Evaluation der größten Follow-Up-II-Einrichtung des Neugeborenen-Hörscreenings in Mittel- und Nordhessen

Die frühzeitige Diagnose und Versorgung einer angeborenen Hörstörung ist von hoher Bedeutung. Dies soll mit dem Neugeborenen-Hörscreening, welches in Deutschland zum 01.01.2009 flächendeckend und verpflichtend eingeführt wurde, gewährleistet werden. Eine erste Evaluation des Neugeborenen-Hörscreenin...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Fink, Nicola Maria
Beteiligte: Hey, Christiane (Prof. Dr. med. Dr. med. habil., MHBA) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die frühzeitige Diagnose und Versorgung einer angeborenen Hörstörung ist von hoher Bedeutung. Dies soll mit dem Neugeborenen-Hörscreening, welches in Deutschland zum 01.01.2009 flächendeckend und verpflichtend eingeführt wurde, gewährleistet werden. Eine erste Evaluation des Neugeborenen-Hörscreenings für den Zeitraum 2011/2012, die im Auftrag des Gemeinsamen Bundesauschusses erstellt wurde, bezeichnet die Umsetzung des Neugeborenen-Hörscreenings in Deutschland als erfolgreich. Doch das Screening-Programm ist nur so gut, wie das einem auffälligen Erstscreening folgende Follow-Up-I und -II. Während die Prozess-, Struktur- und Ergebnisqualität insbesondere der Geburtseinrichtungen und der Screening-Zentralen ausgiebig evaluiert wurden, findet sich eine solche Evaluation für eine Follow-Up-II- Einrichtung kaum. Aus diesem Grund analysiert die vorliegende Studie, inwieweit die größte Follow-Up-II-Einrichtung Mittel- und Nordhessens, die Pädaudiologie des Universitätsklinikums Marburg, vor dem Hintergrund der Nachfragesteigerung die vom Gemeinsamen Bundesausschuss definierten Zielvorgaben einhalten konnte. Zur Evaluation der Follow-Up-II-Einrichtung wurden die Daten von 2.705 Neugeborenen, die sich im Rahmen des Neugeborenen-Hörscreenings von 2009 bis 2016 in der Pädaudiologie Marburg vorstellten, erfasst. Analysiert wurden unter anderem neben Erstvorstellungs-, Diagnose- und bei Vorliegen einer permanenten Hörstörung Versorgungsalter auch der Vorstellungsgrund bzw. die abschließende Diagnose als mögliche Einflussfaktoren. Des Weiteren erfolgte die Auswertung der prozentualen Häufigkeit der permanent hörgestörten Neugeborenen, die innerhalb der ersten drei Lebensmonate diagnostiziert bzw. innerhalb der ersten sechs Lebensmonate versorgt wurden. Zudem wurde der Effekt der bei zunehmender Nachfrage erfolgten Sprechstundenumstrukturierung auf die Prozessqualität und damit auf das Gesamtergebnis des Neugeborenen-Hörscreenings der Follow-Up-II-Einrichtung geprüft. Von 2009 bis 2016 stiegen die jährlichen Patientenzahlen in der Follow-Up-II-Einrichtung deutlich um 91,4%. Insgesamt lag das Erstvorstellungsalter von 2009 bis 2016 im Median bei 5,6 Wochen, das Diagnosealter bei 6,3 Wochen. Erstvorstellungs- und Diagnosealter erwiesen sich als abhängig vom Vorstellungsgrund und der Diagnose. Hierbei wurden Erstscreening-Neugeborene signifikant früher vorgestellt als Follow-Up- bzw. Risikofaktoren-Neugeborene (Median 4,6 versus 5,3 bzw. 8,0 Wochen; p < 0,001). Neugeborene mit einer peripheren Normakusis wurden signifikant früher vorgestellt und diagnostiziert als solche mit einer permanenten bzw. einer passageren Hörstörung (Median des Erstvorstellungsalters: 5,4 versus 6,1 bzw. 7,6 Wochen; p < 0,01 bzw. p < 0,001; Median des Diagnosealters: 5,9 versus 11,4 bzw. 23,1 Wochen; p < 0,001). Das Versorgungsalter permanent hörgestörter Neugeborener lag von 2009 bis 2016 bei im Median 14,1 Wochen. Bei 60% der permanent hörgestörten Neugeborenen gelang die Diagnosesicherung wie gefordert bis Ende des 3. bzw. bei 80,2% eine Versorgung bis Ende des 6. Lebensmonats. Von 2009 bis 2014 stieg das Erstvorstellungsalter bei Follow-Up- und Risikofaktoren- Neugeborenen signifikant. Bei Neugeborenen mit einer peripheren Normakusis und einer permanenten Hörstörung stiegen sowohl Erstvorstellungs- als auch Diagnosealter signifikant, bei passager hörgestörten Neugeborenen zumindest numerisch. Diese Parameter konnten dank der Umstrukturierungsmaßnahmen der Sprechstunde des Neugeborenen-Hörscreenings bis 2016 überwiegend wieder signifikant gesenkt werden. Die Nachfragesteigerung an Untersuchungen in der Follow-Up-II-Einrichtung nach Einführung des Neugeborenen-Hörscreenings war im untersuchten Zeitraum von 2009 bis 2016 immens. Die Abhängigkeit des Erstvorstellungs- und Diagnosealters vom Vorstellungsgrund bzw. der gesicherten Diagnose deckt hierbei die Notwendigkeit weiterer Optimierung des gesamten Neugeborenen-Hörscreenings-Prozesses auf. Vor allem sollte die Anbindung aller Neugeborenen an eine Follow-Up-II-Einrichtung zukünftig früher erfolgen, so wie tatsächlich auch vom Gemeinsamen Bundesauschuss gefordert. Diese frühzeitige Anbindung ermöglicht erst das, was schlussendlich mit dem flächendeckenden und verpflichtenden Neugeborenen-Hörscreening bezweckt werden soll: Die frühzeitige Detektion und Versorgung einer angeborenen Hörstörung. In der hier untersuchten Follow-Up-II-Einrichtung wurde die Follow-Up-II-Untersuchung des Neugeborenen-Hörscreenings effektiv und effizient umgesetzt mit durchweg besseren Ergebnissen der zentralen Zielparameter im nationalen und internationalen Vergleich. Trotz deutlicher Nachfragesteigerung bei gleichbleibenden Ressourcen konnte vielen Neugeborenen eine hochwertige pädaudiologische Versorgung angeboten werden. Das diagnostische Vorgehen in der hier untersuchten Follow-Up-II-Einrichtung ist damit ein gutes Vorbild dafür, wie trotz steigender Nachfrage die Qualität des Neugeborenen-Hörscreenings inklusive Follow-Up erhalten und eine effektive wie effiziente Umsetzung des Screening-Programmes erzielt werden kann.
Umfang:78 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0162