Zytotoxische Wirkung von Vertebroplastie- und Kyphoplastiezementen auf die Osteoblastenzelllinie MC3T3-E1

Bei der Vertebroplastie und Kyphoplastie handelt es sind um minimalinvasive, operative Verfahren zur Behandlung von Wirbelkörperfrakturen osteoporotischer, traumatischer oder neoplastischer Genese. Dabei wird hochvisköser Zement unter radiologischer Kontrolle über eine Hohlnadel in den Wirbelkörper...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Eberbach, Lisa
Beteiligte: Krüger, Antonio (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Bei der Vertebroplastie und Kyphoplastie handelt es sind um minimalinvasive, operative Verfahren zur Behandlung von Wirbelkörperfrakturen osteoporotischer, traumatischer oder neoplastischer Genese. Dabei wird hochvisköser Zement unter radiologischer Kontrolle über eine Hohlnadel in den Wirbelkörper eingespritzt, welcher innerhalb weniger Minuten aushärtet und so den frakturierten Wirbel intrinsisch stabilisiert. Der Unterschied zwischen beiden Verfahren besteht darin, dass bei der Kyphoplastie der Wirbelkörper zuvor zusätzlich durch einen Ballon aufgerichtet wird. Beide Methoden führen bei einem Großteil der Patienten zu einer sofortigen, signifikanten Schmerzreduktion und erlauben in der Regel eine frei-funktionelle Mobilisierung bereits am ersten Tag nach der Operation. Obwohl es sich um erfolgreiche sowie etablierte Verfahren handelt, gibt es bis dato nur wenige Studien, die sich mit der Interaktion zwischen dem verwendeten Zement und dem umliegenden Gewebe befassen. Es finden sowohl bei der Kyphoplastie, als auch bei der Vertebroplastie verschiedene Arten von Zementen Anwendung. Die beiden Hauptgruppen sind: Zemente mit Polymethylmethacrylat und Zemente mit Calciumphosphat als Hauptbestandteil. Diese Studie untersuchte in vitro die potenzielle Zytotoxizität der beiden Zementgruppen auf Zellen der murinen osteoblastären Zelllinie MC3T3-E1 sowie den Effekt von Konzentration und Expositionsdauer. Um die mögliche Zytotoxizität zu quantifizieren, kamen die Methoden Mikroskop-Kamera, Neutral-Rot-Test, xCELLigence Real-Time Cell Analysis und Durchflusszytometrie (FACS) zum Einsatz. Mit Hilfe der Mikroskopkamera konnte dabei die Adhärenz, Konfluenz und Morphologie der Zellen deskriptiv erfasst werden. Außerdem wurde die Zellviabilität mittels Neutralrot-Test bestimmt und die Durchflusszytometrie analysierte die jeweiligen Zellzyklusphasen. Die Messungen erfolgten zu definierten Testzeitpunkten nach 24 h, 48 h und 72 h. Um die Zellproliferation zusätzlich in Echtzeit zu bestimmen, wurde ein xCELLigence Real-time Cell Analyzer verwendet. Zur Ermittlung eines möglichen Konzentrationseffektes wurde Nährmedium für 72 h mit einer definierten Menge ausgehärtetem Zements inkubiert und anschließend in den Konzentrationen 1:10 und 1:20 zu den Zellen gegeben. In den genannten Testverfahren zur Analyse der Zytotoxizität zeigten sich bei den Polymethylmethacrylat-Zementen keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur Kontrolle. Demgegenüber standen die signifikante Verminderung von Konfluenz, Viabilität und Proliferation und der erhöhte Anteil von apoptotischen Zellen in der sub-G1-Phase bei dem getesteten Calciumphosphat-Zement. Die höheren Konzentrationen des mit Zement inkubierten Mediums zeigten in allen Versuchen eine tendenziell toxischere Wirkung; dieser Unterschied erreichte in der statistischen Testung jedoch keine ausreichende Signifikanz. Die Ergebnisse sprachen bei den Polymethylmethacrylat -Zementen für einen Erholungseffekt der Zellen mit zunehmender Dauer. So nahm die Konfluenz, Viabilität und Proliferation nach 48 h und 72 h im Vergleich zu 24 h zu und auch in der Durchflusszytometrie (FACS) zeigte sich nach 48 h eine signifikante Abnahme der Zellen in der sub-G1-Phase. Bei den Calciumphosphatzementen zeigte sich dieser Effekt dagegen nicht und die zytotoxische Wirkung war jeweils nicht reversibel. Diese Arbeit beschreibt erstmals die Zytotoxizität von Calciumphosphat-Zementen auf Zellen der murinen ostoeblastären Zelllinie MC3T3-E1 in vitro und zudem den Einfluss der Konzentration und Expositionsdauer. Allerdings sind auch wichtige Limitationen bei der Interpretation zu beachten. In vivo finden in Wirbelkörpern beispielsweise nicht nur Interaktionen mit Osteoblasten statt, dort sind deutlich komplexere Regulationsmechanismen des Knochenauf- und abbau zu finden, wobei verschiedenste Zelltypen, eine speziell mineralisierte Extrazellulärmatrix, Wachstumsfaktoren, Hormone und Puffersysteme beteiligt sind. Des Weiteren ist die Aussagekraft der Ergebnisse durch die begrenzte Versuchsdauer limitiert. In vivo besteht die Exposition gegenüber dem potentiell zytotoxischen Zement oftmals für Jahrzehnte. Weitere Studien, sowohl in vivo als auch in vitro, über einen deutlich längeren Zeitraum sind erforderlich, um neue Zemente mit optimalen biomechanischen Eigenschaften, aber vor allem auch mit einer reduzierten toxischen Wirkung auf die im Knochen vorhandenen Zellen sowie die extrazelluläre Matrix zu entwickeln. Dadurch könnten die etablierten Verfahren der Vertebro- und Kyphoplastie optimiert und so das Behandlungsergebnis für den Patienten noch weiter verbessert werden.
Umfang:80 Seiten
DOI:10.17192/z2022.0014