Photochemische Linkerstrukturen zur laserinduzierten Wirkstofffreisetzung aus polymeren Intraokularlinsen

Der Katarakt oder auch Grauer Star genannt, ist eine Erkankung des Auges, in deren Verlauf sich durch verschiedene Faktoren die ursprünglich klare Augenlinse trübt. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 18 Millionen Menschen ihr Sehvermögen durch Katarakt verloren haben und jährlich etwa 2 Milli...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Liese, Julia
Beteiligte: Hampp, Norbert (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Der Katarakt oder auch Grauer Star genannt, ist eine Erkankung des Auges, in deren Verlauf sich durch verschiedene Faktoren die ursprünglich klare Augenlinse trübt. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 18 Millionen Menschen ihr Sehvermögen durch Katarakt verloren haben und jährlich etwa 2 Millionen Erkrankungen hinzukommen. Das Hauptsymptom des Katarakts ist ein langsamer und schmerzloser Sehverlust. Die Sehschärfe nimmt ab, die Blendempfindlichkeit nimmt hingegen zu und die Umwelt wird zunehmend als verschwommen wahrgenommen. In fortgeschrittenem Stadium ist der Katarakt als graue oder bräunliche Verfärbung im Auge zu erkennen und der Patient erblindet. Obwohl die genauen Auslöser noch immer Gegenstand der Forschung sind und der Katarakt auch bei Kindern auftreten kann, gilt die Erkrankung mehrheitlich als alterungsbedingter Effekt. Die einzige Behandlungmöglichkeit stellt die operative Entfernung der natürliche Linse und ihr Ersatz durch eine künstliche polymere Intraokularlinse (IOL) dar. Eine in etwa 50 % der Fälle auftretende Komplikation dieser Methode ist der Nachstar (sekundärer Katarakt)[1, 2]. Dabei migrieren im Auge befindliche Ephitelzellen auf die IOL und den vorderen und hinteren Kapselsack, wodurch die Sicht wiederum stark beeinträchtigt wird. Neben der Möglichkeit den Nachstar durch eine Laserkapsulotomie, der nicht ungefährlichen thermischen Zerstörung der hinteren Wand des Kapselsacks, zu behandeln, wird derzeit ein neuer Ansatz auf der Basis von photoinduzierterWirkstofffreisetzung aus dem Linsenimplantat selbst untersucht. Dabei wird ein therapeutischerWirkstoff gegen die Ephitelzellen an der Polymerlinse über einen photochemischen Linker immobilisiert, der dann bei Bedarf durch eine gezielte photochemische Spaltung freigesetzt wird. Da die Linkerspaltung auf einer Cycloreversion eines Cyclobutanringes beruht, zu deren Spaltung über Ein-Photon- Absorption (SPA) Licht der Wellenlänge < 300 nm benötigt wird und die Hornhaut für dieseWellenlänge undurchlässig ist, muss die benötigte Energie über einen Zweiphotonenprozess (TPA) zugeführt werden. Dies hat den Vorteil, dass die Wirkstofffreisetzung durch die zwei einzustrahlenden Photonen räumlich genau kontrollierbar ist. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die synthetische Entwicklung und Optimierung eines neuen Linkersystems zur Immobilisierung von 5FU, einem bereits im Auge erprobten Zytostatikum, sowie der Effektivität der photochemischen Spaltung der synthetisierten Linker-Wirkstoff-Konjugate und der Charakterisierung der Freisetzung des Wirkstoffes aus dem fertigen Polymermaterial. Es wurden neben dem bereits bekannten Coumarin sechs weitere Monomere als Linker synthetisiert und getestet. Coumarin stellt das bereits bekannte System für die Wirkstoffimmobilisierung dar, brachte jedoch diverse Probleme für die Anwendung mit sich. Der Lactonring ist im Dimer stark hydrolyseempfindlich, weshalb nicht sichergestellt werden kann, dass das Coumarin im Hydrogel in wässriger Umgebung stabil ist. Als alternative Linker wurden 1,1-Dimethylnaphtalenon, 1,2-Dihydronaphtalin, Stilben, Zimtsäure, 1,4- Naphtochinon und Chalkon evaluiert. Dabei zeigte sich, dass insbesondere 1,1-Dimethylnaphtalenon, aber auch Coumarin, Zimtsäure und 1,2-Dihydronaphtalin gegenüber erhöhten Temperaturen instabil waren. Thermische Stabilität ist jedoch für die Sterilisation durch Autoklavieren, der einzigen Sterilisationsmethode für hydrophile Polymere, unbedingt erforderlich. Nach denWoodward-Hoffmann-Regeln ist in diesem Falle die thermische [2+2]-Cycloreversion verboten. Daher wurde die Reaktion am 1,1-Dimethylnaphtalenon-H5FUDimer näher untersucht und der in diesem Fall nicht-konzertierte, sondern radikalische Mechanismus mittels Radikalfängerreaktionen und ESR aufgeklärt und erstmals bewiesen. Diese Entdeckung ist für die Anwendung als Linkersystem zur Immobilisierung von 5FU recht ungünstig. Aus diesem Grund wurden weitere Polymere mit den temperaturstabilen Linkern 1,4-Naphtochinon und Chalkon synthetisiert und analysiert. Diese Polymermaterialien zeigten sich im Autoklavierungstest stabil. Des weiteren wurde in dieser Arbeit eine generelle Vorschrift für die Synthese derartiger wirkstoffbeladener Polymere entwickelt, die mit jeweils auf die Monomere zugeschnittenen kleinen Modifikationen erfolgreich für Coumarin, 1,1-Dimethylnaphtalenon, 1,4-Naphtochinon und Chalkon durchgeführt wurde. Letztere drei Monomere wurden genauer auf ihre photochemischen Eigenschaften, die 5FU-Freisetzung aus dem Polymer und das Diffusionsverhalten aus dem Hydrogel untersucht. Die Freisetzung von 5FU konnte für alle drei Polymere erfolgreich nachgewiesen werden. Aufgrund der Anforderung der Autoklavierbarkeit der Polymermaterialien erwiesen sich 1,4-Naphtochinon und Chalkon als die geeigneten Linker für 5FU. Zusätzlich besitzen beide im Vergleich zu früher untersuchten Linkermolekülen einen hohen Zwei-Photonen-Querschnitt, was vorteilhaft für die Laserfreisetzung ist, da hier geringere Energien bzw. kürze Bestrahlungszeiten im Auge angewendet werden können.
DOI:10.17192/z2011.0664