Die diagnostische Aussagekraft der Schmerzlokalisation bei Brustschmerzpatienten in der Primärversorgung

Hintergrund Brustschmerz ist ein häufiges Symptom in der Primärversorgung. Die diagnostische Evaluation von Brustschmerzpatienten stellt für Hausärzte allerdings eine Herausforderung dar. Denn dem Leitsymptom Brustschmerz liegt ein breites Spektrum unterschiedlichster Erkrankungen zugrunde, worunte...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bönisch, Katharina
Beteiligte: Stefan Bösner (Priv. -Doz. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2014
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Hintergrund Brustschmerz ist ein häufiges Symptom in der Primärversorgung. Die diagnostische Evaluation von Brustschmerzpatienten stellt für Hausärzte allerdings eine Herausforderung dar. Denn dem Leitsymptom Brustschmerz liegt ein breites Spektrum unterschiedlichster Erkrankungen zugrunde, worunter die schwerwiegenden kardiovaskulären Ätiologien nur selten sind. Für die differentialdiagnostische Beurteilung wurde der Schmerzlokalisation bisher ein diskriminativer Nutzen zugesprochen. Das Ziel dieses Projektes war es, digitale Bilder der Schmerzlokalisationen für eine große Kohorte von Brustschmerzpatienten aus der Primärversorgung zu aggregieren, um dadurch vor allem die folgende Forschungsfrage zu beantworten: Ist die Schmerzlokalisation bei Brustschmerzpatienten in der Primärversorgung hilfreich, um zwischen der koronaren Herzkrankheit (KHK) und anderen Erkrankungen zu diskriminieren? Methode Es handelt sich bei diesem Projekt um die Sekundäranalyse einer diagnostischen Querschnittsstudie aus der Primärversorgung, in der 1212 Brustschmerzpatienten aus 74 Hausarztpraxen des Bundeslandes Hessen konsekutiv rekrutiert wurden. Hausärzte zeichneten u.a. die Schmerzlokalisation und -ausstrahlung in eine Thoraxgraphik auf einem standardisierten Erhebungsbogen ein. Ein unabhängiges Referenzkomitee entschied nach Ablauf der Nachbeobachtungsperiode über die zugrunde liegende Diagnose bei Erstkonsultation. Für die vorliegende Subanalyse wurden die Schmerzgraphiken von insgesamt 1211 Pateinten ausgewertet. Anhand einer speziell entwickelten Computer-Software wurden die Graphiken mit dem Maus-Cursor manuell digitalisiert. Durch Aggregation der digitalen Einzelbilder konnte im Verlauf die Schmerzdistribution für verschiedene Erkrankungen graphisch dargestellt werden. Unterschiede hinsichtlich der Schmerzverteilung von unterschiedlichen Gruppen wurden durch zwei verschiedene Berechnungsverfahren analysiert, dem Hausdorff-Abstand und dem C-Index. Ergebnisse Die Schmerzen waren für fast alle Brustschmerzätiologien überwiegend in der linksanterioren Thoraxhälfte lokalisiert und konzentrierten sich auf die präkordiale Region. Im Vergleich zwischen den Patienten mit KHK und Patienten mit anderen häufigen Ursachen für Brustschmerz, wie beispielsweise dem Brustwandsyndrom (BWS), der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD) und psychogenen Beschwerden, konnte kein signifikanter Unterschied in der Schmerzlokalisation ermittelt werden. Bei Patienten mit BWS, die dachten, dass ihre Schmerzen vom Herzen kämen, stellte die Schmerzlokalisation ein signifikantes Unterscheidungskriterium zu den Patienten mit BWS dar, die keine kardiale Genese vermuteten. Schlussfolgerung Die Schmerzlokalisation ist weder hilfreich, um zwischen der KHK und anderen Brustschmerzätiologien in der Primärversorgung zu unterscheiden, noch ist sie diagnostisch nützlich, um einzelne Erkrankungen zu identifizieren. In der Differentialdiagnostik des Leitsymptoms Brustschmerz ist sie daher alleine keine große Hilfe für Hausärzte und sollte nur in der Zusammenschau mit anderen klinischen Eigenschaften bewertet werden. Es ist zu vermuten, dass sich durch die Assoziation von linksthorakalem Brustschmerz mit kardialen Erkrankungen in der Bevölkerung, besonders die linksseitige Brustschmerzlokalisation zu einem Trigger für zunehmende Arztbesuche entwickelt hat. In der Konsequenz hat sich ihre Aussagekraft für die Primärversorgung reduziert. Das alleinige Symptom „Brustschmerzlokalisation“ hat daher für Hausärzte in der Evaluation von Brustschmerzpatienten nur einen limitierten diagnostischen Nutzen.
Umfang:119 Seiten
DOI:10.17192/z2014.0601