Chiroptische Untersuchungen des Photodetachments elektrogesprayter Anionen

Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neues Chiralitätsspektrometer für chiroptische Untersuchungen an mittels Elektrosprayionisation (ESI) erzeugten Anionen konzipiert. Eine ESI-Quelle wurde über eine Reihe von Ionentransferoptiken mit einem linearen Flugzeitmassenspektrometer (TOF-MS) und einer Elektr...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Krüger, Peter
Beteiligte: Weitzel, Karl-Michael (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2021
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neues Chiralitätsspektrometer für chiroptische Untersuchungen an mittels Elektrosprayionisation (ESI) erzeugten Anionen konzipiert. Eine ESI-Quelle wurde über eine Reihe von Ionentransferoptiken mit einem linearen Flugzeitmassenspektrometer (TOF-MS) und einer Elektronenabbildungseinheit gekoppelt. Im Zentrum des Chiralitätsspektrometers wechselwirken Ionenpakete mit elliptisch polarisierten ns-Laserpulsen einer Wellenlänge von 355 nm. Dabei gebildete sowie vernichtete Ladungsträger können im Falle von Ionen massenaufgelöst oder bei der Betrachtung von Photoelektronen richtungsaufgelöst über dafür vorgesehene Detektoreinheiten nachgewiesen werden. Dies erlaubt die Bestimmung des Circulardichroismus in totalen Ausbeuten (PICD) sowie des Circulardichroismus in der Photoelektronen-Winkelverteilung (PECD). Die Eignung des beschriebenen Aufbaus für die Chiralitätsanalyse elektrogesprayter Anionen wurde in proof-of-principle-Experimenten an zwei unterschiedlichen Aminosäuren untersucht. Als Analyten wurden 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) und Glutaminsäure (GLU) ausgewählt. Im Falle von DOPA wurde das Einphotonendetachment von Monoanionen untersucht. Am Beispiel von GLU wurde das Einphotonendetachment einer Verteilung unterschiedlich solvatisierter Dianionen betrachtet. Dem Photodetachment können dabei Decarboxylierungs- und Autodetachmentvorgänge folgen. Der PICD wurde in der Verarmung der genannten Präkursoranionen, in totalen Photoelektronenausbeuten und – falls vorhanden – anhand der Bildung neuer Radikalanionen bestimmt. Trotz Standardfehler im unteren Promille-Bereich konnte keine Unterscheidung der L- und D-Aminosäuren vorgenommen werden, da im Rahmen der Fehlerbalken ununterscheidbare PICD-Werte erhalten wurden. Bedingt durch apparative Anisotropien sind geringe Abweichungen des PICD vom Nullwert festgestellt worden. Um Instabilitäten der Präkursorionenausbeute sowie der mittleren Laserleistung im Messverlauf zu berücksichtigen, wurden verschiedene Normierungsansätze verglichen. Die Ausbeutedifferenzen der betrachteten Ladungsträger durch Lasereinwirkung wurden auf parallel gemessene Hintergrundionenausbeuten und/oder die mittlere Laserleistung bezogen. Es konnte zwar in Einzelfällen eine Reduzierung der Standardfehler belegt werden, allerdings war keine zuverlässige Kompensation systematischer Fehler nachzuweisen. Durch eine Auswertung der in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung emittierten Photoelektronen konnte der PECD für die mittels ESI erzeugten Präkursorverteilungen der beiden Aminosäuren DOPA und GLU bestimmt werden. Für L- und D-DOPA wurden PECD-Werte von −4.64 % ± 0.24 % bzw. 4.36 % ± 0.25 % erhalten. L- und D-GLU zeigten mit PECD-Werten von 3.62 % ± 0.15 % bzw. −3.79 % ± 0.14 % weniger ausgeprägte Vorwärts-Rückwärts-Asymmetrien mit umgekehrtem Vorzeichen bei gleicher absoluter Konfiguration. Am Beispiel der untersuchten Aminosäuren konnte somit zum ersten Mal der PECD im Photodetachment nachgewiesen werden. Die dabei erhaltenen Werte im einstelligen Prozentbereich belegen das Potential der im Rahmen dieser Arbeit entwickelten ESI-PECD-Methodik für Chiralitätsanalysen. Um die Erweiterung des zugänglichen Analytspektrums zu demonstrieren, wurden chiroptische Studien an dem Peptid Gramicidin (GRA) durchgeführt. Das Einphotonendetachment zweifach-deprotonierten Gramicidins wurde mit links und rechts zirkular polarisierten Laserpulsen ausgelöst. PECD und PICD wurden anhand von Photoelektronenausbeuten in Vorwärts- und Rückwärtsrichtung bzw. deren Summe bestimmt. Ziel der Untersuchungen des strukturell flexiblen Gramicidins war eine Bestätigung der Konformations-Empfindlichkeit des PECD-Effektes für Photodetachmentvorgänge. Zu diesem Zweck wurde die Abhängigkeit des PECD von der ESI-Solventhistorie untersucht. Lösungen von GRA in reinem Methanol sowie Wasser/Methanol-Mischungen wurden analysiert. Obwohl gemäß konventioneller CD-Spektren unterschiedliche Konformationsverteilungen in der Flüssigphase vorliegen, wurden in der Gasphase vergleichbare PECD- und PICD-Werte bestimmt. Dieses Resultat weist auf ähnliche Gasphasen-Konformationen hin, welche aus einer strukturellen Equilibrierung in der Ionenfalle und dem Verlust nicht-kovalenter Bindungen bei der Überführung in die Gasphase resultieren können. Weiterhin wurde der Einfluss der Substitution von Protonen durch Caesiumionen in GRA-Dianionen auf die chiroptischen Observablen untersucht. Für die nach der Zugabe eines CsOH-Überschusses erhaltene Präkursorverteilung wurde ein positiver PECD von 0.45 % ± 0.14 % gemessen. Dieser Wert weicht vom Resultat einer reinen GRA-Lösung mit −0.46 % ± 0.21 % ab. Die Veränderung des PECD-Wertes kann durch elektronische Struktureinflüsse oder Konformationsanpassungen bei besagter Substitution zustande kommen. Der PICD-Wert blieb im Rahmen der Messunsicherheiten unverändert. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte ESI-PECD-Methodik, d. h. die Untersuchung des PECD im Photodetachment elektrogesprayter Anionen, hat verschiedene Vorteile gegenüber der bis zum jetzigen Zeitpunkt etablierten Messung des PECD in der Photoionisation von Neutralteilchen. Neben der Erweiterung des Analytspektrums bietet die Nutzung einer ESI-Quelle Zugang zu anionischen Präkursorspezies. Letztere können im Allgemeinen durch einzelne UV-Photonen photodetacht werden. Die Vermeidung einer Abhängigkeit von resonanten Zwischenzuständen verspricht eine allgemeine Anwendbarkeit der Methodik. Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Nutzung von Präkursoranionen ist eine Reduzierung der technischen Anforderungen an die Lichtquellen. Verglichen mit Multiphotonen-Laborexperimenten an Neutralteilchen wird weniger intensive Strahlung benötigt und im Vergleich mit Synchrotron-Studien ist deutlich weniger Photonenenergie erforderlich. Zudem bieten geladene Präkursoren die Möglichkeit einer vorgelagerten Massenselektion und erlauben somit eine massenaufgelöste Bestimmung des PECD ohne die Anwendung von Koinzidenz-Techniken, welche im Allgemeinen lange Messzeiten durch eine Limitierung der verwendbaren Zählraten zur Folge haben.
Umfang:234 Seiten
DOI:10.17192/z2021.0502