Kognitive Verhaltenstherapie bei schizophrenen Psychosen : Zentrale Komponenten und ihre Relevanz für die Praxis

Der Erfolg bisher üblicher Behandlungen in der Versorgung von Patienten mit schizophrenen Psychosen ist nach wie vor begrenzt (Jääskelainen et al., 2013). Der regelhafte Einsatz neuer, wirksamer Therapien und eine stetige Verbesserung der Versorgung sind daher weiterhin indiziert. Ein seit den 90er...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Heibach, Eva
Beteiligte: Lincoln, Tania (Prof. Dr. ) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2014
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Der Erfolg bisher üblicher Behandlungen in der Versorgung von Patienten mit schizophrenen Psychosen ist nach wie vor begrenzt (Jääskelainen et al., 2013). Der regelhafte Einsatz neuer, wirksamer Therapien und eine stetige Verbesserung der Versorgung sind daher weiterhin indiziert. Ein seit den 90er Jahren vor allem in Großbritannien entwickelter psychologischer Therapieansatz ist die kognitive Verhaltenstherapie für (schizophrene) Psychosen (KVT-P). Die Wirksamkeit der KVT-P wurde mittlerweile in vielen Studien belegt (Wykes, Steel, Everitt, & Tarrier, 2008), weshalb deutsche und internationale Leitlinien den Einsatz der KVT-P empfehlen (Gaebel, Falkai, Weinmann, & Wobrock, 2006; NICE, 2009). In der Versorgungsrealität ist die KVT-P jedoch neueren Studienergebnissen zufolge noch nicht „angekommen“. Die Dissemination und Implementierung der KVT-P ist über die verschiedenen Nationen hinweg weiterhin mangelhaft (Prytys, Garety, Jolley, Onwumere, & Craig, 2011). Dabei ist die KVT-P ein Ansatz, der in der Praxis hilft, die Versorgung von Patienten mit schizophrenen Psychosen zu verbessern. Das vorliegende Dissertationsvorhaben befasst sich mit verschiedenen Möglichkeiten, wie die KVT-P trotz der Hindernisse bei der Implementierung in der Routinepraxis nutzbar gemacht werden kann. Eine Möglichkeit ist, einzelne, in der KVT-P zentrale Behandlungskomponenten zu identifizieren und auf ihre Wirkung zu prüfen. Kenntnisse über die Wirkung einzelner Behandlungskomponenten auch unabhängig vom Gesamtbehandlungsansatz könnten den Einsatz einzelner Komponenten ermöglichen und somit Anwendungsmöglichkeiten flexibilisieren. Um die isolierte Wirkung solcher Komponenten zu prüfen, wurde in den ersten beiden Studien ein experimentelles Studiendesign mit gesunden Personen als Analogpatienten verwendet. Die Wirkung der auf der KVT-P basierenden Vorgehensweisen wurde zudem mit in der Praxis üblichen Vorgehensweisen verglichen. In Studie I wurde anhand einer Online-Studie die Wirkung der Vermittlung unterschiedlicher Störungsmodelle auf eine Person, die sich mit Symptomen einer schizophrenen Psychose in Behandlung begibt, untersucht (N=461). In Studie II wurde anhand eines eins-zu-eins-experimentellen Designs die Wirkung eines normalisierenden Vorgehens im Vergleich zu einem edukativen Vorgehen im Umgang mit Patienten mit Wahnsymptomen im Erstkontakt untersucht (N=81). Mit dem Ziel weitere Ansatzpunkte für die Förderung der Implementierung KVT-P in der Praxis abzuleiten, wurde in Studie III anhand eines korrelativen Studiendesigns untersucht, wie hoch die Priorität für KVT-P unter Psychotherapeuten und Psychiatern (N=195) in Deutschland ist und was Kliniker kennzeichnet, die der KVT-P eine hohe Priorität geben. In Studie I berichteten Teilnehmer, denen ein Erklärungsmodell vermittelt wurde, das (ähnlich dem Vorgehen in der KVT-P) sowohl biologische als psychologische Faktoren integriert, eine höhere Behandlungsmotivation und persönliches Kontrollerleben als jene, die ein einseitig biologisches oder psychologisches Modell oder gar kein Modell gehört hatten. In Studie II berichteten Teilnehmer in der Bedingung mit dem normalisierenden Vorgehen eine höhere Behandlungsmotivation als in der Bedingung mit dem edukativen Vorgehen. In Studie III zeigte sich, dass Psychotherapeuten und Psychiater in Deutschland der KVT-P nur wenig Priorität bei der Behandlung von schizophrenen Psychosen geben. Eine höhere Priorität für KVT-P gaben Personen an, die hierin ein spezielles Training absolviert hatten und die ein normalisierendes Störungsverständnis von schizophrenen Psychosen angaben. Die Vermittlung eines multifaktoriellen Störungsmodells und ein normalisierendes Vorgehen haben den Ergebnissen zufolge auch isoliert angewendet eine günstige Wirkung. Im Vergleich zu praxisüblichen Vorgehensweisen gingen sie mit einer höheren Behandlungsmotivation einher. Der isolierte Einsatz dieser Vorgehensweisen könnte daher auch unabhängig von der Implementierung der KVT-P als Gesamtbehandlungsansatz die Routineversorgung verbessern. Um die Implementierung der KVT-P (auch als vollständigen Therapieansatz) in der routinemäßigen Praxis zu fördern wurde der Nutzen spezieller Trainings für Behandler belegt. Daneben zeigte sich auch aus Behandlerperspektive das normalisierende Therapierational von besonderer Bedeutung. In Trainings sollte daher insbesondere auch auf das grundlegende Störungsverständnis geachtet werden.
DOI:10.17192/z2014.0344