Der molekulare Mechanismus der Galektin-3-Rekrutierung in Multivesikuläre Körperchen zur polarisierten exosomalen Sekretion

Das Deckgewebe aller inneren und äußeren Körperoberflächen wird aus epithelialen Zellen gebildet, denen eine charakteristische Gliederung in einen apikalen und einen basolateralen Zelllpol gemein ist. Für den gerichteten Stofftransport und für die Integrität des Epithelgewebes ist der polare Protein...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bänfer, Sebastian
Beteiligte: Jacob, Ralf (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Deckgewebe aller inneren und äußeren Körperoberflächen wird aus epithelialen Zellen gebildet, denen eine charakteristische Gliederung in einen apikalen und einen basolateralen Zelllpol gemein ist. Für den gerichteten Stofftransport und für die Integrität des Epithelgewebes ist der polare Proteintransport essenziell. Ein wesentliches Element stellen dabei Sortierrezeptoren dar, zu denen das β-Galaktosid-bindende Protein Galektin-3 gehört. Dieses Lektin sortiert und verbindet Glykoproteine in einem endosomalen Kompartiment zu hochmolekularen Clustern und dirigiert diese dadurch an den apikalen Zellpol. Neben der Lokalisation im Endosom verfügt Galektin-3 im extrazellulären Raum über eine Schlüsselrolle in bedeutenden Prozessen wie der Immunmodulation oder der Signaltransduktion. Galektin-3 hat als Modulator folglich entscheidende Einflüsse auf die Tumorprogression, insbesondere die Angiogenese, sowie die Zelladhäsion, -Motilität und -Invasion. Galektin-3 trägt in sich keine Signal-Sequenz, die für eine Einsortierung in den klassischen, sekretorischen Weg für extrazelluläre Proteine sorgen könnte und wird unabhängig von dem Endoplasmatischen Retikulum/Golgi-Apparat exportiert. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer unkonventionellen Proteinsekretion. Sowohl der zugrundeliegende, biochemische Sekretionsmechanismus, der für die Sekretion von Galektin-3 verantwortlich ist, als auch die entsprechenden Sortiersignale sind bislang noch gänzlich unbekannt. In dieser Arbeit konnte Galektin-3 exklusiv im Lumen apikal sekretierter Exosomen nachgewiesen werden. Mithilfe ultrastruktureller Analysen, die einerseits auf der ultrahochauflösenden Lichtmikroskopie und andererseits auf der Elektronenmikroskopie aufbauten, konnte der Prozess der Galektin-3-Sortierung in bisher unerreichter Auflösung visualisiert werden. Dieser Prozess erfolgte an spezialisierten endosomalen Kompartimenten, den Multivesikulären Körperchen, und bestand aus der Rekrutierung, Sortierung und der Verpackung von Galektin-3 in intraluminale Vesikel. Außerdem wurden Computer-gestützte Simulationen der drei distinkten Abknospungsstadien erstellt, um die ultrastrukturellen Daten abzusichern und um die erreichte Lokalisations-Präzision zu bewerten. Für den Sortier- und Abschnürungsprozess wird ein spezieller Superkomplex benötigt, der passenderweise ESCRT-Komplex heißt (für Endosomal Sorting Complex required for Transport). Durch den Knockdown der Schlüsselkomponente Tsg101, die Verwendung eines spezifischen Inhibitors, sowie die Expression einer dominant-negativ wirkenden Mutante der AAA-ATPase Vps4a, konnte die exosomale Sekretion von Galektin-3 unterbunden werden. Dies führte in der Folge zu einer intrazellulären Akkumulation auf der begrenzenden Membran der Multivesikulären Körperchen. Durch eine in silico Gen-Analyse von 34 Wirbeltieren konnte ein hoch konserviertes Tetrapeptidmotiv PSAP im N-Terminus von Galektin-3 identifiziert werden, das zudem speziesübergreifend in bestimmten Abschnitten offensichtlich einer konvergenten Evolution unterlag. Zum ersten Mal konnte gezeigt werden, dass diese PSAP-Domäne Galektin-3 die direkte Bindung an Tsg101 ermöglicht. Durch diese direkte Interaktion werden die nachfolgende Sortierung und schließlich die exosomale Sekretion ausgelöst. Dementsprechend kann die direkte Interaktion durch die Mutation PSAP→ASAA unterbrochen werden, was zu einer erheblichen Verringerung der exosomalen Galektin-3-Sekretion führt. Bemerkenswerterweise konnte das PSAP-Sortiersignal auf das neutrale, exogen eingebrachte grün fluoreszierende Protein (GFP) übertragen werden, sodass GFP-PSAP im Gegensatz zum Wildtyp-GFP nunmehr exosomal sekretiert wurde. Der Prozess der Galektin-3-Sekretion steht damit in direkter Analogie zur viralen Freisetzung bestimmter behüllter Viren, wie z. B. dem Humanen Immundefizienz-, Ebola- und Marburg-Virus, die mithilfe der PSAP-Domäne den ESCRT-Komplex rekrutieren und direkt von der Plasmamembran abknospen können. Zusätzlich ergaben sich Hinweise auf eine mögliche funktionelle Rolle von Galektin-3 in der Sekretion von exosomalen Markerproteinen. Galektin-3 könnte somit eine neue Gruppe von endogenen Proteinen definieren, die nicht zum ESCRT-Superkomplex gehören und die durch die Markierung mit dem PSAP-Motiv exosomal sekretiert werden. Diese Arbeit konzipiert somit ein einzigartiges Modell, wie endogene Cargoproteine durch die PSAP-vermittelte direkte Interaktion mit Tsg101 für die exosomale Sekretion rekrutiert werden können. Dies eröffnet zudem neue Möglichkeiten für die polarisierte unkonventionelle Sekretion von zytoplasmatischen Proteinen, die in der Zukunft auch in der biomedizinischen Praxis Anwendung finden könnten.
Umfang:189 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0337