Entwicklung einer Datenbank und wissensbasierter Vorhersagemethoden zur Untersuchung von Wassermolekülen in Proteinstrukturen sowie ihrer Rolle in der Protein-Liganden-Bindung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Aufbau der ersten Datenbank zur Charakterisierung von Wassermolekülen in Proteinstrukturen. Diese wurde als Modul der Rezeptor-Ligand-Datenbank Relibase+ konzipiert und erfasst alle Röntgenstrukturen der Proteindatenbank PDB. Diese Datenbas...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Günther, Judith
Beteiligte: Klebe, Gerhard (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2003
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Aufbau der ersten Datenbank zur Charakterisierung von Wassermolekülen in Proteinstrukturen. Diese wurde als Modul der Rezeptor-Ligand-Datenbank Relibase+ konzipiert und erfasst alle Röntgenstrukturen der Proteindatenbank PDB. Diese Datenbasis wurde anschließend genutzt, um wissensbasierte Methoden zu entwickeln und zu validieren, welche die Vorhersage von Wasserbindestellen erlauben. Von besonderem Interesse sind dabei Wassermoleküle, die im Bindungsepitop zwischen Rezeptor und Ligand vergraben sind, da diese das vielen rationalen Wirkstoffdesignmethoden zugrundeliegende, einfache Schlüssel-Schloss-Prinzip durchkreuzen. Kapitel 2 beleuchtet in einem Literaturüberblick den heutigen Kenntnisstand zu Wassermolekülen in Proteinstrukturen vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden experimentellen Methoden. Kapitel 3 beschreibt die Konzeption der Wasserdatenbank und Anwendungsbeispiele zu den darin implementierten Werkzeugen. Die Methoden zur vergleichenden Analyse von Solvatationsstrukturen erlauben es, sowohl die strukturelle Ähnlichkeit von Liganden wie auch die sequentielle Verwandtschaft von Proteinen als Referenz für eine räumliche Strukturüberlagerung heranzuziehen. Obwohl wiederkehrende Solvatationsmuster (Konservierung von Wassermolekülen) vor allem durch die von der Proteinoberfläche exponierten physikochemischen Eigenschaften bestimmt sind, sollte auch der Einfluß des Liganden nicht vernachlässigt werden. Darüber hinaus können auch relativ schwache Wechselwirkungen wie CH-Wasserstoffbrücken eine Rolle spielen. Des weiteren implementiert die Wasserdatenbank einen Algorithmus zur Erkennung fehlzugewiesener Wassermoleküle in Röntgenstrukturen, welcher literaturbekannte Methoden verbessert (siehe Kapitel 7). Durch eine kombinierte Beurteilung der Koordinationsgeometrie, des kristallographischen Temperaturfaktors sowie der aus den Bindungslängen zu umgebenden Atomen errechneten elektrostatischen Valenz kann abgeschätzt werden, ob sich hinter einem als Wassermolekül deklarierten Teilchen möglicherweise eher ein Natrium (oder ein Magnesium-) Ion verbirgt. Kapitel 4 untersucht Solvatationsstrukturen mit Mitteln der Statistik und weist auf, welchen Randbedingungen erfolgsversprechende prädiktive Ansätze im Drug Design genügen müssen. Da vergrabene Wasserpositionen bei der Ligandenbindung nur selten gegenüber der ligand-freien Struktur verschoben und sehr viel häufiger konserviert werden, markieren die Wasserbindestellen in der ligand-freien Struktur mögliche Wasserpositionen in einem Komplex. Der Konservierungsgrad beim Vergleich zweier sequenzidentischer Bindetaschen, die unterschiedliche Liganden binden, hängt jedoch signifikant von der Ähnlichkeit der beiden Ligandenstrukturen ab. Kapitel 5 beschreibt die Vorhersage konservierter Wasserpositionen mit Hilfe eines GA/knn-Algorithmus in unterschiedlichen Szenarien. Die entwickelten Deskriptoren erlauben die Diskriminierung von solvatisierten und nicht solvatisierten Positionen auf der Proteinoberfläche mit einer Vorhersagegenauigkeit von 82%, was alle literaturbekannten Methoden übertrifft. Eine deutliche Steigerung gegenüber bisherigen Verfahren konnte auch für die Klassifikation von konservierten und nicht konservierten Wasserpositionen beim Vergleich mehrerer sequenzidentischer Proteinstrukturen erreicht werden (Vorhersagegenauigkeit 78%). Hierzu war es essentiell, zum Aufbau der Wissensbasis möglichst viele Strukturvergleiche heranzuziehen und den nachweisbaren, individuellen Einfluss der kristallographischen Autoren zu berücksichtigen. Bei der Diskriminierung von konservierten und nicht konservierten Wasserpositionen in Ligandenbindetaschen wurde eine Vorhersagegenauigkeit von 73% erreicht, wobei vor allem der Einfluss des einzelnen gebundenen Liganden als limitierender Faktor erscheint. Der Ansatz, eine Auswahl von Wassermolekülen bei einem Docking-Experiment fest vorzuplazieren, kann (abhängig von den Eigenschaften der einzelnen Bindetasche) daher ausgesprochen ungeeignet sein. Kapitel 6 befasst sich daher mit der Weiterentwicklung des in FlexX implementierten Particle Concepts. Dieser Ansatz erlaubt eine flexible Plazierung von Wassermolekülen abhängig vom jeweiligen Liganden. Durch die Implementierung einer um Wassermoleküle erweiterten Version der Scoringfunktion DrugScore konnte die energetische Reihung der generierten Lösungsvorschläge deutlich verbessert werden. Die neue Scoring-Funktion ist nicht nur der ursprünglich in dem Particle Concept implementierten, empirischen Funktion von Boehm überlegen, sondern zeigt auch gegenüber der ursprünglichen DrugScore-Version eine um 15% verbesserte Erkennung nativähnlicher Bindungsmoden (RMSD<= 1.0A) auf dem ersten Rang.
DOI:10.17192/z2003.0661