Kristallstrukturanalyse und Entwicklung von Computermodellen zur Beschreibung der Selektivität von Enzymen am Beispiel der Carboanhydrase

Ein Ziel der modernen Wirkstoffforschung ist die Entwicklung von Arzneistoffen, die selektiv mit einem Zielprotein wechselwirken. Dadurch sollen Nebenwirkungen in einem frühen Stadium der Entwicklung minimiert, wenn möglich sogar ausgeschlossen werden. Bei der strukturbasierten Entwicklung von W...

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Main Author: Weber, Alexander
Contributors: Klebe, Gerhard (Prof. Dr.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2004
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Ein Ziel der modernen Wirkstoffforschung ist die Entwicklung von Arzneistoffen, die selektiv mit einem Zielprotein wechselwirken. Dadurch sollen Nebenwirkungen in einem frühen Stadium der Entwicklung minimiert, wenn möglich sogar ausgeschlossen werden. Bei der strukturbasierten Entwicklung von Wirkstoffen wurden im Falle der Carboanhydrase (CA) die physikochemischen Eigenschaften von CA-Inhibitoren mit den biologischen Affinitäten an drei Isoenzymen (CA I, CA II, CA IV) korreliert. Mit den daraus erhaltenen 3D-QSAR-Modellen können diejenigen physikochemischen und strukturellen Eigenschaften der Verbindungen bestimmt werden, die die biologische Aktivität im Hinblick auf ein Isoenzym beeinflussen. Mit zwei verschiedenen Ansätzen wurden selektive 3D-QSAR-Modelle erhalten, mit deren Hilfe anhand von Konturdiagrammen Bereiche ermittelt werden können, die für eine bestimmte physikochemische Eigenschaft (sterische, elektrostatische, hydrophobe, Akzeptor, Donor) die Selektivität hinsichtlich eines Isoenzyms erhöhen oder erniedrigen. Aus dieser reinen Liganden-basierten Analyse konnten dennoch Rückschlüsse auf die Gegebenheiten in der umgebenden Bindetasche gezogen werden. Aber nicht nur die Auswertung von Ligandeninformationen kann wichtige Hinweise für die Entwicklung selektiver CA-Inhibitoren liefern. Die Auswertungen von Kristallstrukturen der CA bestätigten diese aus reiner Ligandeninformation erhaltenen Selektivitätsmodelle und lieferten zusätzliche Informationen für die Entwicklung selektiver Verbindungen. Ferner konnte anhand eines Homologiemodells der C AIX gezeigt werden, dass die Modellierung von Enzymen, deren Kristallstrukturaufklärung sich als schwierig erweist, durchaus nützliche Hinweise für den strukturbasierten Entwurf bzw. die Optimierung von Liganden liefern kann. Um potentielle neue (selektive) Leitstrukturen zu finden, können neben dem experimentellen Hochdurchsatz-Screening virtuell am Computer Datenbanken mit gespeicherten Molekülbibliotheken durchmustert werden. Die korrekte Vorhersage des Bindungsmodus und die korrekte Abschätzung der Bindungsaffinität der platzierten Moleküle ist entscheidend für die erfolgreiche Identifizierung von neuen Leitstrukturen. Es konnte erfolgreich gezeigt werden, dass für CA-Inhibitoren mit einem rigiden Ringgerüst und mit bekannter Kristallstruktur der Bindungsmodus korrekt vorhergesagt werden konnte. In den Fällen, in denen die Bewertungsfunktionen der Dockingprogramme in der Affiniätsvorhersage der Verbindungen fehlschlagen, konnte durch die Kombination mit den zuvor erhaltenen 3D-QSAR-Modellen die Affinität dieser gedockten Verbindungen richtig abgeschätzt werden. Darüber hinaus wurde in Datenbanken und in der Literatur nach potentiellen neuen CA-Inhibitoren gesucht und ihre Bindung ließ sich biochemisch in einem Assay bestätigen. Eine Platzierung in der Bindetasche von CA II ermöglicht die korrekte Abschätzung der Affinität. Bei der Optimierung von Leitstrukturen/Wirkstoffen ist es sehr schwierig Wechselwirkungen mit Proteinen vorherzusagen beziehungsweise abzuschätzen, die sich in ihrer Sequenz und Funktion stark von dem Ausgangsprotein unterscheiden. Es konnte gezeigt werden, dass Cyclooxygenase (COX)-2-selektiven Verbindungen (Valdecoxib, Celecoxib) ebenfalls CA hemmen. Obwohl beide Enzyme ? COX und CA - unterschiedliche biologische Funktionen besitzen, weisen beide Enzyme lokale Bereiche im aktiven Zentrum mit ähnlichen physikochemischen Eigenschaften auf, so dass die Bindung von Celecoxib und Valdecoxib an beiden Enzymen ermöglicht wird. Diese Kreuzreaktivität von Celecoxib und Valdecoxib wurden durch kinetische Daten und mit der Kristallstruktur von Celecoxib im Komplex mit CA II belegt.
DOI:10.17192/z2004.0515