Veränderung der elektrischen Hirnaktivität während Vigilanzuntersuchungen im Hinblick auf unterschiedliche motivationale Testbedingungen
Einleitung und Methode: Tagesschläfrigkeit und Vigilanzminderung werden im Schlafmedizinischen Zentrum der Philipps-Universität Marburg mit Hilfe des in Marburg entwickelten Vierfachwahl-Reaktionszeit-Test VigiMar und des pupillo-graphischen Schläfrigkeitstests PST objektiviert. Wir untersuchten...
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Beteiligte: | |
Format: | Dissertation |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
Philipps-Universität Marburg
2018
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Schlagworte: | |
Online Zugang: | PDF-Volltext |
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Zusammenfassung: | Einleitung und Methode:
Tagesschläfrigkeit und Vigilanzminderung werden im Schlafmedizinischen Zentrum
der Philipps-Universität Marburg mit Hilfe des in Marburg entwickelten
Vierfachwahl-Reaktionszeit-Test VigiMar und des pupillo-graphischen Schläfrigkeitstests
PST objektiviert. Wir untersuchten beide Vigilanztests auf hirnelektrische
Korrelate von Vigilanzminderung und Schläfrigkeit mit Hilfe von
EEG-Messungen. Des Weiteren wurde untersucht, inwiefern sich unterschiedlich
hohe Motivation in den EEG-Aufzeichnungen widerspiegelt. Zudem wurden
hirnelektrische Aktivität in der Nacht und Testleistungen am nächsten Tag in
Bezug gesetzt.
In dem Zeitraum von Oktober 2012 bis September 2013 führten wir bei 20 gesunden
studentischen Mitarbeitern des Schlafmedizinischen Zentrums nach
Arbeitsnächten mit moderatem Schlafentzug (mittlere Schlafdauer 2,25 Stunden)
während der Durchführung des VigiMar und des PSTs EEG-Aufzeichnungen
durch. Jeder Proband wurde zweimal getestet: einmal unter der Testbedingung
„Belohnung“, einmal unter der Testbedingung „Teilnahme“. Belohnung
bedeutete, dass je nach Wachheit in den Tests bis zu 400 € ausgezahlt wurden.
Unter der Testbedingung „Teilnahme“ erfolgte lediglich eine pauschale Vergütung
von € 25 unabhängig von den Testergebnissen.
Aus den EEG-Aufzeichnungen wurde die relative und absolute Power innerhalb
der Frequenzbänder Delta (0,5 – 4,0 Hz), Theta (4,0 – 8,0 Hz), Alpha (8,0 – 13
Hz), Beta (13 – 30 Hz) und Gamma (30 – 70 Hz) berechnet. Außerdem wurde
die Total Power der einzelnen Bänder bestimmt.
Ergebnisse:
Hohe Alpha und Theta-Aktivität während des VigiMars gingen mit langsameren
Reaktionszeiten, also niedrigerer Vigilanz einher. Hohe Total-Power, Delta-,
Beta-, und Gamma-Aktivität gingen dagegen mit kürzeren Reaktionszeiten, also
höherer Vigilanz einher. Der Zusammenhang zwischen hoher Beta- und Gamma-
Aktivität und Vigilanz zeigte sich stärker unter Belohnungsbedingung als
unter Teilnahmebedingung.
Im PST zeigten sich nicht so klare Zusammenhänge, aber eine hohe Total Power
sowie eine hohe okzipitale Beta- und Gamma-Aktivität korrespondierten auch
in diesem Test mit einem geringeren Pupillenunruheindex (PUI), also höherer
Vigilanz.
Auf hohe Beta-Aktivität in der Nacht folgten am nächsten Morgen längere Reaktionszeiten
im VigiMar. Hohe nächtliche Delta-Aktivität korrespondierte mit
besseren Testleistungen.
Für den PST zeigten sich ähnliche Zusammenhänge nur unter Belohnungs-bedingungen:
Erhöhte nächtliche Beta- und Gamma-Aktivität gingen mit höherem
PUI, also niedrigerer Vigilanz einher. Auf hohe nächtliche Delta- und Theta-Aktivität
folgte ein niedrigerer PUI, also eine höhere Vigilanz.
Diskussion:
Für die hirnelektrische Aktivität während des VigiMars zeigten sich plausible,
mit der Literatur für ähnliche Testverfahren übereinstimmende Ergebnisse. Mit
Wachheit assoziierte Frequenzbänder (Beta und Gamma) korrespondierten mit
guten Testergebnissen, Alpha (entspannte Wachheit) und Theta-Aktivität
(Übergang Richtung Schlaf) weisen auf schlechte Testergebnisse hin. Die für
den PUI in dieser Studie erstmals aufgezeigten ähnlichen Zusammenhänge mit
dem Beta- und Gamma-Band weisen in eine ähnliche Richtung, sind aber nicht
ganz so robust. Auch die nach unserem Wissen erstmals in dieser Studie erfassten
Zusammenhänge zwischen EEG-Frequenzbändern in nächtlichen Kurzschlafphasen
und Vigilanztestergebnissen am nächsten Morgen sind augenscheinvalide.
Hohe nächtliche Beta-Aktivität, die für Wachheit spricht, wird von
schlechteren Testergebnissen gefolgt. Bessere Testergebnisse gehen mit höherer
tiefschlafassoziierte Delta-Aktivität einher. Für den PST zeigen sich wiederum
ähnliche Ergebnisse, die allerdings nur unter Belohnungs-bedingungen statistische
Bedeutsamkeit erreichen.
Die weniger deutlichen Ergebnisse des PST können der kürzeren Testzeit (11 vs.
90 Minuten, damit kleinere Datenbasis der Powerspektren) geschuldet sein
oder dafür sprechen, dass Ergebnisse des VgiMar besser mit EEG-Indikatoren
der Wachheit zusammenhängen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können
als „Proof of Concept“ für den VigiMar und eingeschränkt für den PST bewertet
werden, da hirnelektrische Aktivität während der Tests mit der in der vorherge-
henden Kurzschlafphase und mit den Testergebnissen in physiologisch zu erwartender
Weise zusammenhängen. |
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Umfang: | 123 Seiten |
DOI: | 10.17192/z2018.0420 |