Leitstruktursuche mithilfe eines kristallographischen Fragment-Screenings zur Inhibierung des Klasse-II-Chaperons IpgC aus Shigella flexneri
Die Shigellenruhr ist eine entzündliche Erkrankung des Dickdarms, welche durch die Bakteriengattung Shigella ausgelöst wird. Sie tritt vorwiegend in Entwicklungsländern auf und fordert jährlich eine hohe Zahl an Todesopfern. Zur Pathogenitätsentwicklung müssen die Bakterien in die Epithelzellen des...
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Beteiligte: | |
Format: | Dissertation |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
Philipps-Universität Marburg
2021
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Schlagworte: | |
Online-Zugang: | PDF-Volltext |
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Zusammenfassung: | Die Shigellenruhr ist eine entzündliche Erkrankung des Dickdarms, welche durch die Bakteriengattung Shigella ausgelöst wird. Sie tritt vorwiegend in Entwicklungsländern auf und fordert jährlich eine hohe Zahl an Todesopfern. Zur Pathogenitätsentwicklung müssen die Bakterien in die Epithelzellen des Dickdarms eindringen. Dazu verwenden sie ein Typ-III-Sekretionssystem. IpgC – ein Klasse-II-Chaperon – tritt mit einer Vielzahl an relevanten Proteinen in Wechselwirkung und ist somit für den Befall der Epithelzellen essentiell. Im Zentrum dieser Arbeit stand daher die Suche nach einer Leitstruktur zur Inhibierung des für die Ausbildung der Shigella-Pathogenität notwendigen Chaperons IpgC.
Das Protokoll zur heterologen Produktion und Reinigung von IpgC wurde aus vorherigen Arbeiten übernommen und geringfügig verändert. Der erste Schritt bestand darin, eine Kristallisationsbedingung für IpgC zu etablieren. Dazu kam zunächst eine am C-Terminus um vier Aminosäuren verkürzte Proteinvariante zum Einsatz. Mit dieser Variante konnte eine Kristallisationsbedingung gefunden werden, welche jedoch Kristalle entstehen ließ, die höchstwahrscheinlich aufgrund ihres sehr hohen Lösungsmittelgehalts ein zu geringes Streuvermögen besaßen. Neben dem Versuch, eine besser kristallisierbare Proteinvariante unter Anwendung des Prinzips der Oberflächenentropiereduktion zu ermitteln, wurde eine weitere, am N-Terminus um zusätzliche neun Aminosäuren verkürzte Variante für Kristallisationsexperimente verwendet. Mit dieser Proteinvariante konnten schließlich Kristalle mit hohem Streuvermögen gezüchtet werden. Trotz der Tatsache, dass diese Kristalle überwiegend verzwillingt waren, gelang es, die Struktur von IpgC zu bestimmen. Mit einer Auflösung von 1.58 Å wurde die erste hochauflösende Kristallstruktur für IpgC erhalten. Im Vergleich zu den bis dato in der PDB deponierten IpgC-Strukturen konnte neben einer deutlich besseren Auflösung eine bislang noch nicht beobachtete Dimer-Anordnung des Proteins erhalten werden. Dies könnte in Zukunft noch eine wichtige Rolle spielen, denn auch in Lösung liegt IpgC als Dimer vor.
Mit der gefundenen Kristallisationsbedingung war es möglich, ein kristallographisches Fragment-Screening unter Verwendung einer hauseigenen Fragment-Bibliothek (96 strukturell verschiedene Fragmente) durchzuführen. Es konnten zehn Fragment-Hits identifiziert werden. Diese hatten an insgesamt fünf unterschiedlichen Stellen gebunden. Die meisten Fragmente hatten in einer Tasche im Interface des Dimers (Interface-Tasche 1) gebunden.
Im Anschluss an das kristallographische Fragment-Screening wurden die 96 Fragmente erneut für die Durchführung eines Thermal-Shift-Assays verwendet. Dieses Assay hatte zum Ziel, die im kristallographischen Fragment-Screening gefundenen Hits zu bestätigen. Es konnten jedoch keine Fragmente gefunden werden, die den Schmelzpunkt des Proteins erhöhten, was auf einen stabilisierenden Effekt hingedeutet hätte. Stattdessen wurden 26 Fragmente identifiziert, die den Schmelzpunkt herabsetzten. Darunter befanden sich einige Fragmente, die beim kristallographischen Fragment-Screening als Hit identifiziert worden waren und im Interface des Dimers gebunden hatten. Dies könnte darauf hindeuten, dass einige der im Interface gebundenen Fragmente das Dimer durch das Aufbrechen von H-Brücken destabilisieren.
Die im Interface vorgefundenen Fragmente wurden als guter Startpunkt zur Entwicklung von Wirkstoffen angesehen. Mittels in silico-Docking und unter Verwendung des Programms SeeSAR sollten potentielle Follow-up-Verbindungen ermittelt werden, die auf den Fragment-Hits aufbauen, jedoch eine verbesserte Affinität besitzen. Durch die Verwendung ausschließlich kommerziell erhältlicher Verbindungen konnte eine aufwändige Synthese der Verbindungen vermieden werden. Aufgrund vielversprechender Docking-Resultate und aufbauend auf drei Fragment-Hits wurden 17 Follow-up-Verbindungen ausgewählt.
Anhand von Soaking-Experimenten und anschließender Kristallstrukturbestimmung sollten aus diesen 17 Follow-up-Verbindungen die Substanzen ermittelt werden, die tatsächlich mit IpgC einen Komplex eingehen. Zwei Verbindungen konnten eindeutig als Hit identifiziert werden. Eine weitere Verbindung stellt einen zusätzlichen potentiellen Hit dar. Zwei dieser Verbindungen (U08 und U11) hatten – wie vorhergesagt – in Interface-Tasche 1 gebunden. Eine dieser beiden Verbindungen (U11) bestätigte den bei J20 beobachteten Bindungsmodus und füllte den hydrophoben Bereich der Bindetasche im Vergleich zu J20 deutlich besser aus. Die dritte Verbindung (U09) nahm wider Erwarten eine vollkommen andere Bindestelle ein. Genau diese Bindestelle ist jedoch von großer Bedeutung. Es handelt sich um die bislang einzige bekannte Bindestelle eines Interaktionspartners, nämlich um eine Bindestelle von IpaB. Mit den Follow-up-Verbindungen U09 und U11 konnten zwei für zukünftige Experimente bedeutende Liganden ermittelt werden.
Es wurden ebenfalls Experimente mit einigen Interaktionspartnern von IpgC durchgeführt. Spa13 – Bestandteil des Typ-III-Sekretionssystems – sollte in dieser Arbeit kloniert, rekombinant produziert und gereinigt werden, um letztlich sowohl die dreidimensionale Struktur von Spa13 als auch die Struktur des IpgC-Spa13-Komplexes röntgenkristallographisch bestimmen zu können. Es konnte ein Protokoll zur heterologen Produktion und Reinigung von Spa13 etabliert werden. Neben der Produktion als GST-Fusionsprotein wurde Spa13 als MBP-Fusionsprotein produziert. Mithilfe des GST-Tags wurde nur unlösliches Protein erhalten. Mithilfe des MBP-Tags konnte Spa13 jedoch in löslicher Form produziert und gereinigt werden. Allerdings stellte sich heraus, dass Spa13 in hochaggregierter Form vorlag, wodurch eine vollständige Darstellung erschwert wurde. Aus diesem Grund konnte Spa13 letztendlich nicht vollständig rein und monodispers erhalten werden. Auch der Versuch, Spa13 zusammen mit seinem Interaktionspartner IpgC zu produzieren, führte nicht zum Erfolg.
Um dennoch Informationen über die Interaktion zwischen IpgC und Spa13 zu erhalten, wurde ein Peptid-Microarray durchgeführt. Dabei wurden Sequenzabschnitte von Spa13 auf einer Membran fixiert. Der Nachweis der Interaktion dieser Peptide mit IpgC sollte mithilfe geeigneter Antikörper erfolgen. Auf diese Weise sollte das Bindungsepitop von Spa13 ermittelt werden. Die Ergebnisse waren jedoch nicht aufschlussreich. Nur eine der drei Positivkontrollen war tatsächlich erfolgreich. Für zwei der Spa13-Peptide konnte ein sehr schwaches Signal erhalten werden. Diese Peptid-Sequenzen konnten in ersten Versuchen mittels MST jedoch nicht als IpgC-Bindungsepitop bestätigt werden. Dies lag z.T. an der eingeschränkten Löslichkeit der Spa13-Peptide.
Die Bindungsepitope von MxiE und IpaC konnten bereits in vorherigen Arbeiten ermittelt werden. Darauf aufbauend wurde in dieser Arbeit versucht, die Struktur von IpgC mit den
Bindungsepitopen von MxiE und IpaC zu ermitteln. Dazu wurden Kokristallisationsexperimente durchgeführt. Im Falle der Kokristallisation von IpgC mit dem MxiE-Peptid stellte sich jedoch nach Erhalt ausreichend streuender Kristalle mehrfach heraus, dass das Peptid nicht gebunden hatte. Die Kokristallisation von IpgC mit dem IpaC-Peptid gelang mithilfe der für IpaB bekannten Kokristallisationsbedingung. Hier konnte zwar ein Datensatz bis zu einer Auflösung von 2.62 Å gesammelt werden, mit diesem gelang jedoch aus bislang ungeklärten Gründen die Strukturbestimmung nicht. |
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Umfang: | 280 Seiten |
DOI: | 10.17192/z2021.0513 |