ (18 und 21, Schema 2) erhalten wurden. Die strukturellen und spektroskopischen Daten der ionischen Verbindungen 14–21 stimmen gut mit denen der jeweils analogen Literaturverbindungen überein. Einzig die Phosphorsignale von 14–17 zeigen im 31P-NMR-Spektrum mit wachsendem metallischem Charakter des Erdalkalimetalls im Trisamid-Anion eine stetig zunehmende Hochfeldverschiebung.
Auf Grundlage der ähnlichen elektronischen Eigenschaften von Magnesium(+II) und Zink(+II)
wurden in Reaktionen der Kalium-Pniktinidenide mit ZnCl2 sowie Zn(hmds)2 die linearen
Zinkverbindungen 22 [{(SIDipp)As}2Zn], 23 [{(SIDipp)P}2Zn] und 24
[K2{(SIDipp)P}2Zn]2+ 2 [Zn(hmds)3]
‒ dargestellt. 22 und 23 zeigen einen äquivalenten Aufbau
der Molekülstrukturen im Kristall zu den Quecksilber(II)bis(phosphiniden) Verbindungen von
BISPINGHOFF et al. Auffällig ist, dass das ?-Zinkverbrückte Bis(phosphinidenid) 24 eine
unzureichende Löslichkeit in den gängigen aromatischen oder aliphatischen Lösungsmitteln
zeigt, was die Vermutung bestärkt, dass diese durch das vorliegende Trisamid-Anion
hervorgerufen wird. Der strukturelle Vergleich der Verbindungen miteinander sowie mit
literaturbekannten analogen Verbindungen ergab einen identischen Aufbau der
Molekülstrukturen mit linearen (~180°) E–Z–E Bindungswinkeln (E = As, P). Auch die weiteren
Strukturwerte zeigten gute Übereinstimmung mit den zuvor dargestellten sowie
literaturbekannten Verbindungen.
Im letzten Teil dieser Arbeit wurde die Stabilisierung der niedervalenten Gruppe 14
Phosphinidenid Komplexe des Typs [{(NHC)P}2T] (T = Ge, Sn, Pb) mit P–T
p?-p?(*) Wechselwirkungen durch Austausch des Carben-Liganden vom gesättigten (SIDipp)
zum ungesättigten, methylierten (Me2IDipp) untersucht. Hierfür wurde das KaliumPhosphinidenid [(Me2IDipp)PK] 25a mit (SIMes)GeCl2 und (SIMes)PbBr2 sowie SnCl2 und
Pb(hmds)2 umgesetzt. Es wurden die gewünschten (Me2IDipp)-subsituierten Tetrylenkomplexe
[{(Me2IDipp)P}2T] (T = Ge, Sn, Pb) 26–28 (Abbildung 4) in Form intensiv blauer bis grüner
Feststoffe erhalten. Beim Vergleich der strukturellen und analytischen Daten dieser
Verbindungen mit jenen der Literaturverbindungen zeigten sich nahezu identische
Bindungslängen und -winkel sowie stark tieffeldverschobene Phosphorsignale, welche das
Vorliegen von P–T Mehrfachbindungsanteilen sowie p?-p?(*) Wechselwirkungen an den
zentralen TP2(C2)-Einheit bestätigten. Dies widerlegt die stärkere Stabilisierung der
Verbindungen durch Austausch des Carben-Liganden. Die innerhalb der UV/Vis-Spektren von
27 und 28 durch geringe Anregungsenergien detektierten Absorptionsmaxima bei hohen
Wellenlängen und der daraus resultierende Farbunterschied zu den Literaturverbindungen
resultieren demnach aus der Vergrößerung des ?-Systems des Carben-Liganden durch die
Methylgruppen und Doppelbindung im Rückgrat von (Me2IDipp).
Neben den Verbindungen 26–28 wurden in Reaktionen von 25a und dem analogen
Rubidium-Phosphinidenid [(Me2IDipp)PRb] 25b mit Ge(hmds)2, Sn(hmds)2 und Pb(hmds)2
Verbindungen des Typs [{(Me2IDipp)P}2A(hmds)] (A = K, Rb) 29–33 dargestellt. Die
strukturellen und UV/Vis-spektroskopischen Daten dieser Verbindungen zeigen ausnahmslos
gute Übereinstimmungen mit denen von 26–28. Auffällig ist das Auftreten von zwei
Phosphorsignalen in den 31P-NMR-Spektren von 29–33, welche sowohl das Vorliegen der
Tetrylenverbrückten Spezies 26–28 sowie der K(hmds) bzw. Rb(hmds) enthaltenden
Verbindungen 29–33 in Lösung zeigen.
Abschließend ist ein Vergleich der Literaturverbindungen [{(SIDipp)P}2T] (T = Ge, Sn, Pb) mit
den analogen Arseniden-Verbindungen [{(SIDipp)As}2T] hinsichtlich ihrer strukturellen und
analytischen Eigenschaften erfolgt. Hierfür erfolgte die Umsetzung des Arsenidenids
[(SIDipp)AsK] 6 mit Sn(hmds)2 und Pb(hmds)2. Diese führten jedoch nicht zur Bildung der
gewünschten Verbindungen, sondern zur Entstehung der Verbindungen
[K2(SIDippAsK(hmds)] 34 und [(SIDipp)K(hmds)]2 35 unter Ausfall von metallischem Arsen,
Zinn bzw. Blei sowie C=As Bindungsspaltung innerhalb der Reaktionen (Schema 4). Das
zentrale Motiv von 34 ist am besten als verzerrt leiterartige Struktur zu beschrieben, in welcher
die beiden Moleküle der asymmetrischen Einheit über agostische Wechselwirkungen des
Kaliumatoms zum Wasserstoffatom der gegenüberliegenden HMDS-Einheit koordinativ
gebunden vorliegen. Die strukturellen und spektroskopischen Daten von 33 weisen gute
Übereinstimmungen mit ähnlichen Verbindungen aus dieser Arbeit sowie der Literatur auf. |
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Physical Description: | 218 Pages |
DOI: | 10.17192/z2023.0110 |