Untersuchungen zum Ladungsträger-Transport in amorphen Festkörpern mittels Ionen- und Elektronenbestrahlung sowie grenzflächensensitiver Sekundärionenmassenspektrometrie
Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Entwicklung und Charakterisierung einer niederenergetischen Elektronenkanone. Diese soll als Erweiterung der Hochvakuum-Methode des Bombardement induzierten Ionentransportes[1–11] (englisch: bombardment induced ion transport, kurz: BIIT, neu: charge attachment i...
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Beteiligte: | |
Format: | Dissertation |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
Philipps-Universität Marburg
2019
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Schlagworte: | |
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Zusammenfassung: | Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Entwicklung und Charakterisierung einer niederenergetischen Elektronenkanone. Diese soll als Erweiterung der Hochvakuum-Methode des Bombardement induzierten Ionentransportes[1–11] (englisch: bombardment induced ion transport, kurz: BIIT, neu: charge attachment induced ion transport, kurz: CAIT) dienen. Mittels Elektronenbestrahlung werden im Rahmen dieser Arbeit Ionentransport und Redoxprozesse in Festkörperelektrolyten wie natriumhaltigen Calcium-Phosphatgläsern, lithiumhaltigen Vanadium-Phosphatgläsern sowie natrium- und kaliumhaltigen Borosilikatgläsern untersucht. Die Transportprozesse in den Proben werden mit Hilfe von Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometrie (englisch: time-of-flight secondary ion mass spectrometry, kurz: ToF-SIMS) in Form von Konzentrations-Tiefenprofilen sichtbar gemacht.
Der erste Teil dieser Arbeit beinhaltet den Aufbau und die Optimierung der niederenergetischen Elektronenkanone. Die Elektronenoptik wird dabei nach der Vorlage von ERDMAN und ZIPF konstruiert[12]. Als Elektronenquelle wird ein Haarnadelfilament verwendet. Eine große Herausforderung besteht darin, die Elektronenoptik so zu gestalten, dass die Elektronen beschleunigt und in Richtung der Probe geleitet werden können, ohne diese dabei zu beschädigen. Die sanfte Anlagerung der Elektronen auf der Probenoberfläche wird durch die Verwendung einer Edelstahlmaske, die auf der Probe aufliegt, realisiert. Die Maske selbst ist nicht geerdet, sondern lädt sich durch die ankommenden Elektronen auf das Oberflächenpotential der Probe auf. Im Bereich der Maskenöffnung ist damit eine homogene Aufladung der Probenoberfläche garantiert.
Durch diese Aufladung bildet sich im Probenmaterial ein Potential- und Konzentrationsgradient aus, durch den Transportvorgänge in der Probe hervorgerufen werden. Für die Bestrahlung mit Elektronen sind zwei modi operanti möglich. Die Leitfähigkeit des Materials kann durch Anbringen einer Elektrode auf der Probenrückseite, der Seite, die nicht vom Elektronenstrahl ausgeleuchtet wird, sowie die Aufzeichnung des Stromflusses durch die Probe bei verschiedenen Beschleunigungsspannungen und Probentemperaturen ermittelt werden.
Messungen des Stromflusses bei konstanter Spannung und einer ausgewählten Probentemperatur bei ansonsten gleicher Probenpräparation werden dazu genutzt, Konzentrations-Tiefenprofile in die Probe einzuschreiben. Über die Visualisierung dieser Profile mittels ToF-SIMS ist es möglich, Informationen über die (elektro-) diffusiven Prozesse sowie die beteiligten Ladungsträger zu erhalten.[1,6,7,10,11]
Zusätzlich zur Elektronenkanone werden zwei neue Probenhalter für das BIIT-Experiment entworfen. Dabei besteht die Herausforderung darin, den von J. MARTIN[13] und D. BUDINA[14] entwickelten Probenhalter entlang der z-Achse drehbar zu gestalten, so dass eine Bestrahlung mit Elektronen und Kationen nacheinander ohne Belüften der Vakuumkammer erfolgen kann. Für den zweiten Neuentwurf gilt es, eine simultane Bestrahlung mit zwei Spezies zu ermöglichen. Für diesen Prototypen wird daher auf das Heizen der Probe sowie die Messung des Rückseitenstroms verzichtet. Die Fixierung der Probe wird durch zwei Edelstahlmasken realisiert, zwischen die die Probe geklemmt wird.
Um zu zeigen, dass Messungen mit Elektronen vergleichbar gute Messungen liefern wie Kationen-Bestrahlungen, werden natrium- und kaliumhaltige Borosilikatgläser untersucht. Diese Gläser werden gewählt, da an ihnen bereits mehrfach Leitfähigkeitsmessungen mittels Kationen-Bestrahlung durchgeführt wurden.[13] Der Vergleich zwischen Elektronen- und Kationen-Bestrahlungen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung der Werte für die absolute Leitfähigkeit und Aktivierungsenergie der Probe.[15]
Im Anschluss an dieses proof-of-principle-Experiment wird der Einfluss der Beschaffenheit der Rückseitenelektrode auf die Transportprozesse im Material an dem System der Borosilikatgläser untersucht. Als Elektrodenmaterial wird dafür Gold, Platin, Chrom und Kupfer verwendet. Auf einer kurzen Zeitskala, das heißt bei nur geringen bewegten Ladungsmengen (Q < 2.5 mC) übt die Beschaffenheit der Rückseitenelektrode keinen signifikanten Einfluss auf die Prozesse im Material aus.[15,16] Auf einer langen Zeitskala, die mit einer größeren bewegten Ladungsmenge korreliert, ist allerdings zu beobachten, dass Kupferionen mobil werden und beginnen, sich von der Elektrode in das Glas hinein zu bewegen.[16]
Um weitere Informationen über die Mobilisierung des Kupfer-Elektrodenmaterials zu erhalten, werden sowohl Leitfähigkeits- als auch Langzeit-Messungen an Borosilikatgläsern mit unterschiedlich Dicken Kupferelektroden durchgeführt. Die Dicke der Elektrode ist dabei verbunden mit der Art und Weise wie die Elektrode auf das Glas aufgebracht wird.
Für die Dicken von 100 und 500 nm werden die Elektroden auf die Gläser gesputtert. Weiterhin kommen mechanisch auf die Probe gepresste Elektroden mit der Dicke von 500 nm und 0.05 mm sowie eine 2 mm dicke geklebte Elektrode zum Einsatz. Es ist ein signifikanter Einfluss sowohl von der Dicke als auch von der Art und Weise wie die Elektrode aufgebracht wird erkennbar.
In einer weiteren Messreihe wird Elektropoling[17–19] mittels Elektronenbestrahlung an einer Glasprobe, die von beiden Seiten mit dem gleichen Metall beschichtet ist, durchgeführt.
Hierbei kommen wieder Borosilikatgläser sowie die Metalle Gold, Platin, Chrom und Kupfer zum Einsatz. Die Ergebnisse zeigen, dass Poling auch mit Elektronenbestrahlung durchgeführt werden kann, wodurch ein Vorteil für sehr dünne oder brüchige Proben erreicht wird.
Ein anderes Projekt, das bearbeitet wird, beschäftigt sich mit der Untersuchung des Lithium-Vanadium-Phosphatglassystems der allgemeinen Zusammensetzung x Li2O (55-x) V2O5 45 P2O5. Dafür werden Gläser mit Lithiumanteilen von x = 0, 15, 20, 25, 30, 35, 40 und 55 mol-% synthetisiert und mit kombinierter Elektronenbestrahlung und ToF-SIMS-Analyse vermessen.
Zusätzlich werden die Glasübergänge sowie die Schmelzpunkte dieser Gläser ermittelt. Verschiedene Arbeiten an Gläsern ähnlicher Zusammensetzungen weisen auf eine gemischte ionische und elektronische Leitfähigkeit hin, wobei eine Unterscheidung zwischen den beiden Leitfähigkeits-Anteilen bislang noch nicht möglich war. [20–27] Durch systematische Elektronenbestrahlung ist es möglich, die Transportprozesse zu erkennen und zwischen ihnen zu unterscheiden. Zusätzlich dazu werden detaillierte Informationen zu den Redoxprozessen an den Grenzflächen der Proben durch kombinierte Elektronenbestrahlung und ToF-SIMS-Analyse gewonnen.
Natriumhaltige Calcium-Phosphatgläser finden als biomedizinische Werkstoffe zunehmend Verwendung.
[28–32] Um die zugrundeliegenden physikalischen und chemischen Prozesse näher zu untersuchen, werden zunächst Glasproben der Zusammensetzung 25 Na2O 30CaO 45 P2O5 hergestellt.
In einer Studie zu den Diffusionseigenschaften der Proben werden daran anschließend an vier Proben Kaliumionenbestrahlungen bei gleichen Bedingungen durchgeführt. Das eingeschriebene Tiefenprofil wird mittels ToF-SIMS-Analyse sichtbar gemacht. Im Anschluss werden die Proben bei vier verschiedenen Temperaturen künstlich gealtert, um chemische Diffusion hervorzurufen. Eine daran anschließende erneute ToF-SIMS-Analyse hält die Veränderungen der Profile fest.
In einem weiteren Projekt kommt der Prototyp eines der neuentwickelten Probenhalter für eine kombinierte Bestrahlung von drei verscheidenen Proben mit Elektronen und Kaliumionen zum Einsatz. Die intrinsischen Veränderungen des Probenmaterials werden wieder mittels ToF-SIMS-Messungen im Anschluss an die Bestrahlungen sichbar gemacht.
Die hierbei untersuchten Proben sind ein Borosilikatglas sowie je ein Lithium-Vanadium- und Natrium-Calcium-Phosphatglas der Zusammensetzung x = 40 mol-%.
Die erhaltenen ToF-SIMS-Profile deuten auf zwei verschiedene Transportprozesse im Borosilikat- und Lithium-Vanadium-Phosphatglas hin. Im Calciumphosphatglas sind keine Veränderungen des Probenmaterials beobachtbar.
Ein letztes im Rahmen dieser Arbeit durchgeführtes Projekt beschäftigt sich mit der Veränderung der Sputterrate des ToF-SIMS. |
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Umfang: | 403 Seiten |
DOI: | 10.17192/z2019.0215 |