Posttranslationale Tubulin-Modifikationen in der Zellmorphogenese und -migration
Epithelgewebe bestehen aus flächenhaft angeordneten Zellverbänden, die alle inneren und äu- ßeren Körperoberflächen bedecken. Um die organspezifischen Funktionen zu erfüllen, weist die Epithelzelle eine gerichtete Transportmaschinerie auf. Proteine und weitere relevante intra- zelluläre Komponenten...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2022
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Epithelgewebe bestehen aus flächenhaft angeordneten Zellverbänden, die alle inneren und äu- ßeren Körperoberflächen bedecken. Um die organspezifischen Funktionen zu erfüllen, weist die Epithelzelle eine gerichtete Transportmaschinerie auf. Proteine und weitere relevante intra- zelluläre Komponenten werden bidirektional, entlang eines komplex-organisierten Zytoskelett- Netzwerks, zwischen dem apikalen und dem basalen Zellpol, transportiert.
Der Mikrotubulus nimmt eine Schlüsselrolle der intrazellulären Transportwege ein und beeinflusst somit die Formation des epithelialen Monolayers. Da Mikrotubuli einem ständigen Auf- und Abbau unterliegen, reagiert die Zelle bzw. das Gewebe schnell auf sich ändernde Bedin- gungen, um damit den Fortbestand des Organismus zu sichern. Die Dynamik der Mikrotubuli wird außerdem durch verschiedene posttranslationale Modifikationen angepasst. Das Enzym Tubulin-Tyrosin-Ligase (TTL) modifiziert Mikrotubuli, in dem es die Aminosäure Tyrosin an den Carboxyterminus des α-Tubulins anfügt. Durch TTL-Knockout und TTL-Überexpressionen in MDCK-Zellen wurde der Einfluss des Enzyms auf die zelluläre Adhäsion und Migration sowie die Zellmorphogenese in 2D- und 3D-Zellkulturanalysen untersucht.
Eine Folge des gezielten TTL-Knockouts resultierte in einer verstärkten Expression von detyrosiniertem und acetyliertem α-Tubulin. Damit einhergehend wurde eine Abflachung der TTL-Knockout-Zellen sowie der modifizierten Dünndarm-Organoide beobachtet. Aufbauend auf diesen Analysen wurde die TTL-abhängige Morphologie sowie die intrazelluläre Dynamik der fokalen Adhäsionen charakterisiert. Ein TTL-Knockout resultierte in einer quantitativen Zunahme, veränderten Morphologie sowie einer reduzierten Dynamik der Fokalkontakte.
Die Umstrukturierung und Ankonzentration von Fokalkontakten ist für verschiedene zel- luläre Prozesse, wie der Zelladhäsion und -migration, essentiell. Die aktive Motilität einzelner Zellen sowie homogener Zellverbände während der Zellmigration ist für diverse physiologi- sche Prozesse, beispielsweise der Wundheilung und der onkogenen Metastasierung, von rele- vanter Bedeutung. Durch einen TTL-Knockout wurde sowohl die Migrationsgeschwindigkeit als
auch die -direktionalität erhöht. Migrationsvorgänge werden unter anderem durch verstärkte Bindeaffinitäten, zwischen stabilen Mikrotubuli sowie Strukturproteinen und regulatorischen Komponenten der fokalen Adhäsionen, gefördert. Als zentrales Protein dieser Komplexe zählt das Mikrotubulus-assoziierte Protein End binding Protein 1 (EB1). Dieses stabilisierende Poly- peptid wurde in Folge eines TTL-Knockouts verstärkt exprimiert und führte zu einer erhöhten in- trazellulären Polymerisierungsdynamik der Mikrotubuli. EB1-Expressionsanalysen führten abschließend zur Untersuchung der Zystogenese von MDCK-Zellen. Die dreidimensionale in-vitro Entwicklung der Zysten basiert auf der Ausbildung eines zentralen Lumens, welches von Zellen einschichtig umgeben wird. Die TTL-Überexpression beeinflusste die Zystogenese und führte zur Bildung von multiluminalen Zysten mit vergrößertem Volumen. Die Ausbildung der primären Zilie, einem mechanosensorischen Zellorganell, welches an der apikalen Plasmamembran lokalisiert ist, wird ebenfalls durch die TTL-Modulationen reguliert. Nach einem gezielten TTL-Knockout entwickelten sich sowohl in epithelialen 2D- als auch in in-vitro Zystenmodell- analysen länger ausgeprägte Zilien mit höherem Gehalt an stabilsierendem ∆2-Tubulin.
Die erforschten Resultate dieser Arbeit verdeutlichten die Rolle des Tyrosinierungs- und Detyrosinierungszyklus und wiesen auf dessen Relevanz für die physiologischen Funktionen von Epithelzellen hin. Die Modifizierung der TTL-Expressionslevel nahm Einfluss auf zelluläre Prozesse, die dem Fortbestand der Zelle dienen, wie beispielsweise in zellulären Migrations- und Adhäsionsvorgängen. Außerdem wurde die Dynamik von fokalen Adhäsionskontakten sowie von Mikrotubuli-assoziierten Proteinen durch TTL-Expressionsveränderungen charakterisiert. Ein TTL-Knockout resultierte in einer verminderten Dynamik der fokalen Adhäsionen und in Folge dessen kam es zur Konsolidierung der fokalen Adhäsionen im Bereich des Leitsaums.
Darüber hinaus verdeutlichten die Ergebnisse, dass eine Modulation des Mikrotubuli- Netzwerks Einfluss auf die Morphologie der Zelle bzw. des Gewebes nimmt und es durch einen gezielten TTL-Knockout zu einer zellulären Abflachung kam. Relevante physiologische Funktio- nen, wie die zelluläre Adhäsion und Migration, wurden durch die Modulation begünstigt. Dies basiert unter anderem auf quantitativen sowie morphologischen Veränderungen der fokalen Adhäsionen sowie auf veränderten Bindeaffinitäten der End-bindenden Proteine an den Mikrotubulus. Da diese Prozesse besonders während der Metastasierung von Tumorzellen und der Entwicklung des Gewebes im Fokus stehen, bieten die gewonnenen Erkenntnisse neue Ansatzpunkte für die Erforschung biomedizinischer und onkologischer Therapieansätze. |
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Physical Description: | 180 Pages |
DOI: | 10.17192/z2023.0046 |