Entwicklung, Synthese und Charakterisierung makrozyklischer Plasmininhibitoren

Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung neuer potenter und selektiver active site Inhibitoren des Plasmins als potenziell antifibrinolytisch wirksame Substanzen. Antifibrinolytika leisten einen wichtigen Beitrag zur Verringerung von Blutungen nach schweren Traumata und bei chirurgischen Ei...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Wiedemeyer, Simon Julian Arno
Beteiligte: Steinmetzer, Torsten (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung neuer potenter und selektiver active site Inhibitoren des Plasmins als potenziell antifibrinolytisch wirksame Substanzen. Antifibrinolytika leisten einen wichtigen Beitrag zur Verringerung von Blutungen nach schweren Traumata und bei chirurgischen Eingriffen. Zurzeit sind nur wenige klinisch zugelassene Antifibrinolytika verfügbar, die eine begrenzte Wirksamkeit besitzen und Nebenwirkungen verursachen können. Der wichtigste Wirkstoff Tranexamsäure wurde bereits zu Beginn der 1960er Jahre entwickelt und verringert die Plasmin-Bildung aus dessen Zymogen Plasminogen. Tranexamsäure besitzt jedoch keine inhibitorische Wirkung auf bereits aktives Plasmin, wodurch ihre therapeutische Einsetzbarkeit limitiert wird. Im Rahmen der Hämostase werden Fibringerinnsel in verletzten Blutgefäßen gebildet, was die Akkumulation von Thrombozyten und Erythrozyten erleichtert und einen dauerhaften Wundverschluss ermöglicht. Im gegenläufigen Prozess der Fibrinolyse werden solche Fibringerinnsel durch die Serinprotease Plasmin abgebaut, die Fibrinpolymere in lösliche Fragmente überführt. Bei hyperfibrinolytischen Zuständen liegt eine erhöhte Plasminaktivität vor, wodurch die Hämostase beeinträchtigt und schwerwiegende Blutungskomplikationen begünstigt werden. Ein antifibrinolytischer Effekt kann entweder durch eine direkte Plasminhemmung oder indirekt durch eine Verringerung des Plasminbildung aus dessen Zymogen Plasminogen erreicht werden. In unserer Arbeitsgruppe wurde bereits eine Vielzahl hochaktiver und selektiver Plasmininhibitoren zur Adressierung der S4-S1-Region des aktiven Zentrums entwickelt. Ihre hohe Plasminselektivität wurde durch ein sterisch anspruchsvolles makrozyklisches Kernsegment erreicht. Dieses verursacht Abstoßungseffekte mit den charakteristischen 99-Schleifen, die mit Ausnahme des Plasmins in allen trypsinartigen Serinproteasen vorhanden sind. Unter den bislang hergestellten Inhibitoren besitzt die Referenzverbindung 40 die beste Kombination aus Plasminhemmwirkung und -selektivität. Ihr makrozyklisches Kernsegment enthält zwei p-substituierte Phenylalanin-Reste in P3- bzw. P2-Position, deren Seitenketten mit einem symmetrischen Piperazinyldicarbonsäureamid-Linker verknüpft sind. Strukturell verwandte Verbindungen werden in dieser Dissertation als makrozyklische substratanaloge Inhibitoren bezeichnet. Unter Variation der P4-Position (Serie 1) sowie der Linkerlänge (Serie 2) wurden Derivate der Verbindung 40 synthetisiert. Zur Herstellung der Inhibitorserie 2 wurde eine neue Synthesestrategie entwickelt, die den selektiven Einbau asymmetrischer Linker erlaubt. Darüber hinaus wurde ein neuer Typ von Makrozyklen hergestellt, in dem die P4- und P2-Reste über die zuvor genannten Linkersegmente miteinander verknüpft sind (Serie 3). Für Plasmin und sechs verwandte trypsinartige Serinproteasen wurden Hemmkonstanten bestimmt, wobei eine sehr hohe Plasminselektivität festgestellt wurde. Einige Derivate besitzen subnanomolare Ki-Werte gegenüber Plasmin. In Zusammenarbeit mit einer australischen Arbeitsgruppe wurden erstmals Röntgenkristallstrukturen solcher Inhibitoren im Komplex mit µPlasmin bestimmt. In einem zweiten Projekt wurde basierend auf der Kristallstruktur der azyklischen Referenzverbindung 11 (YO-2) in µPlasmin ein neuer Inhibitor-Typ entwickelt. Die Verbindung YO-2 adressiert die S1-S2‘-Region des aktiven Zentrums und zeigt eine relativ schwache Plasminselektivität. Das Konzept der Makrozyklisierung wurde adaptiert um sterisch anspruchsvolle Derivate herzustellen, die einen ähnlichen Bindungsmodus und idealerweise ein verbessertes Selektivitätsprofil gegenüber verwandten trypsinartigen Serinproteasen besitzen sollten. Es wurde eine große Anzahl makrozyklischer Inhibitoren hergestellt, die einen Tranexamoyl (Txa)-Rest in P1-Position besitzen und daher im Rahmen dieser Arbeit als makrozyklische Txa-konjugierte Inhibitoren bezeichnet werden (Serien 4 und 5). Die besten Derivate besitzen subnanomolare Hemmkonstanten gegenüber Plasmin und einige Verbindungen zeigen eine deutliche Plasminselektivität gegenüber verwandten trypsinartigen Serinproteasen. Zusammen mit der australischen Gruppe wurde auch der Bindungsmodus der makrozyklischen Txa-konjugierten Inhibitoren im Komplex mit µPlasmin bestimmt. Dieser ähnelt der Konformation der Referenzverbindung YO-2 in der S1-S2‘-Region. Sowohl die makrozyklischen substratanalogen Inhibitoren als auch die makrozyklischen Txa-konjugierten Inhibitoren könnten potenziell zu potenten und selektiven Wirkstoffen zur Verringerung von Blutungen weiterentwickelt werden.
DOI:10.17192/z2023.0047