Retrospektive Analyse der Lösungsorientierten Maltherapie (LOM®) zur Behandlung von Patienten mit starken und langandauernden Belastungssituationen

Mittlerweile gehören künstlerische Therapien vermehrt den multimodalen Therapieansätzen medizinischer Fachbereiche an, was sich in einigen S3-Leitlinien widerspiegelt. Ein Forschungsinteresse an der Kunsttherapie besteht schon seit langem, jedoch mangelt es in der Studienlage an standardisierter Ber...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Sterzer, Viviane
Beteiligte: Kalder, Matthias (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Mittlerweile gehören künstlerische Therapien vermehrt den multimodalen Therapieansätzen medizinischer Fachbereiche an, was sich in einigen S3-Leitlinien widerspiegelt. Ein Forschungsinteresse an der Kunsttherapie besteht schon seit langem, jedoch mangelt es in der Studienlage an standardisierter Berichtserstattung und oft sind nur vage Beschreibungen der zugrunde liegenden Behandlungsmaßnahmen angegeben, was die Bestimmung der Studienverfahren deutlich erschwert. Eine therapeutische Wirksamkeit der Kunsttherapie wird häufig in der nichtsprachlichen, emotionalen Kommunikation und Expression vermutet. Im Kontrast dazu steht die hier untersuchte „Lösungsorientierte Maltherapie – LOM®“, welche von Fr. Dr. Bettina Egger und Jörg Merz seit 1980 entwickelt wurde. LOM besitzt ein klar nachvollziehbares Therapiemanual mit sehr strukturierten Flowcharts zur Behandlung verschiedenster Anliegen mit Belastungen. Bei der LOM findet keine klassische Analyse oder Interpretation der Bilder statt. Die Lösung des Anliegens steht im Zentrum. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist die Beschäftigung mit dem Eindruck, den das gemalte Bild beim Patienten erzeugt und nicht dem Ausdruck oder der Expression von Emotionen. Die vermutete Wirkungsweise der LOM liegt darin, dass neu gemalte nicht belastendende Bilder abgespeichert werden und die emotional belasteten Erinnerungen durch einen strukturiert geführten Malprozess „übermalt“ werden. Neurobiologische Forschungsergebnisse zu dem Einfluss von emotionalen Belastungssituationen auf den Menschen unterstützen diesen Erklärungsansatz. Ziel dieser Arbeit ist die Analyse des kurzfristigen und langfristigen Outcomes der LOM anhand eines Patientenkollektives von 60 Patienten mit starken und langfristigen Belastungssituationen. Frau Dr. Egger bearbeitete alle Fälle selbst im Einzelsetting in ihrer Praxis. Die Patienten malten mit der nicht dominanten Hand, stehend an der Wand. Die Datenerhebung erfolgte mit Hilfe von standardisierten Fragebögen und detaillierter Dokumentation der Therapiestunden sowie mit Nachkontrollen nach Beendigung der Therapie. Zur Einschätzung des Ausmaßes der Belastung wurde das Ausmaß der Belastung = Subjective Units of Distress (SUD nach Wolpe), die positive Annäherung (PA nach Egger und Merz) an das gewünschte Ziel und die Stimmigkeit der positiven Kognition = Validity of Cognition (VoC nach Shapiro) abgefragt. Die Parameter wurden zu vier Messzeitpunkten erhoben: direkt vor und nach der maltherapeutischen Intervention, zeitnah nach Therapieende und mindestens 7 Monate bis hin zu 57 Monaten nach Therapieende. Es wurden die Durchschnittswerte und die Standardabweichung (in Klammern) für das Kollektiv ermittelt. Zu den vier Messzeitpunkten wurden folgende Werte erhoben: SUD - Reduktion der Belastung 8,5 (1,3); 1,6 (1,7); 1,4 (1,4); 0,8 (1,2), PA - positive Annäherung an das formulierte Therapieziel 3,2 (2,2); 8,2 (1,7); 8,4 (1,5); 9,0 (1,7) und VoC - positive Kognition 2,9 (1,5); 6,0 (0,9); 6,0 (1,0); 6,5 (0,8). Die Differenz zwischen den Ausgangswerten und den Werten bei Therapieende sowie den Werten bei der Langzeit-Verlaufskontrolle zeigten eine signifikante Belastungsreduktion (SUD: -7,0 (2,2); 0,8 (1,2); p=<0,0001), eine signifikant positive Annäherung an das formulierte Therapieziel (PA: 4,9 (2,6); 9,0 (1,7); p=<0,0001) und eine signifikant gesteigerte positive Kognition (VoC: 3,1 (1,9); 6,5 (0,8); p=<0,0001). Diese erste Beobachtungsstudie evaluierte ein standardisiertes Verfahren einer kunsttherapeutischen Intervention, noch nicht randomisiert und ohne Kontrollgruppe. Das Ergebnis zeigt sehr viele Anhalte für eine kurz- und langfristige Wirksamkeit der LOM zur signifikanten Reduktion von langandauernden und schweren Belastungen unterschiedlicher Genese und bildet somit eine sehr gute Grundlage für die weitere wissenschaftliche Evaluation. Studien mit entsprechend ausgebildeten unterschiedlichen LOM-Therapeuten, Hinzunahme weiterer klinischer Messinstrumente, größere Patientenkollektive und ein prospektives, randomisiertes kontrolliertes Studiendesign wären anzustreben, um diese Ergebnisse zu überprüfen. Von weiterem wissenschaftlichem Interesse wäre die Wirkung der LOM bei Patienten mit anderen psychischen Belastungen bei beispielsweise Tumorleiden oder chronischen Erkrankungen.
Umfang:101 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0203