Die Entstehung, Aufrechterhaltung und Therapie chronischer Schmerzen im Kontext von Erwartungsverletzungen

Erwartungen in Form von befürchteter Schädlichkeit von Bewegungen (‚threat beliefs‘) wird bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen eine entscheidende Rolle zugeschrieben und können einen Ansatzpunkt zur Optimierung von Expositionstherapie darstellen. Der Einfluss von Erwartunge...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Körfer, Karoline
Beteiligte: Glombiewski, Julia (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2020
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Erwartungen in Form von befürchteter Schädlichkeit von Bewegungen (‚threat beliefs‘) wird bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen eine entscheidende Rolle zugeschrieben und können einen Ansatzpunkt zur Optimierung von Expositionstherapie darstellen. Der Einfluss von Erwartungen und Erwartungsveränderungen ist im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen bislang nur unzureichend verstanden. Das Ziel der vorliegenden Dissertation war es daher den Einfluss von Erwartungen auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzstörungen und die Nutzbarmachung von Erwartungen in der psychologischen Schmerztherapie zu untersuchen. Mit einer längsschnittlichen prospektiven Befragung von PatientInnen mit akuten Schmerzen (N = 30) wurde untersucht, ob selbstkonzeptrelevante Erwartungen die Entstehung chronischer Schmerzstörungen begünstigen (Studie I). Die Befürchtung, aufgrund der Schmerzen nicht den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden (= Selbstverstrickung), sagte die Schmerzbeeinträchtigung drei Monate später über den Einfluss von Katastrophisierung und Schmerzangst hinaus vorher. In einem experimentellen Paradigma mit längsschnittlicher Erweiterung (Studie II) wurde an ProbandInnen mit subklinischen Schmerzstörungen (N = 73) untersucht, ob induzierte schmerzbezogene Erwartungen durch wiederholte gegenteilige Erfahrung angepasst werden. ProbandInnen, die eine Schmerzsteigerung erwarteten, berichteten eine größere Erwartungs-verletzung durch die sinkenden Hitzereize als ProbandInnen, die eine Schmerzreduktion erwarteten. Entgegen unserer Hypothese zeigte sich eine stärkere Erwartungsanpassung in der Gruppe, die eine Schmerzreduktion erwartete. Unabhängig von der experimentellen Bedingung korrelierte die Stärke der Erwartungsverletzung mit einer Erwartungsveränderung und einer Generalisierung der Lernerfahrung auf Selbstwirksamkeitserwartungen. In einer dritten, ebenfalls experimentellen und längsschnittlichen Studie (III) mit gesunden weiblichen Probandinnen (N = 116) untersuchten wir, ob sich die Wirksamkeit und Ökonomie von Schmerzkonfrontationen durch eine therapeutische Anleitung zur Erwartungs-überprüfung im Vergleich zur therapeutischen Anleitung zur Habituation optimieren lassen. Während das Expositionskriterium in der Erwartungsüberprüfungsbedingung nach deutlich weniger Durchgängen erreicht wurde als in der Habituationsbedingung, unterschieden sich die beiden Bedingungen nicht bezüglich der Veränderung in schmerzbezogenen Zielgrößen (Schmerztoleranz und kognitiver Bewältigung), weder direkt im Anschluss noch eine Woche später. Zusammenfassend liefern die Ergebnisse des vorliegenden Dissertationsprojekts Hinweise dafür, dass Erwartungen in Form von Befürchtungen eine relevante Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzstörungen durch Beeinflussung der Schmerzwahrnehmung und Persistenz gegenüber gegenteiligen Erfahrungen spielen. Gleichzeitig scheint eine direkte Adressierung idiosynkratrischer Befürchtungen und die therapeutische Anleitung zur Befürchtungsüberprüfung expositionsbasierte Ansätze optimieren zu können. Daraus ergeben sich relevante Hinweise für Optimierung von Prävention und Intervention von chronischen Schmerzstörungen (z.B. durch Ansätze zur kognitiven Vorbereitung der Exposition).
Umfang:140 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0513