Der Laacher-See-Vulkan und das mittlere Lahngebiet. Geoarchäologische Untersuchungen zu den Auswirkungen des Vulkanausbruchs auf Mensch und Umwelt vor 12.900 Jahren

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Auswirkungen des Laacher-See-Vulkans auf Mensch und Umwelt in den distalen Ablagerungsbereichen des mittleren Lahngebietes. Die Vorgehensweise orientiert sich dabei an folgenden Fragestellungen: - Welche Prozesse führten zur Entstehung der vorgefundenen P...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Birndorfer, Thomas
Beteiligte: Müller-Karpe, Andreas (Prof. Dr.)
Format: Masterarbeit
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2015
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Auswirkungen des Laacher-See-Vulkans auf Mensch und Umwelt in den distalen Ablagerungsbereichen des mittleren Lahngebietes. Die Vorgehensweise orientiert sich dabei an folgenden Fragestellungen: - Welche Prozesse führten zur Entstehung der vorgefundenen Profile, d.h. welchen Einfluss besitzen die LST-Lagen auf das Abflussverhalten spätglazialer, naturnaher Fließgewässer im mittleren Lahngebiet? - Kann durch die unterschiedlichen Schichtungen eine zeitliche Abfolge rekonstruiert werden, d.h. sind diese Ablagerungen auf einen längeren oder kürzeren Entstehungsprozess zurückzuführen? - Gibt es Anzeichen für eine Beeinflussung des Fallouts auf den damaligen Menschen? Als Grundlage zur Untersuchung dieser Fragestellungen dienten Methoden der Bodenkunde, mineralogische Untersuchungen, Fazies-Architektur-Element Analysen sowie stratigraphische Analysen, die in der Archäologie Verwendung finden. Um den Entstehungsprozess der Paläorinnen rekonstruieren zu können, wurden insgesamt 58 Proben auf ihre Korngrößenzusammensetzung, der organischen Substanz und des Wassergehaltes im Labor untersucht. In Kombination mit der Ausweisung von Architektur-Elementen konnten somit die einzelnen fluvialen Prozesse der Profile in Argenstein erfasst werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die LST maßgeblich für eine Störung des Abflusses sowohl der Paläorinnen in Argenstein als auch der in Niederwald vorgefundenen Rinne verantwortlich ist. Während das Gewässer in Niederwald gänzlich im Zuge des Fallouts verlandete, zeigt das Geoarchiv in Argenstein häufig massige Ablagerungen, ausgelöst durch Denudationsprozesse, die den Abfluss, den Transportkörper und damit die gesamte Gewässerstruktur beeinflussten. So traten zeitweilig immer wiederkehrende Verlandungen aufgrund der Eruptiva auf. Die entstandenen Ablagerungen zeigen sowohl Phasen kurzer Entstehungsprozesse - zu nennen sind massige Ablagerungen der LST - als auch länger andauernder Prozesse - hier anzuführen ist das Auftreten von Stillwassersedimenten. Zur Unterstützung der stratigraphischen Interpretation wurden mehr als 400 Messungen der magnetischen Suszeptibilität durchgeführt. Die Messungen dienen der Eingrenzung der abgelagerten Pyroklastika in den Profilen und Bohrungen. Somit war es möglich, detaillierte Kenntnisse der einzelnen Strata zu gewinnen. Zusätzlich konnte durch die REM-Analyse das Auftreten von LST-bürtigen Hornblenden nachgewiesen werden. Dies ermöglichte eine zeitliche Eingrenzung der vorgefundenen Gewässerstrukturen, die dadurch in das ausgehende Alleröd zu datieren sind. Durch die vorgefundenen Umweltverhältnisse war es zudem möglich, Aussagen über die Auswirkungen der LST auf den Menschen des Spätpaläolithikums zu treffen. Der Abgleich mit dem derzeitigen Forschungsstand lässt vermuten, dass das Gebiet des mittleren Lahntals während und einige Zeit nach dem Fallout keine lebensfreundliche Umgebung für die ansässige Bevölkerung darstellte. Die zahlreichen Fundstellen, begraben unter LST, und die Wirkungskette, die sich aufgrund des Vulkanausbruchs ereignete, unterstreichen diesen Ansatz. Durch die Auffindung spätpaläolithischer Artefakte über LST ist ein kompletter Niedergang des Rückenspitzen-Kreises auszuschließen. Eine Abwanderung der Jäger und Sammler aus dem mittleren Lahngebiet erscheint jedoch äußerst plausibel. Insgesamt stellt das Alleröd-Interstadial eine der interessantesten Zeitabschnitte in der Vergangenheit dar. Der Klimaumschwung, die Veränderung der Gewässerstrukturen sowie die Umstellung der Jagdtechniken und Hinwendung zur Mikrolithik zeichnen diesen Zeithorizont aus. Die Auswirkungen des Laacher-See-Vulkans sind vor allem in Geoarchiven ablesbar und dienen Geoarchäologen zur Rekonstruktion der Mensch-Umwelt Beziehungen. Die Untersuchung und Interpretation der hier vorgestellten Geoarchive und damit verbundenen Auswirkungen auf den Menschen können ebenfalls zur modernen Katastrophen-Forschung beitragen. Vor allem Untersuchungen zu vergangenen Vulkanausbrüchen geben hier Aufschluss über mögliche Folgen für Mensch und Umwelt, die grundsätzlich auf heutige Eruptionen anwendbar sind. So unterscheiden sich vergangene Vulkanausbrüche, Erdbeben und Überschwemmungen nicht von den heutigen, zumal der Laacher-See-Vulkan noch nicht erloschen scheint.
DOI:10.17192/ed.2023.0005