Pilotstudie zur Untersuchung des geschlechterspezifischen Schmerzverhaltens unter Verwendung des tonischen Hitzeschmerzmodells
Fragestellung In der vorliegenden Arbeit wurde das unterschiedliche Schmerzverhalten von Männern und Frauen durch tonische Hitzeschmerzstimulation im Experiment untersucht. Hier bei wurde vor allem auf die psychophysiologische Komponente von Schmerzen eingegangen. Bisher gab es eine Vielzahl von Un...
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Contributors: | |
Format: | Doctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
Philipps-Universität Marburg
2011
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Subjects: | |
Online Access: | PDF Full Text |
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Summary: | Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit wurde das unterschiedliche Schmerzverhalten von Männern und Frauen durch tonische Hitzeschmerzstimulation im Experiment untersucht. Hier bei wurde vor allem auf die psychophysiologische Komponente von Schmerzen eingegangen. Bisher gab es eine Vielzahl von Untersuchungen, welche die Effekte artifiziell kurzer, phasischer Schmerzreize (zum Beispiel Cold Water Pressure Test) untersucht haben, wenige aber, welche auf eine länger anhaltende Stimulation und deren Auswirkung auf Schmerzen eingegangen sind.
Die vorliegende Studie wurde entwickelt, um die Auswirkung von tonischem Hitzeschmerz auf subjektive Schmerzantworten, sowie die Herzfrequenz junger gesunder Männer und Frauen hinsichtlich einer geschlechterspezifischen Schmerzwahrnehmung zu untersuchen.
Hierfür war die Entwicklung eines Studiendesigns wichtig, das einerseits für die Versuchspersonen unschädlich ist, aber trotzdem einen tonischen Schmerzreiz appliziert, welcher in der Qualität klinischem Schmerz ähnelt. Zum anderen mussten Messmethoden eingesetzt werden, welche sowohl das objektive (physiologische Parameter) wie auch das subjektive Schmerzempfinden wiedergeben können.
Methoden
In der vorliegenden Studie wurde als Stimulationsmodell das tonische Hitzeschmerzmodell (THSM) verwendet. Die Vorteile des THSM bestehen in einem über einen längeren Zeitraum zugeführten pulsierenden, tonischen Schmerzreiz. Dieser variierte um -3, -1 und +1 Grad unter beziehungsweise über der individuellen Schmerzschwelle der Probanden. Insgesamt resultierten damit drei verschiedene Stimulationsbedingungen: Wärme, Hitze und Hitzeschmerz. Die Stimulationszeit bestand aus einem Block mit dreimal fünf Minuten Stimulation mit jeweils fünf Minuten Pause. Die individuelle Schmerzschwelle für jede Versuchsperson vorab ermittelt.Bewährte psychometrische Standardinstrumente wurden zur Messung der subjektiven Antworten eingesetzt. Durch eine visuelle Analogskala für Empfindungsintensität und -aversität wurde die subjektive Schmerzantwort minütlich gemessen. Die elektrophysiologischen Messungen erfolgten mittels eines EKGs für die Herzfrequenz.
Ergebnisse
Als Ergebnis der Untersuchung zeigte sich vor allem ein signifikanter Einfluss von Zeit und Geschlecht auf das Rating der Intensität. Dieser lag bei den weiblichen Probanden in der Abnahme und bei den männlichen Probanden in dem Anstieg der Empfindungsintensität für die Stimulationsbedingung Hitzeschmerz im zeitlichen Verlauf. Dies zeigte sich bei den physiologischen Parametern (Herzfrequenz) für die Stimulationsbedingung Hitzeschmerz jedoch umgekehrt, hier lag die Kurve der weiblichen signifikant über denen der männlichen Probanden. Die Kurve der weiblichen Probanden verlief konstant auf einem hohen Niveau mit kaum Veränderungen im zeitlichen Verlauf. Wohingegen die Kurve der männlichen Probanden niedriger begann und sichtbar anstieg, jedoch zu keinem Zeitpunkt das hohe Niveau der weiblichen Probanden erreichte.
Bei den physiologischen Parametern zeigte sich für beide Geschlechter unter den drei Stimulationsbedingungen keine Adaptation (Abnahme der Herzfrequenz) im zeitlichen Verlauf der Untersuchung, sondern ein kontinuierlicher Frequenzanstieg. Dies Anstieg zeigte sich ebenfalls beim Intensitäts Rating unter Stimulationsbedingung Hitzeschmerz, nicht aber bei den Stimulationsbedingungen Wärme und Hitze. Hier zeigte sich eine Adaptation im zeitlichen Verlauf. Dies variierte unter den Geschlechtern.
Schlussfolgerung
In der Zusammenfassung der Ergebnisse muss festgehalten werden, dass sich vor allem ein signifikanter Einfluss von Zeit und Geschlecht auf das Rating der Intensität zeigte. Die weiblichen Probandinnen zeigten im Gegensatz zu den männlichen eine Abnahme der Ratingintensität im zeitlichen Verlauf. Diese unterschiedliche Schmerzsensibilität war auf zwei mögliche Thesen zurückzuführen. Zum einen der These einer Schmerzadaptation bei weiblichen Probanden im zeitlichen Verlauf im Vergleich zu den männlichen und zum anderen in der These einer möglichen Erhöhung der Schwelle des schmerzinhibitorischen Systems, welche zu einer fehlenden Hemmung der Schmerzwahrnehmung und somit zu einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit, ähnlich Patienten mit depressiver Erkrankung, führen könnte.
Die Ergebnisse bestätigen damit die Hypothese, dass Männer und Frauen unterschiedlich Schmerzen wahrnehmen und unterschiedlich auf diese reagieren.
Im Rahmen dieser Arbeit blieb jedoch ungeklärt, welche genauen Hintergründe sich in dem unterschiedlichen Schmerzverhalten von Männern und Frauen verbergen und ob die hier aufgeführten Thesen sich auch in weiteren Studien behaupten würden.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie, gemeinsam mit den im Vorfeld erwähnten Studien, sind als weitere Annäherung an das komplexe Phänomen Schmerz zu betrachten. Es bedarf weiterer intensiver Anstrengung auf diesem Gebiet um die unterschiedliche Schmerzwahrnehmung von Männern und Frauen mit all ihren Facetten zu erforschen. |
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DOI: | 10.17192/z2011.0418 |