Die dichtende Königin. Elisabeth, Prinzessin zu Wied, Königin von Rumänien, Carmen Sylva (1843-1916). Selbstmythisierung und prodynastische Öffentlichkeitsarbeit durch Literatur
Elisabeth, die erste Königin von Rumänien und deutsche Prinzessin aus dem Fürstenhaus Wied, lebte von 1843 bis 1916 und wurde durch die Eheschließung mit Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, einem deutschen Prinzen auf rumänischem Thron, 1869 Fürstin und später 1881 Königin von...
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Beteiligte: | |
Format: | Dissertation |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
Philipps-Universität Marburg
2003
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Schlagworte: | |
Online-Zugang: | PDF-Volltext |
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Zusammenfassung: | Elisabeth, die erste Königin von Rumänien und
deutsche Prinzessin aus dem Fürstenhaus Wied, lebte von 1843
bis 1916 und wurde durch die Eheschließung mit Fürst Karl von
Hohenzollern-Sigmaringen, einem deutschen Prinzen auf
rumänischem Thron, 1869 Fürstin und später 1881 Königin von
Rumänien. Ab 1880 begann Elisabeth unter dem Künstlernamen
'Carmen Sylva' eigene Dichtungen in Deutschland zu
veröffentlichen. Sie schrieb in deutscher Sprache und
veröffentlichte in deutschen Verlagen. 1882 bekannte sie sich
zu ihrer schriftstellerischen Tätigkeit in der Öffentlichkeit.
Fortan forderte sie als 'dichtende Königin' in der
Öffentlichkeit Aufmerksamkeit. Sie bemühte sich um literarische
Legitimierung im Ausland, vornehmlich in Deutschland. In
Frankreich versuchte die Königin, die Würdigung durch die
Academie francaise für ihren französischen Aphorismenband
'Les pensées d'une reigne' (1882) durch
persönliches Anschreiben der Akademiemitglieder zu erlangen,
was ihr schließlich 1888 auch gewährt wurde. Ab 1882 ließ sie
ihre Werke in rumänischer Übersetzung in Rumänien
veröffentlichen, in Buchverlagen sowie in zahlreichen Zeitungen
mit hoher Auflage. Offensichtlich ist, dass sie ihre
Zugehörigkeit zur deutschen Kultur zu akzentuieren suchte und
dass sie sich durch die literarische Anerkennung im Ausland ein
hohes Ansehen als 'dichtende Königin' versprach.
Dennoch war Carmen Sylva zu ihren Lebzeiten eine umstrittene
Persönlichkeit und die Beurteilung der dichtenden Königin blieb
bis heute kontrovers. Das literarische Werk Carmen Sylvas
geriet bald nach ihrem Tod 1916 aus dem Blickfeld von
Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte. Während es
bislang nur wenige literaturwissenschaftliche Aufsätze und
umfangreichere Arbeiten zu Carmen Sylvas Werk gibt, sind
zahlreiche Publikationen zu Carmen Sylva insbesondere aus
biographischer und kulturgeschichtlicher Perspektive meist in
Bezug auf den südosteuropäischen Raum erschienen. In der
umfangreichen Sekundärliteratur sind zur Wertung Carmen Sylvas
als Schriftstellerin folgende gegensätzliche Positionen zu
nennen: unter ästhetischen Gesichtspunkten die Betonung
formaler Mängel, der Epigonalität und Trivialität der Texte und
unter mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten das
Hervorheben einer sozial-engagierten, volksnahen und
apolitischen Königin und somit die Aufwertung der
Schriftstellerin unter inhaltlichen Aspekten, wobei die
trivialen Rührmomente, der Appell an das Mitleid der Leser
sowie die moralisch-didaktische Botschaft vieler Texte
fälschlicherweise als Beweis einer
gesellschaftlich-progressiven Tendenz der schreibenden Königin
interpretiert wurden. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist
die These, dass die Motivation der kinderlosen Monarchengattin,
als Schriftstellerin in der Öffentlichkeit aufzutreten, in
kausalem Zusammenhang zu betrachten ist mit ihrem Versuch einer
eigenen Neupositionierung im kulturpolitischen Kontext ab dem
Jahr 1881, dem Jahr der Erhebung Rumäniens zum Königreich und
implizit ihrer Ernennung zur Königin von Rumänien. Die Analyse
des schriftstellerischen Werks Carmen Sylvas erfolgt unter dem
Aspekt der Selbstmythisierung und der prodynastischen
Öffentlichkeitsarbeit und anhand von umfangreich zitiertem
Quellenmaterial der heute vergriffenen Texte. Die Textauswahl
umfasst das gesamte selbständig verfasste und publizierte Werk
Carmen Sylvas von 1880, dem Erscheinungsjahr der historischen
Epen »Sappho« und »Hammerstein«, bis 1912, dem Erscheinungsjahr
des Lyrikbandes »Frageland«. Das im Vorspann der Arbeit
zitierte »Märchen von der hilfreichen Königin« ist ein
deutliches Beispiel für die Idealisierung eigenen Schicksals
und für das Propagieren der rumänischen Dynastie durch die
Autorin und dient somit als Ausgangspunkt für die weitere
Analyse der Texte unter diesem speziellen Tendenzcharakter. In
den ersten Kapiteln wird die Instrumentalisierungsthese wie
folgt untersucht: mentalitätsbezogen anhand der
autobiographischen Note und der vermittelten Weltanschauung der
Königin und auf formaler Ebene der unterschiedlichen Gattungen
unter Berücksichtigung des dominanten Vermittlungscharakters
und des Popularitätswillens Carmen Sylvas. Einer kurzen
Übersicht über die bisherige Wertung und literarhistorische
Einordnung Carmen Sylvas in der Sekundärliteratur folgt die
Darstellung der Autorintention und der literarischen
Legitimierungsanliegen sowie die Betrachtung des Werkes im
literar- und kulturhistorischen europäischen Kontext Ende des
19. Jahrhunderts. Die Bibliographie im Anhang ist der bisher
einzige umfassende quellenkundliche Apparat zu Carmen Sylvas
Werk, der eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema
ermöglicht und der das Ausmaß der schriftstellerischen
Tätigkeit sowie der bisherigen Rezeption und Wertung Carmen
Sylvas zeigt. |
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DOI: | 10.17192/z2003.0624 |