Qualitative und quantitative Untersuchung des Riechvermögens von Patientinnen und Patienten mit allergischer Rhinitis unter allergenspezifischer Immuntherapie

Die allergische Rhinitis (AR) ist mit einer Lebenszeitprävalenz von 14,8% bei Patienten zwischen 18 und 79 Jahren in Deutschland die häufigste Erkrankung des atopischen Formenkreises und verursacht hohe gesundheitsbezogene Kosten (Schramm et al., 2003, Nathan, 2007). In den letzten Jahren wurde welt...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Witte, Britta
Beteiligte: Pfützner, Wolfgang (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die allergische Rhinitis (AR) ist mit einer Lebenszeitprävalenz von 14,8% bei Patienten zwischen 18 und 79 Jahren in Deutschland die häufigste Erkrankung des atopischen Formenkreises und verursacht hohe gesundheitsbezogene Kosten (Schramm et al., 2003, Nathan, 2007). In den letzten Jahren wurde weltweit ein Prävalenzanstieg der AR beobachtet. Patienten mit einer AR leiden häufig, neben typischen Symptomen wie nasalem Juck- und Niesreiz, Augenjucken und –tränen, an Einschränkungen des Riechvermögens. Die Wirksamkeit einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) wurde hinsichtlich der Verbesserung der genannten Kardinalsymptome und des Medikamentenverbrauchs in zahlreichen Studien belegt. Erste Untersuchungen zeigen, dass eine AIT auch die Riechfunktion von Patienten mit AR verbessert (Katotomichelakis et al., 2013; Tansuker et al. 2014). Da ein vermindertes Riechvermögen häufig zu Einschränkungen der Lebensqualität führt (Temmel et al., 2002), ist es sinnvoll, den Erfolg einer AIT hinsichtlich der Verbesserung der Riechfunktion genauer zu untersuchen. Ziel der vorliegenden Pilotstudie war es, festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Riechvermögen von Patientinnen und Patienten mit AR und einer AIT gibt. Gleichzeitig sollte untersucht werden, ob eine AIT einen therapeutischen Vorteil gegenüber einer symptomatischen Therapie hinsichtlich des Riechvermögens bietet. 13 Patienten unter AIT und zehn Patienten unter symptomatischer Therapie mit einem allergenspezifischen Beschwerdemaximum im Frühjahr (Birkenpollenallergiker) oder Sommer (Gräserpollenallergiker) wurden in die Studie eingeschlossen. Das Riechvermögen der beiden Patientengruppen wurde mittels Sniffin’ Sticks Testbatterie vor AIT-Einleitung im Herbst/ Winter, während der Saison des jeweils klinisch und für die AIT relevanten Pollenflugs (Frühjahr/Sommer) und ein Jahr nach AIT-Einleitung gemessen. Die subjektive Einschätzung des Riechvermögens und der allergischen Symptome wurden zu denselben Messzeitpunkten mittels Fragebögen erhoben. Nach einem Jahr AIT wurden allergische Beschwerden (Rhinitis, Augenprobleme und allergische Beschwerden insgesamt) geringer und Riech- und Schmeckvermögen, Appetit und Nasenatmung subjektiv besser als vor Therapieeinleitung eingeschätzt. Während der Saison des jeweils klinisch relevanten Pollenflugs schätzten Allergiker unter symptomatischer Therapie ihre Beschwerden statistisch signifikant stärker und ihr Riech- und Schmeckvermögen, ihren Appetit und ihre Nasenatmung schwächer ein als die Patienten unter AIT. Diese Tatsache lässt vermuten, dass eine AIT bereits nach einer Therapiedauer von sechs Monaten effektiv ist. Bezüglich der Duftidentifikation, Duftdiskrimination, Riechschwelle und des Gesamtriechscores zeigte sich zu keinem Messzeitpunkt ein signifikanter Unterschied zwischen den AIT-Patienten und der Kontrollgruppe. Nach zwölfmonatiger AIT konnte eine geringe Verbesserung des Gesamtriechscores (0,75 Punkte) und der Riechschwelle (0,25 Punkte) erreicht werden. Hinsichtlich des Alters, Geschlechts, eines vorbestehenden Asthma bronchiale und anderen vorbestehenden Allergien (z.B. Hausstaubmilbenallergie) ergab sich im Riechvermögen kein statistisch signifikanter Unterschied. Raucher konnten nach einem Jahr AIT statistisch signifikant besser riechen als die Nichtraucher. Die Pilotstudie bestätigt die Ergebnisse bisheriger Studien (Radcliffe, Lampe, & Brostoff, 1996; Mun et al., 2013; Katotomichelakis et al., 2013), dass eine AIT allergische Beschwerden subjektiv reduziert. Bislang gibt es keine Studie, die die Riechleistung von Patienten unter AIT mit Patienten unter symptomatischer Therapie vergleicht. Im Gegensatz zu Katotomichelakis et al. 2013 und Tansuker et al. 2014 konnte die Pilotstudie nur eine geringe Verbesserung des quantitativen Riechvermögens innerhalb des ersten Jahres einer AIT zeigen. Bezüglich der Verbesserung des Riechvermögens ergab sich gegenüber einer symptomatischen antiallergischen Therapie kein statistisch signifikanter Vorteil. Die fehlende Randomisierung, ein kleines und heterogenes Patientenkollektiv, ein kurzes Follow-up und ein nicht erfassbarer Placeboeffekt schränken die statistische Aussagekraft der Pilotstudie ein. Zusammenfassend gibt es Hinweise für einen Zusammenhang zwischen dem Riechvermögen von Patienten mit AR und einer AIT. Die klinischen Beschwerden am Riechorgan scheinen sich unter AIT zu verbessern. Hinsichtlich des Riechvermögens scheint aber eine AIT einer symptomatischen Therapie gegenüber keinen signifikanten Vorteil zu bieten.
Umfang:116 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0347