Präparation und Charakterisierung molekularer Kontaktschichten zur Modifikation der Austrittsarbeit von Edelmetalloberflächen

Als zentrale Herausforderung für effiziente Ladungsträgerinjektion und damit zur Verbesserung bestehender und Realisierung neuer Anwendungen der organischen Elektronik hat sich die Kontrolle der Grenzfläche zwischen Elektroden und organischen Halbleitern herausgestellt. Die Anpassung der Austrittsar...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Widdascheck, Felix
Beteiligte: Witte, Gregor (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Als zentrale Herausforderung für effiziente Ladungsträgerinjektion und damit zur Verbesserung bestehender und Realisierung neuer Anwendungen der organischen Elektronik hat sich die Kontrolle der Grenzfläche zwischen Elektroden und organischen Halbleitern herausgestellt. Die Anpassung der Austrittsarbeit der Elektroden ist dafür ein häufig genutztes Werkzeug, um ein Energy-level-alignment zu erreichen und dadurchdie Ladungsträgerinjektion zu verbessern und den Kontaktwiderstand zu reduzieren. Diese Arbeit fasst mehrere Studien zusammen, welche sich mit der Möglichkeit der Modifikation der Austrittsarbeit auf Au- und Ag-Metalloberflächen durch Monolagen-Kontaktschichten verschiedener Moleküle und der möglichen Implementierung dieser in realen Anwendungen, wie z. B. organischen Feldeffekttransistoren OFETs, befasst haben. Dafür wurde in diesen Studien durch Kombination komplementärer Techniken die Struktur der Kontaktschichten von F4TCNQ, F6TCNNQ, F16CuPc, CuPc und TiOPc und deren Möglichkeit die Austrittsarbeit zu modifizieren sowohl für einkristalline als auch für stärker anwendungsbezogene polykristalline Oberflächen untersucht. Für alle untersuchten Moleküle ohne axiales Dipolmoment zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen ein- und polykristallinen Oberflächen in der erreichten Austrittsarbeit durch Monolagen-Kontaktschichten mit jeweils liegender Molekülorientierung auf den Substraten. Durch die Wahl der Moleküle konnte dabei die Austrittsarbeit gezielt modifiziert werden. Durch eine detaillierte Analyse der bedeckungsabhängigen Austrittsarbeit konnten für die Phthalocyanine zusätzlich die bei der Adsorption entstehenden Interface-Dipole und der Beitrag des axialen Dipolmoments des nicht-planaren TiOPcs bestimmt werden. Zusätzlich zur Modifikation der Austrittsarbeit konnte die gezielte Herstellung von Kontaktschichten genau einer Monolage durch die Temperatur-kontrollierte Desorption der Multilage erreicht werden. Diese Methode stellte sich als zuverlässig und reproduzierbar sowohl auf ein- als auch auf polykristallinen Substraten heraus – sofern die chemische Stabilität des Moleküls ausreicht. Während die thermische Stabilität der Bilage die Herstellung der TiOPc-Monolage erschwert, ermöglicht sie jedoch die gezielte Herstellung der Bilage selbst. Bei der Adsorption von F4TCNQ und F6TCNNQ auf Ag wurde beobachtet, dass dabei ausgedehnte Metall-Organik-Komplexe gebildet werden. Eine detaillierte Analyse zeigte eine thermisch aktivierte Bildung der Komplexe, welche vorwiegend an Stufenkanten auftreten und dadurch zwischen ein- und polykristallinen Oberflächen eine unterschiedliche Dynamik aufweisen. Gegenüber nicht-durchmischten Molekülfilmen wiesen diese Komplexe eine erhöhte thermische Stabilität auf und es konnten optische und elektronische Änderungen identifiziert werden. Ein zusätzlicher Ladungstransfer in die Moleküle der Monolage führt dabei zu einer weiteren Stabilisierung derselben und erlaubt deren gezielte Herstellung durch kontrollierte Desorption der Metall-Organik-Komplexe. Dieser konnte dabei für F6TCNNQ auch auf mittels Silbertinte aufgebrachten Ag-Oberflächen nachgewiesen werden, was die Verwendung von F6TCNNQ-Kontaktschichten auf gedruckten Silberelektroden erlaubt. Für die Verwendung der Temperatur-kontrollierten Desorption der Multilage zur Herstellung von definierten Monolagen auf Goldelektroden von strukturierten Bauteilen – wie OFETs – müssen saubere Goldelektroden hergestellt werden. Dazu wurden verschiedene Reinigungsmethoden der Elektroden anhand des Molekülwachstums und des Kontaktwiderstandes in OFETs untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass durch einfache O2-Plasma-Reinigung Goldoxid entsteht, welches zu einer aufrechten Molekülorientierung führt. Durch einen anschließenden Heizschritt können saubere, Oxid-freie Goldoberflächen erzeugt und so die für polykristalline Substrate gewonnenen Erkenntnisse auch auf so gereinigte strukturierte Bauteile übertragen werden. Neben der Metall-Organik-Grenzfläche mit den Kontaktschichten wurde auch die Grenzfläche der vielversprechenden F6TCNNQ-Kontaktschichten zum prototypischen p-Typ Halbleiter Pentacen untersucht. Dabei zeigte sich u. a. eine Durchmischung von Pentacen mit der darunterliegenden Kontaktschicht auf Au, aber nicht auf Ag. Für das weitere Pentacen-Wachstum konnten dendritische Inseln mit stehender Molekülorientierung auf der durchmischten Bilage auf Au und direkt auf der F6TCNNQ-Kontaktschicht auf Ag beobachtet werden. Damit konnten Anzeichen für eine erfolgreiche elektronische Entkopplung gezeigt werden, wobei sich keine Abhängigkeit von der Kristallinität der Metalloberflächen zeigte. Anhand des systematischen Vergleichs zwischen ein- und polykristallinen Oberflächen zeigte sich in der Arbeit, dass sich in den meisten untersuchten Fällen die Ergebnisse der einkristallinen Modellsysteme auf die polykristallinen Oberflächen übertragen lassen. Zur Erweiterung des Verständnis des Filmwachstum von molekularen Dünnfilmen wurden auch strukturelle Charakterisierungen am Modellsystems von TiOPc auf Ag(111) und Au(111) durchgeführt. Dabei wurden substantielle Anhaltspunkte gefunden, dass die Bedeckungsfähigkeit von organischen Dünnfilmen letztlich durch die Kristallstruktur und auftretende Domänengrenzen limitiert ist. Auf der anderen Seite konnte gezeigt werden, dass TiOPc-Multilagen kristalline und molekular glatte Terrassen bilden, welche durch das bilagenweise Wachstum stabilisiert sind, und dadurch ideal für scharfe Grenzflächen zu anderen OSCs genutzt werden können. Die Studien zeigen neben der möglichen Modifizierung der Austrittsarbeit einen allgemeinen Weg zur Herstellung und Charakterisierung wohldefinierter Kontaktschichten zur Verbesserung des Energy-level-alignments in realen Anwendungen. Dies ermöglicht die Verwendung dieser Anwendungen zur weiteren Analyse des Ladungstransports durch Metall-Organik-Grenzflächen an gut charakterisierten Strukturen und damit ein mikroskopisches Verständnis der Ladungsträgerinjektion, um den Fortschritt in der organischen Elektronik weiter voranzutreiben.
Umfang:243 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0227