Entwicklung eines Mausmodells für die intrazerebrale Induktion einer zerebralen Immunreaktion

Bei der chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankung des ZNS, der Multiplen Sklerose, zeigen sich fokal inflammatorische, demyelinisierende Läsionen der weißen Substanz, welche u.a. T-Zellen gegen das körpereigene MOG aufweisen. Klinisch äußert sich die Erkrankung durch verschiedene Symptome wie z.B....

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Wegent, Ludmilla
Beteiligte: Pagenstecher, Axel (Prof. Dr.med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Bei der chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankung des ZNS, der Multiplen Sklerose, zeigen sich fokal inflammatorische, demyelinisierende Läsionen der weißen Substanz, welche u.a. T-Zellen gegen das körpereigene MOG aufweisen. Klinisch äußert sich die Erkrankung durch verschiedene Symptome wie z.B. Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen oder allgemein kognitive Defizite. Die Ätiologie der MS ist weitgehend ungeklärt. Die EAE ist ein Tiermodell für die MS, anhand welcher die Pathogenese der Erkrankung erforscht wird. So wird den Versuchstieren eine Emulsion bestehend aus MOG und CFA subkutan z.B. über den Flanken injiziert. Zur Verstärkung der Immunantwort kann zusätzlich Ptx verabreicht werden, welches die Permeabilität der BHS erhöht. Die MOG-haltige Emulsion führt zu einer Immunreaktion bei welcher u.a. naive CD4+T-Zellen aktiviert werden und zu Th1- bzw. Th17-Zellen differenzieren. IL-12 bewirkt dabei die Differenzierung der naiven T-Zellen zu Th1-Zellen, IL-23 zu Th-17 Zellen. Diese MOG-spezifischen T-Zellen können in das ZNS einwandern und dort Myelinscheiden der Neurone zerstören. Die Entzündung findet v.a. im Kleinhirn und Rückenmark statt und äußert sich bei den Tieren in Form von Gleichgewichtsstörungen und Lähmungen. In der vorliegenden Arbeit wurde die Induktion einer EAE insoweit abgewandelt, dass die Immunreaktion nur auf die ZNS-Ebene begrenzt wurde. Hierzu wurde den Versuchstieren mit Hilfe einer stereotaktischen Vorrichtung eine MOG-haltige Emulsion direkt in das Kleinhirnmarklager appliziert. Das Volumen der Emulsion wurde auf 3 µl/ Tier und die MOG-Konzentration auf 37 mg/ml begrenzt. So wurde sichergestellt, dass trotz der geringen Emulsionsmenge genügend MOG-Antigen zur Induktion einer Immunreaktion vorhanden war. Um die Immunantwort auf das ZNS zu begrenzen, musste das periphere Immunsystem „ausgeschaltet“ werden. Dazu verwendeten wir bei dem Experiment die transgene CA-Mauslinie, bei welcher die Untereinheiten des IL-12, p40 und p35, spezifisch nur in den Astrozyten unter transkriptioneller Kontrolle des GFAP-Promotors exprimiert werden. Die p40 Untereinheit ist außerdem ein Teil von IL-23, weshalb bei der CA-Mauslinie die beiden Interleukine 12 und 23 lediglich im ZNS synthetisiert werden können. Dadurch können die naiven T-Zellen im peripheren Immunsystem nicht aktiviert werden. Insgesamt wurden 88 Mäuse der CA-Tierlinie stereotaktisch am Kleinhirn operiert. Zur Negativkontrolle wurden 14 Mäuse der C57Bl/6-Linie, 17 Mäuse der IL-12p40-/--Linie und 3 Mäuse der MyD88-/-- Linie operiert. Die klinische Symptomatik der Versuchstiere wurde nach einem EAE-Score beurteilt. Bei langer Beobachtungszeit von maximal 42 Tagen entwickelten nahezu alle Tiere der CA-Linie eine Ataxie sowie häufig ein Kreisen. Diese Symptomatik als Zeichen der stattgefundenen Immunreaktion zu werten ist jedoch schwierig, da die Tiere der CA-Linie auf Grund der transgenen IL-12 Expression ab etwa der 12. Lebenswoche eine spontane Inflammation entwickeln. Einige der Tiere wurden über 30 Tage beobachtet, so dass es wahrscheinlich war, dass sie im Verlauf eine spontane Ataxie entwickeln würden. Darüber hinaus kann der operative Eingriff am Kleinhirn zu einer Verstärkung bzw. zu einem früheren Auftreten der Symptomatik geführt haben. Dauerhafte Lähmungen waren hingegen nicht zu verzeichnen. In den histomorphologischen sowie immunhistochemischen Untersuchungen sahen wir deutliche Entzündungszeichen wie Gewebeauflockerung sowie eine sowohl diffuse als auch lokale, die Injektionsstelle umgebende, Infiltration durch CD4+-, CD8+-, CD45+-Lymphozyten und Makrophagen. In der FACS-Analyse ließen sich nur wenige spezifisch aktivierte T-Zellen nachweisen. Insgesamt konnte bei 0,2-3% der Th1- und Th17-Zellen eine IFN-γ bzw. IL-17 Produktion nachgewiesen werden. In der peripher induzierten EAE lassen sich in frischen Läsionen ebenfalls ähnlich wenige MOG-spezifisch aktivierte CD4+-T-Zellen nachweisen. Zusammenfassend ist die Induktion einer zerebralen Immunreaktion prinzipiell möglich, es zeigt sich jedoch eine deutlich schwächere Immunreaktion im Vergleich zu einer peripher induzierten EAE. Eine Möglichkeit zum Nachweis MOG-spezifisch aktivierter T-Zellen wäre ein adoptiver Transfer. Hierzu extrahiert man die immunisierten T-Lymphozyten (Th1- und/oder Th17-Zellen) nach der Induktion aus den Versuchstieren und verabreicht diese einer Wildtyp-Maus. Würde es infolgedessen bei den Tieren zu EAE-Symptomen kommen, wäre eine spezifische T-Zellaktivierung sicher nachgewiesen. Im Großen und Ganzen kann das Verständnis der zerebralen Immunreaktion entscheidend für eine richtungsweisende Therapie bei autoimmunen ZNS-Erkrankungen wie der MS sein.
Umfang:101 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0329