Wilhelm Blume

Die Studienfahrt des Ausschusses [der Schulfarm Insel Scharfenberg im Oktober 1924]

Quelle: Berlin, Landesarchiv, Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg, Bd. V, S. 61-64 und S. 69-83 [S. 69-68 (Doppelblatt) fehlen, ohne daß im Text eine Lücke vorhanden ist.]
Veröffentlichung: Marburg 1999: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1999/0001/q21.html
Literatur: Haubfleisch, Dietmar: Schulfarm Insel Scharfenberg. Mikroanalyse der reformpädagogischen Unterrichts- und Erziehungsrealität einer demokratischen Versuchsschule im Berlin der Weimarer Republik (=Studien zur Bildungsreform, 39), Frankfurt [u.a.] 2001, bes. S. 469-484.


Die Oktoberstudienfahrt des Ausschusses.

Es dampften gemeinsam ab nach Saalfeld Herr [Julius] Wolff, P[aul] Glasenapp, W[alter] Schramm, H[ellmut] Jaesrich, H[ans] Woldt und W[ilhelm] Blume. Hinter Haubinda kehrte Glasenapp um, da die [Land-]Wirtschaft nicht länger ohne ihn gelassen werden konnte; in Frankfurt a.M. ward eine Darmkrankheit Herrn Wolffs so schlimm, daß er blutenden Herzens umkehren mußte.


Die Reiseroute [Anm. 1].

Wanderung von Saalfeld [Anm. 2] nach Wickersdorf [Anm. 3] in Sonntagnachmittagstimmung; im Gasthaus zu Wickersdorf ist Kirmeß - die Musik tutet die ganze Nacht; der Wirt selbst rät ab; in der Schule sitzt man beim Abendessen; wir begrüßen den "Lu" [=Martin Luserke] [Anm. 4]; ein Schüler und eine Schülerin quartieren uns in zwei Schülerbuden ein. Der Landwirt der Freien Schulgemeinde Herr Alpers [Anm. 5] bringt uns am nächsten Spätnachmittag auf den Weg. Schwerer Abschied von "Nanny". Übernachtet in Taubenbach. Und wir marschieren durch den Thüringer Wald nach Lauscha [Anm. 6], besuchen die Glasindustrie, lassen uns Hunde blasen [...]". Im Eiltempo hasten wir nach dem Zug nach Coburg [Anm. 7] - sitzen im Park dieser Pensionopolis [...]. Wir fahren nach Rodach [Anm. 8]; die von Haubinda kommenden Ettersburger [Anm. 9] Jungen sind uns die ersten Lietzschwalben. Schlafen im "Schützenhaus" und freuen uns am anderen Morgen inniglich an der Heldburg [Anm. 10], sind ganz im Bann des Meiningertheaterherzogs [Anm. 11] und des Traumes, auch einmal solch ein Schloß als Schule zu haben; am Schloßbrunnen spinnen wir utopische Pläne ... Wer weiß?! Vgl. S. 1 Schloß Wiesenburg im 1. Chronikband! [Anm. 12] Eine Bilderwand prägt sich uns ein: Heinrich IV. v. Frankreich, Herzog Bernhard und Gustav Adolf als historisches Trio. Damit soll nach den Ferien die erste Kulturrepitionsstunde beginnen! [Anm. 13]

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Auf sonnenbrandigem Weg nach Haubinda [Anm. 14]; 2 Lehrerbabys und aufgehängte Windeln war[en] das erste, was wir sahen; "500 Zentner Äpfel", erzählt der Gärtner, "werden verschmaust"; Schweinestalljauche; nachmittags Hockey. "Familie Kirschkern" [Anm. 15].

Wir schlafen nach lehmig-feuchter Winterwanderung in Streudorf; es gibt dort "gewöhnliche und ungewöhnliche Betten", und die Eier zum Abendbrot müssen wir selbst einkaufen. Es geht durch den Grabfeldgau mit seinen Kastenheiligen, wächsernen Handreliquien und Holzäpfeln nach Königshofen [Anm. 16] und von da mit der Bahn zur Rhönstadt Bischoffsheim [Anm. 17], wo im "Stern" schon geheizt ist. Im Morgennebel hinter den Häuserchen hinauf zum Kreuzberg [Anm. 18] zum kärglichen Frühstück bei den Mönchen mit trockenem Brot und Zichorie [Anm. 19] und zu dem entzückenden Besuch der Mönchskirche [Anm. 20] - Der Altar strotzt von Gold - Der Prunk ist lieblich gemildert durch blühende Blumen, die der Gärtnerpater liebevoll ordnet[.]


"Es glänzt und duftet um und um
Im kleinen Gotteshaus,
Wie wenn des Himmels Majestät
In frischen Veilchen läge:
Der Herr, der durch die Wandlung geht, -
Er lächelt auf dem Wege."


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Hoch oben im Nebel bei den 3 Kreuzen verschwanden unsere Ausschußmitglieder Hans [Woldt] und Walla [=Walter Schramm] [Anm. 21]; aber Hochmut kommt vor dem Fall. Der hochweise Ausschuß verläuft sich trotz Ratseinholung bei einem klugen Rhönschäfer; wir laufen, ohne es zu merken, in Serpentinen um denselben Berg; Karusselburg haben wir ihn deshalb getauft. "Hilf uns, heiliger St. Kilian!"

Und dann gings im Dauerlauf nach Gersfeld [Anm. 22]; dabei hat sich der schon leidende Herr Wolff zu viel getan. Wir waren zur Zeit auf dem Bahnhof, aber der Zug nicht; gerade heute trat der Winterfahrplan in Kraft; man heizte nicht umsonst in den Rhönwirtschaften. Nach längerer Rast in einer Schlagsahnefabrik machen wir uns unabhängig vom Dampf und steigen auf die Wasserkuppe zur Segelflugstation [Anm. 23]. Barackenlager - Erdarbeiter - Fliegerdenkmäler - Flugproben! Walla, der auf der Theaterfahrt Lust zum Tierarztberuf bekam, möchte jetzt doch lieber Flugzeuge konstruieren. An den Telefonstangen entlang kommen wir nach Abtsroda; es dunkelt bereits; ein Ochsenwagen, der Basaltschotter fährt, wird unsere Rettung; sonst wären wir nicht im einsamen Gasthaus zur Milseburg [Anm. 24] gelandet; unser teuerstes Quartier.

Und am anderen Morgen hielt der Zug nach Durchquerung eines Tunnels auf der Station Bieberstein [Anm. 25]; wir nahmen das alte Abtsschloß im Sturm. Wir sitzen im "Burgdreieck" und warten aufs Läuten. Man scheint hier länger zu schlafen als in Scharfenberg. Hänschen [Woldt] kehrt von einem seiner aufschlußreichen Rekognoszierungsgänge zurück; die Schule ist auf der Herbstwanderung und kehrt übermorgen zurück. Wir hatten aber hier oben einen herrlichen Sonnenaufgang genossen, fanden im Sekretariat einen Brief vor, der uns davon in Kenntnis setzte, daß Rolf Wernecke trotz der 9. Schulgemeinde "unter meinen Fittichen" bleiben solle [Anm. 26] tranken im Speisesaal Kakao, ein von der Wanderung daheimgebliebener Abiturient zeigte uns die äußeren Einrichtungen, und zu Mittag saßen wir schon in der kühlen Bonifatiuskirche

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zu Fulda [Anm. 28]. Vor einem Seitenaltar setzte ein junges Mädchen einen Korb mit Blumen nieder, wohl in Erfüllung eines Gelübdes. "Aber sich so verlieren, ist mehr sich finden", heißt das Motto zu Gottfried Kellers ["]Legende von Dorotheas Blumenkörbchen["] [Anm. 29]. In der historischen Paulskirche in Frankfurt a. M. [Anm. 30] war der gar ganz mit Ähren und Früchten geschmückt, von jeder Gattung eine köstliche Probe; Erntedankfest! Klassisches und ganz Modernes verbindet sich uns zu eigenartig anregendem Reiz, indem wir nach pietätsvollem Besuch des Goethehauses am Hirschgraben Pirandellos geistreich-spielendes Stück "Sechs Personen suchen einen Autor" im Schauspielhaus genießen [Anm. 31]; seine Als-Ob-Philosophie beherrscht noch das Gespräch auf dem Königsstuhl bei Heidelberg. Nach einer Fußwaschung in den Fluten des Neckar leben Heldburgaspirationen wieder auf beim Besteigen der Neckarsteinachschlösser [Anm. 32]. Das eine ist im Besitz einer österreichischen Familie. Ob sie es nicht verpachtet? Wir sind wieder drin im Pädagogischen, und schnell geht's quer durch den Odenwald [...], über Schönau [Anm. 33], wo uns die Großmutter, eine ragende Frau Ute, beim Abendbrot im Pfälzer Hof unterhält, Heiligkreuzsteinach, Trösel, Weinheim [Anm. 34] über die Ruine Starkenburg [Anm. 35] durch Weinberge der Bergstraße nach Oberhambach und stehen in der Abenddämmerung überraschend in der Landhäuserkolonie der Odenwaldschule [Anm. 36]. Zwar Herr [Paul] Geheeb ist verreist, aber Familie Senn [Anm. 37] plaudert mit uns über alles, was wir wissen wollen; wir schlafen im Lazarett, und am anderen Mittag nach unserem Hospitium fügt Dr. [Walter] Saupe

((von 64 nach 69 [sic!]))

der traditionsfrommen Orientierung die scharfe Kritik des Gastlehrers hinzu [Anm. 38]. In dem Auto, das Frau Dr. [Edith] Geheeb[-Cassirer] [Anm. 39] zurückgebracht hatte, konnten wir nach Heppenheim [Anm. 40] zur Bahn sausen und übernachten in Fulda in den schiefen Zimmern des Goldenen Fasses. Am anderen Morgen sollte der zweite Sturm auf Schloß Bieberstein unternommen werden; aber am Schalter noch besannen wir uns eines anderen und wanderten erst noch zur Lohelandschule bei Dirlos; wir wußten ihre genauere Lage nicht; auf einem Waldweg ging ein Mädel in buntem Leinenkleid und einem Rucksack hinten auf vor uns her; wir folgtem ihm und kamen so in den Umkreis dieser Werkgemeinschaft; sehnige Frauengestalten pilgerten an uns vorbei; die eine schwenkte einen menschlichen Bein- und Beckenknochen beim Gehen in der Hand; sie wollten zum Anatomiekursus. Wir kamen an der Bastkorbflechterei vorbei, sahen die Mädchen in den Bauernhäuschen, die dazu gemietet waren, am Handwebstuhl arbeiten. Nun waren wir auf den Appetit gekommen und fuhren [Anm. 41] noch nach Schlüchtern [Anm. 42], da unsere Führerin durch die Häuser Lohelands von dem volkshochschulartigen Unternehmen Habertshof mit dem Verlag Neuwerk

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erzählt hatte [Anm. 43]. Die Rhön mit ihrem steinig-billigen Boden ist reich an solchen Gründungen; die rhönmäßige Armseeligkeit haftet dieser Siedlung denn auch noch zu sehr an. Ich stelle mich dem Leiter Pfarrer Emil Blum [Anm. 44] vor; er sieht uns etwas entgeistert an; in der Verlagsstube nachher lag ein Buch von ihm über Tolstoi [Anm. 45]; ein junger Lehrer namens [Ludwig] Rese [Anm. 46] führt uns. Auch er ist mit der Jugendbewegung unzufrieden und möchte Taten sehen. Vergl. aus der Zeitschrift Neuwerk Mai 1924 [Anm. 47].

Unterwegs in der Bahn suchten wir uns an der Hand der gekauften Zeitschriften und Bücher ein Bild von den Zielen und der Methode dieser Bewegung zu machen. Unser Freund Karl Wilker steht ihr nicht ganz fern; der Berliner Staatsanwalt Normann Körber [Anm. 48], der auch schon bei uns draußen war, der in den bösesten Gegenden Berlins sonntags die Jugend um sich sammelt, schreibt in ihren Blättern. Ihr Lokalheros ist der Volksschriftsteller Georg Flemmig [Anm. 49], dessen "Dorfgedanken" wir uns zu Gemüte führten [Anm. 50]; ihn selbst in Schlüchtern aufzusuchen, ward uns die Zeit zu knapp. Wir fuhren noch gegen 10 mit einem Auto von Fulda nach Bieberstein, um am anderen Morgen rechtzeitig beim Wecken zur Stelle zu sein. Kurz

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vor Toresschluß schlüpften wir noch in einem Privatquartier unter. In Bieberstein war jetzt wieder Schule, aber [Alfred] Andreesen war noch nicht da, der Musiklehrer H.[ilmar] Höckner [Anm. 51] war in Berlin, Noten zu holen; die [für uns] wichtigeren Klassen halfen beim Kartoffelbuddeln; von den unterrichtenden Herren war nur einer einem Hospitium zugänglich; so machten wir uns bald nach einer Besprechung mit dem Leiter Herrn [Hermann] Baumann [Anm. 52] wieder auf und wurden am nächsten Tag nach einer anstrengenden Nachtfahrt von Fulda nach Gardelegen in Schloß Letzlingen bei Bernhard Uffrecht reichlich entschädigt [Anm. 53]. Es war uns nicht leid nach dem Besuch dieser Schule, durch einen Postkartenukas von Weinheim aus die Ferien um 2 Tage verlängert zu haben. Um nun wenigstens jetzt rechtzeitig einzutreffen, waren wir die Nacht gefahren und von Gardelegen aus durch den altmärkischen Kiefernwald auf der schnurgeraden Chaussee so gelaufen. daß ein Wanderer uns nachrief: "Der kleine Herr kann ja garnicht mehr mit." Der kleine Herr sollte Hans Woldt sein, die anderen waren eben noch größer.

Unsere Reiseroute hatte uns mit 7 Schulen bekannt gemacht; es war eine selten schöne Verbindung: so viel verschiedene Landschaften kennen zu lernen und für Wanderung und Reise von einem pädagogischen Mekka zum anderen wieder anregenden Gesprächsstoff zu haben; erst hatten wir immer noch eine ganze Weile von dem Gesehenen und Gehörten zu zehren; und nach einem kleinen Stückchen Tippel- und Äppeltour begann uns die nächste Station, wenn wir in ihre Bannmeile kamen, im voraus zu beschäftigen. Abends und in der Eisenbahn lesen wir [Hermann] Lietz' Lebenserinnerungen [Anm. 54]. Abgesehen davon, daß Herr Wolff krank unterwegs sich von uns trennen mußte und man anfangs wohl auch nicht genug Rücksicht auf ihn genommen hatte, hat kein Mißklang diese Oktobertage getrübt, der beste Trost nach dem so disharmonischen Schluß des Semesters.


Von unserem Hospitieren.

Wir haben in Summa 25 Stunden beiwohnen können. Wenn man nach so flüchtigen Eindrücken urteilen dürfte, wäre das Unterrichtliche nicht die stärkste Seite der Heime.

Die erste Stunde Deutsch in der Wickersdorfsexta mit ihrem Nachgebete unverstandener lateinischer Gesänge war ein übler Auftakt; das Französisch in der dortigen Untersekunda ward nach kurzer Zeit von der Dame abgebrochen, weil eine selbstgewollte Disziplin nicht zu erreichen war. Die Obersekunda verhielt sich bei dem gewandten Vortrag des Dr. Avaranti [gemeint wohl: Rodriguez Alvarez de Toledo] [Anm. 55] über Faschismus [sic!] mehr als reziptiv; aktiver war die Abiturientenklasse, in der Dr. [Paul] Reiner eine gute Primastunde über modernes Verfassungs-

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leben gab [Anm. 56]. Die Math. in V und die Biologie in IV bei dem Arzt der Schule[,] Dr. Garthe[,] waren neutral. Schlimm war wieder der Anfang in Haubinda: Physik in O III bei Herrn [Erich] Kerstein; Herr Wolff buchte triumphierend, wieviele in der Stunde hinausgegangen sind und kauend wiederkamen. Die Geschichtsstunde der Untersekunda bei Dr. Meissner war schulmäßig korrekt, wenn auch in Ton und Niveau unjugendlich; fein ist der Zeichenunterricht, systematisch aufbauend von der Verwendung einer Farbe bis zur Gegeneinandersetzung von Dreien in Untersekunda, vielleicht im Ton der Aquarelle gar zu vorsichtig und zart, aber auf jedem Fall von einem klaren, unverstiegenem, einheitlichem Wollen getragen; der Zeichenlehrer schläft und wohnt gleich neben seinen Saale und ist auch innerlich aufs engste damit verbunden!

In der Odenwaldschule verrieten Schüler und Schülerinnen eine genaue Kenntnis vom Blutkreislauf des Menschen, die sich in Zeichnungen und an der Tafel dokumentierte. Im Lateinischen las man Ciceros Rede gegen Verres [Anm. 57] wie anderswo auch; bei weitem am besten übersetzte ein Mädchen. In der Geschichtsstunde war das Niveau lehrerinnenhaft; als "Kursarbeit" hielt ein Estländer ein Referat über den Deutschen Orden, die Lehrerin ergänzte und "befestigte" vor allem eine sehr große Menge von Zahlen (10 aus der Geschichte des Deutschen Ordens[)]; die Stunde schloß mit einer Wiederholung des "Gehabten" in Frageform. Solchen Geschichtsabschnitt von einer Dame vorgetragen, berührt seltsam; die größeren Jungen dieser Mittelstufe befanden sich auch in einer merklichen Opposition. In einer anderen Abteilung wird die Reichsverfassung besprochen, indem die einzelnen Paragraphen nach Präparation gelesen werden. Das Englische bei Frau [Alwine] von Keller hatte unseren Hospitanten gefallen wegen des menschlich feinen Tons und einem entsprechenden Drüberstehen über dem Stoff; man hatte die Zeit geteilt, da eine Hälfte Konversation haben wollte, die andere [Thomas] Carlyle las; das langsame

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Vorwärtsgehen und ein nicht allzu reges Beteiligen waren aufgefallen.

In Bieberstein konnten wir nur einer französischen Stunde beiwohnen, in der eine Examensprobe mit häufigen Hinweisen aufs drohende Abiturium zurückgegeben wurde. In der reichen Wartezeit, die man uns dort gab, blätterten wir aus Langeweile in den Klassenbüchern der Obersekunda und Unterprima, in denen uns folgende nachträglichen Eintragungen von Schülerhand auffielen:

"Much [Anm. 58] bietet der Klasse enormen Stumpfsinn wie immer".
"Dr. Andreesen nach Haubinda - alles atmet auf."
"Much will uns Strafarbeiten geben, daß wir schreien."
"M. wirft mit Kreide, das wäre etwas für die Schlagballmannschaft. Hipp, hipp, hurra!"
"Die O II A schreibt Klassenaufsatz über die Übelstände im Heim oder wie man Baumann [den Leiter] [Anm. 59] durch den Cacao leiert"
"Warum denn weinen, wenn Baumann im Cacao sitzt, getrunken wird er drum doch."
"Dr. Baumann will sich bei der Klasse scheinbar einen guten Stand erwerben, da er wiederholt die Math. ausfallen läßt. Vergebens!"
"Vorträge in der Kapelle - Tierquälerei! Es ist leider zu kalt zum Schlafen!"
["]Kulturkunde 10.X.1921: Durchgenommen griechische Scheiße."

Wir waren starr, solches Pennälertum und solches Niveau auf der Oberstufe der Lietzstiftung zu finden in diesem hochgelegenen Schloß; als wir vom "Burgdreieck" aus auf die schön geschwungenen Rhönlinien herabgeschaut, hatten wir uns gefragt, ob solch Höhenblick als stiller Miterzieher nicht den flachen Seeufern vorzuziehen sei.

Und es wandte sich der Gast mit Grausen.

In Schloß Letzlingen begannen wir bei der jüngsten Abteilung; auch Kinder aus dem Dorfe sind dabei. Ein blühender Arbeitsunterricht und ein konzentrierter Gesamtunterricht! Neidisch konnte man werden, daß sich so etwas auf höherer Stufe um so vieles schwerer machen und erreichen läßt. Sie holen ihre Wetterkundehefte vor; 4x werden am Tage die Beobachtungen eingetragen. Man kommt auf die Regenhöhe zu sprechen, liest den Regenmesser ab. Woran kann man draußen erkennen, ob's geregnet hat? Einige holen vom Schloßhof von den Regenwürmern hereingezogene Kastanienblätter herein; sie werden gezeichnet, auf Schwarzpapier durch Belichtung abgedrückt. Die Karte soll im Archiv aufbewahrt werden, sie muß einen Titel haben. Der Titel wird gesucht; die beste Formulierung wird auf einem Kärtchen geschrieben; das am besten und übersichtlichsten Geschriebene muß sauber angeklebt werden. Und gesungen haben sie auch dabei noch! Zu diesem Herrn [Hans] Scholz [Anm. 60] ist die Schule zu beglückwünschen.

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Wer kennt sie nicht die üblichen Lesestunden, in bleiernem Gleichschritt ablaufend? Und was wurde bei Herrn Kochel [gemeint: Otto Kroggel] [Anm. 61] in Letzlingen daraus, als er mit den 10, 11jährigen Mädeln und Buben Sonnleitners ["]Höhlenkinder im heimlichen Grund["] las [Anm. 62]. Er selbst sagte fast garnichts dazu; selbst das Weiterlesen regelte sich von selbst; von selbst stürzen sie an die Tafel, technische Dinge, die vorkamen, anzuzeichnen; der nächste wischt's wieder weg, um's besser zu machen; das eine Bauernmädel rennt nach Haus, eine Wabe zu holen aus ihrer Imkerei; besonders lebhaft wird's, wie sie sich vorstellen das Trocknen der Kleider im hohlen Baum; nachmittags wollen sie mit dem Lehrer hin in den Wald, einige wissen einen. Und das Korbflechten wollen sie auch nachmachen; einige Jungen werden nachher Weiden schneiden und sie in das Wasser des Burggrabens legen. Lesefehler werden ohne wichtigtuerische Gehässigkeit von den Kindern selbst verbessert. Und der Leiter selber wieder einen Kursus höher - Mathematik; auch hier noch wirkliche Selbständigkeit. Läßt sie ruhig gewähren auch auf falscher Fährte, bis sie selbst merken, daß sie aufgelaufen sind. Und ihr Geometrieheft führen sie selber nach 3 Rubriken (1. Selbstverständl. Sätze nur im Wortlaut, 2. Konstruktionsaufgaben, 3. Schwierigere Sätze mit Figuren.) Freilich je weiter nach oben - fehlt's an geeigneten wirklich fachlich gebildeten Lehrkräften; das Französisch des jungen Herrn Strümpel [gemeint: Karl August Stuempfel] [Anm. 63] ist nicht taktfest, er macht auch selbst keinen Hehl daraus, wie man überhaupt in Letzlingen trotz starken Schauspielereinschlags im Schülerpublikum (Peter Cyfoldt!) garnicht posiert. Die deutsche Literaturstunde bei Frl. [Elisabeth] Wyneken [Anm. 64] über das Thema ["]Wie werten wir die Dichter?["] ging zum größten Teil über die Köpfe weg; das war ein Mißverhältnis zwischen der gewollten Problematik und der mangelnden Klarheit in der Übermittlung.


Reisegespräche.

Ein paar Worte am Bachabend in Wickersdorf mit [Gustav] Wyneken beim Aufbruch aus dem schnell zum Hörsaal verwandelten Speisesaal, und der Eindruck ist klar: Hier steht der Leiter, wenn er auch abgesetzt ist; gerade an dem Nachmittag hat die Auseinandersetzung stattgefunden: Luserke und Reiner gehen, Dr. Garthe übernimmt die Leitung, und Wyneken bleibt im Nachbardorf! [Anm. 65] Wenn man nach dem persönlichen Eindruck

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urteilen soll, scheint es eine absteigende Linie zu sein: von Wyneken über "Lu" zu Garthe. Wenn aber der spiritus rector hinter dem Strohmann bleibt, der "Lu" nicht sein mochte, kann's fachlich vielleicht gerade wieder aufwärts gehen. So stellt es sich im Gespräch mit dem Landwirt Alpers dar, der uns in seine Baracke zum Tun mitnimmt; man will mehr praktische Arbeit leisten, graben; sprengt schon die Strunken heraus, eine Waldfläche urbar zu machen; auf dem alten Tennisplatz werden Gurken gezogen! "Gott sei Dank, wenn ein Teil der Schüler mit Luserke, dessen Fähigkeiten jeder achten muß, nach Juist zieht. Wie lange schon steht "Baer und Sohn" [Anm. 66], von allen Kameradschaften abgelehnt, auf dem Rangierbahnhof!" -

Mittag im Dorfgasthaus zu Wickersdorf hat's gar ein erregtes Streitgespräch zwischen mir und Wolff gegeben; der Bachabend unter [August] Halms [Anm. 67] Leitung hatte uns allen imponiert, nicht nur durch Können, besonders auch durch die stark hervorgetretene Fähigkeit des Zuhörens; mir gab auch zu Denken die Andacht, mit der man sich am anderen Morgen versammelt hatte vor Frühstück und Unterricht, ein Bachvorspiel anzuhören; ging das nicht zusammen mit dem schweigenden Hinziehen zum Gymnastikplatz, alle hinter einander 10 Minuten lang durch den Wald, durch den ein höhlenartiger Gang zwischen den Baumsäulen getreten, und man macht die Übungen (nicht anders als wir auch), ohne ein Wort zu sagen, wieder mit einer gewissen Feierlichkeit. Ich mußte meiner Bewunderung, als wir Mittag zum ersten Mal wieder "unter uns" waren, Ausdruck geben, daß dieser mystische Schwung (vielleicht ist's auch bloß noch Stilzeremonie sich so lange hat halten können nach dem Abgang des Gründers, der das bewußt gewollt hat; nur die Macht der Tradition bringt's hier fertig, bei täglich wiederholtem Tun soviel jüdische Münder schweigen zu lassen! Und strahlt so etwas nicht aus auf den ganzen Tag und jahrelang geübt schließlich auf den ganzen Menschen? Wolffs Berliner Rationalismus bäumt sich dagegen auf: "Ich verstehe Sie nicht mehr! Solch Mumpitz, solch bewußte Gefühlsduselei - der Buddasohn in der Nische, mit Rot drapiert, beim Bachvorspiel morgens." Wir schreien uns förmlich an, den dörflichen Schmorbraten auf der Gabel; wir mußten so laut uns auseinandersetzen, weil zu dem Disput die Dorfmusikanten in demselben Raum ihre Blasmusik vom Stapel ließen und betrunkene Kirmeßbesucher, z. Tl. mit Ruß tätowiert, ihre Jodler dazwischen mischten. Herr Wolff sah mich schon jeden Morgen bei einer musikalischen Andacht im Saal, wie alle Schüler einzeln mit zeremonischem Diener an der Tür mich begrüßen, wie die Wickersdorfer ihren "Lu". Die Spannung löst sich, als ich mich zu dem

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Bekenntnis durchringe, das sei keineswegs die Absicht; so etwas läßt sich nicht übernehmen; aber das sei meine Meinung, daß uns viel, viel geholfen sei, wenn sich eine gleiche Stileinheit - sicher von einem ganz anderen Gebiete her, in ganz anderer Art auch - bei uns herausbilde!

Als wir Wickersdorf verließen, ward Wert darauf gelegt, bei Lu sowohl wie bei Garthe mich zu verabschieden; wir trugen als neutrale Ausländer der augenblicklichen Dyarchie Rechnung.

Unterwegs von Rodach nach Haubinda auf einer ergiebigen Äpfelchausee gabs einen scharfen Gymnastikdisput, angeregt durch die in Wickersdorf gesehenen Übungen, die eigentl. nichts anderes als "Freiübungen" gewesen waren. Der scharfen Haarspalterei des Logikers Walter Schramm, den dabei die guten Geister seiner sonst so gern zitierten Großmutter verließen, vermochten wir zwar nicht zustimmen, aber es blieb doch als praktisches Erlebnis: eine bewußtere Pflege unserer gymnastischen Freiübungen, die Orientierung über neue Bücher auf diesem Gebiete wie etwa die von Surèn.

Aus den Gesprächen mit dem dicken Erich, Obertertianer in Haubinda, der uns eine zeitlang als Führer beigegeben war. "Ach, es ist hier nicht viel anders als auf einer anderen Penne, nur daß man weniger lernt." "Dr. Meissner ist als Lehrer gut und auch [Will] Damm [Anm. 68] in Mathematik, die anderen können nischt."

Wir kommen mit dem alten Eugen [Anm. 69], der auf dem Felde pflügt, ins Gespräch: "Als unser Dr. [Lietz] noch hier war", "als wir noch die 1000 Morgen unter dem Pflug hatten", "und der war überall dabei", "jetzt hat das alles keinen Zweck mehr, wird unnütz vertan", "man macht nur noch so weiter, weil man nicht mehr anders anfangen kann", "als unser Dr. noch hier war" - "Hü", und resigniert pflügt er weiter Reihe um Reihe; und die Sonne geht unter.

Aus dem Gespräch mit Herrn Senn in der Odenwaldschule: "In einer Schulgemeinde kommt's nicht auf Gesetze an, sondern auf Sitte."

Frl. [Gerda] Schottmüller [Anm. 70], die Geschichtslehrerin, bereits 9 Jahre hier tätig, meint: Die Koedukation [das Charakteristikum der Odenwaldschule] [Anm. 71] sei nur möglich unter der stillen, aber unglaublich instinktsicheren Überwachung von Herrn Geheeb, der bei den ersten Anzeichen stürmischerer Zuneigung die betreffenden jungen Menschen zu sich kommen lasse und in der Regel einen starken Einfluß ausübe; im anderen Fall unauffälliges

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Verschwinden. - Herr Dr. Saupe, mit dem wir eine Weile im Lehrerzimmer zusammensaßen, sieht sehr stark die Schwächen, die Unsystematik des Odenwaldkurssystems. "Man beruft sich hier täglich auf Kerschensteiner und Fichte und kennt sie nicht. Denn hier gibts kein Durchsetzen von Pflichten; man läßt jeden so aufwachsen. Man kann geradezu von einer Verschwendung von Lehrkräften sprechen; wer gebummelt hat, für den wird ein Extrakurs eingerichtet."

Die Wirtschaftsdame erzählt auf der Autofahrt nach Heppenheim: "Wir haben sehr viel Briefschreiberei wegen der Bezahlung, die oft in unseren Künstlerehen nicht klar ist. Manche bezahlen jahrelang nachher. Der Schwiegervater Stadtrat [Max] Cassierer ist ja da [Anm. 72]. Dafür bekommen manche Lehrer nur 40 M monatlich bar Geld."

Sicher zum Teil aus "Sitte", aber auch aus innerem Interesse werden wir aufgefordert, von Scharfenberg zu erzählen. Man versammelte sich dazu in dem Saal und hörte gerne zu und fragte interessiert, bis wir des Zuges wegen aus dem Kolloquium aufbrechen mußten. Man versicherte vielfach, die Erzählung von der Überwindung sich türmender Schwierigkeiten habe erfrischend gewirkt; es fehle hier zu sehr der zupackende Elan. "Man ist hier stolz darauf, Schüler zu haben, die für die Staatsschule zu zart sind." Gesprächsweise ward uns in einem Zimmer das Urbild der Drude gezeigt; im Roman ist es doch sentimentalisiert." [Anm. 73]

In der Lohelandschule kommt ein alter Mann aus der Gegend zu Besuch; die jungen Mädchen umringen ihn. "Es ist ein Weber aus dem Nachbardorf; er webt jetzt für uns, denn, so meinte er, die schönen Muster machten ihm bei der Arbeit viel mehr Freude als die Anfertigung der Waren für den Fabrikanten." "Unsere Werkschülerinnen in der Bastbinderei oder Weberei wohnen nicht an der Arbeitsstätte; da ist der Feierabend schöner. Sie wohnen bei den Bauern in den Dörfern ringsum. Da ist jede, wenn sie will, sich selber überlassen und gehört doch zum Ganzen, das ihre Heimat ist."

In Neuwerk ist unser Herr Rese etwas skeptisch; "es ist die Gefahr der Siedlungen, daß sich in ihnen zu viel Menschen zusammenfinden, die für das Leben draußen zu schwach sind. Ich selbst will auch nicht hierbleiben, bin Volksschullehreraspirant, mein Platz ist mehr in der Großstadt!" [Anm. 74]

In Bieberstein sitzen wir mit dem Leiter Herrn Baumann in der "Kapelle", jenem Raum, von dessen Lese- und Feierstunden sich Hermann Lietz so viel versprach. "Wir haben auch Halbjahrsarbeiten, z.B. hat als solche einer einen Schreibtisch gebaut; doch halten wir darauf, daß in solchen Fällen auch eine Beschreibung geliefert wird. Ein anderes Thema war das Glied eines Regenwurmes. Den Studientag haben wir in Bieberstein abgeschafft, das Alter ist noch nicht reif dazu." Man merkt bei diesem Schüler

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Lietzens so garkeine Affinität zum Meister. Oder wir haben uns von diesem ein falsches Bild gemacht!


Reisebeobachtungen.

1. In Haubinda muß sich der Lehrer die Tafel selbst abwischen; in der Odenwaldschule wäre das nicht möglich; und in Scharfenberg?

2. In Wickersdorf stand das Ruhebett, auf dem ich schlief, auf Margarinenkisten, aber man sah nirgends eine Antenne. In Bieberstein waren überall feine Eisengestelle, und in jedem Zimmer fast fand sich ein Radio - wie stolz waren wir, auf die Wickersdorfer Seite zu gehören [Anm. 75]!

3. In Haubinda badeten P. Glasenapp und W. Schramm im künstlich angelegten Badeteich mit Zementgrund; als sie hineinsprangen, schwuppte das Bassin über. Das war die vollkommenste Freiluftschwimmeinrichtung, die wir antrafen. Und wieviele wissen die einzigartige Schönheit unseres Badeplatzes zu schätzen??

4. Wenn der Lehrer in der Odenwaldschule in die Klasse kommt, ruft der "Klassenvertreter" Achtung und ermahnt während der Stunde Unaufmerksame durch Anruf. Überhaupt demokratischer, freier als bei uns war man nirgend[s] die Schülermitregierung.

5. Überall gab's Klassen, regelrechte Klassenzimmer und Lehrmittelsammlungen; von unseren 25 Hospitierstunden fand eine im Freien statt (Odenwald).

6. In Haubinda, Bieberstein und Odenwaldschule machen die Schüler nur die Betten selbst, sonst machen Hausmädchen rein. In Wickersdorf hatte eine junge Russin ihr Privatzimmer, selbst ausmöbiliert, mit Teppichen und eigenem Klavier. In Schondorf, das wir freilich nicht besucht haben, kann man für höheren Monatsmietssatz ein Einzelzimmer beziehen.

7. Überall - auch in Wickersdorf - fanden wir die Einrichtung der Arbeitsstunden, in denen im Klassenzimmer unter Aufsicht eines Lehrers gearbeitet wird. Überall gab es Zensuren. In der Odenwaldschule wird die Beteiligung an einem Kurs gebucht und mit zensierten Bemerkungen ergänzt.

8. Nach dem Essen stehen auf dem Wickersdorfer Schulhof plaudernde Gruppen; man fährt Rad; flirtet sogar etwas; die Kleineren jagen sich, man klettert auf einander, ist herzerquickend lustig und

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harmlos; ein Klingelzeichen läd zum Musikabend. Wir wissen garnicht, wie uns geschehen; wir stehen plötzlich so gut wie allein - alles ist im Saal und schweigt.


Reiseerkenntnisse.

1. Wir sind "farmerisch" auf dem richtigen Wege. Der alte Eugen schwärmt von jenen Zeiten, als der Doktor [=Lietz] noch das ganze Gut hatte und Bieberstein mitbeliefert werden konnte; die Wirtschaftsdame in der Odenwaldschule beklagt es, daß sie garkein Land kriegen können. Bernhard Uffrecht will etwas pachten, wenn's ihm der übelwollende Fiskus gibt, und Wickersdorf holzt ab, um Feld zu gewinnen und hat 4x in der Woche Hilfsdienst, zu dem beim mittäglichen Appell wird; Wickersdorf, das ästhetisierende, musizierende Wickersdorf gräbt und jätet Unkraut!

2. Am meisten "geschafft" wird in der Lohelandschule; man verkauft das selbstgepflückte Beerenobst zentnerweise; man flicht kunstvoll gefärbte Körbe und Kübel; man webt künstlerisch eigenartige Stoffe, in deren Muster sich der Rhythmus ihrer Tanzschule fortsetzt; man produziert für den Versand. Warum geht das, was bei uns hapert? Die Mädchen sind alle über 18, sind z. Tl. Werkschülerinnen, die sonst ihre Ausbildungszeit hier nicht durchmachen könnten, für die meisten ists Ausbildung für den Beruf! Diese Erkenntnis ward mir - ernsthaft, ohne Ironie! - zum Trost.

3. Die Werkstätten in Haubinda und Bieberstein sind musterhaft eingerichtet; doch in der Biebersteiner Tischlerei arbeiteten 4 Fachleute. Die Stühle und Tische in den Klassen waren eigene Arbeit und vom Gekauften nicht zu unterscheiden. Wozu die Schusterei in Haubinda? Man bringt seine zerrissenen Stiefel dorthin und der Fachmann mit den Werkschülern besohlt sie. Arbeit der eigenen Werkstatt! Gewiß uns fehlt z.B. im Tischlern die fachmännische Unterweisung, aber eine dauernde Verfachlichung wird leicht der Tod der Schülerselbständigkeit.

4. Daß die Lietzheime nicht mehr sind, was sie waren, dafür ist ein Hauptgrund das Überhandnehmen des Personals; dieses und sein Anhang frißt den Profit auf, der dem Ganzen oder ärmeren zu gute kommen müßte.

5. Erst auf der Reise ward mir klar, daß ja Lietz von dem Gedanken ausgegangen ist, den Söhnen der Eltern, an deren Wohnsitz keine höhere Schule war, ein "Heim" zu bieten anstatt der entsetzlich stumpfsinnigen Kleinstadtpensionen. Und dieser "Heimcharakter" ist noch heute die Hauptsache; im Unterrichtlichen darf man kein allzuwagemutiges Interesse erwarten.

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6. Aus diesem Heimcharakter schreibt sich auch her die Institution der "Familie" in der Lietz- und der Odenwaldschule. Gewiß ist - zum mindesten in der Odenwaldschule fiel es auf - , wenn eine bestimmte Anzahl von Schülern mit einer Lehrerfamilie in einem Hause zus. wohnt, Ordnung und Sauberkeit größer; die fabelhafte Stille am Abend nach Dunkelwerden in der Odenwaldschule fiel uns auf; es war eben alles in den Häusern, um des Lichts gesellige Flamme versammelt. Und die "Kinder" werden von der "Mutter" zu Bett gebracht. Aber was kann - selbst das Prinzip zugegeben, das der Selbständigkeit entgegenwirkt - dabei sich gestalten bei dem nun einmal notorischen Lehrerwechsel? Muß das nicht zu einer veräußerlichten Nachahmung innerlichster Beziehungen führen? Vater- und Muttersein wird zu Onkel- und Tantenschaft, und was ist einer zur Selbständigkeit strebenden Jugend im Scharfenberger Entwicklungsalter unangenehmer? Dann noch lieber die Wickersdorfer "Kameradschaften".

7. Am Beispiel Wickersdorfs und der Odenwaldschule ward uns der Unterschied von Koinstruktion und Koedukation klar; bei Geheeb wohnen Jungen und Mädchen zus. in den "Familien", in Wickersdorf wohnen die Mädchen für sich in einem besonderen Haus in "Kameradschaft" mit den Lehrerinnen; Jungen und Mädchen gehen getrennt zu den morgendlichen gymnastischen Übungen auf entgegengesetzt liegenden Plätzen, aber im Unterricht sitzen sie zusammen.

8. Ich hatte bisher geglaubt, unsere Kurse und unser in 3wöchigem Turnus wechselnder Stundenplan sei eine Fortbildung des in der Odenwaldschule üblichen; das stimmt nicht. Die gleichen Begriffe haben dort und hier einen ganz anderen Inhalt. Im Odenwald nennt man "Kurs" die Durchnahme eines vorher angekündigten Teilgebiets eines Faches in täglich 1 1/2 Stunden 4 Wochen lang; man wählt sich 2 solcher Kurse in jedem Monat; der Schüler hat also täglich je 2x 1 1/2 Stunden dieselben Fächer einen Monat lang, meinetwegen Cicerolektüre und Mechanik. Nach 4 Wochen tritt ein Wechsel ein; doch achten die Berater darauf, daß alle Fächer, die der Schüler braucht, drankommen. Dieser Kursunterricht unterscheidet sich in Niveau und Ziel nicht von sonstigem Unterricht; es soll nur die Möglichkeit bestehen, ein Fach, zu dem man augenblicklich keine Lust hat, fallen zu lassen für 1-2 Monate und ferner die Buntheit des Stundenplans ein-

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dämmen; ein Kursunterricht in unserem Sinne schließt sich schon darum aus, weil sehr verschieden Vorgebildete unter häufigem Wechsel teilnehmen. Diese gewählten monatsweise wechselnden "Hauptfächer" werden 8.30-10 und 11 bis 12.30 unterrichtet; das heißt nach der Tageszt. "Mittelkurs" und "Spätkurs"; dazu tritt ein "Frühkurs" von 7 - 7.50, der der Wiederholung der [...] nicht gewählten Fächer dient. Auf die fundamentalen Unterschiede zu unserem "Kurs- und Wochensystem" brauche ich an dieser Stelle nicht einzugehen, weil sie für jeden Chronikleser auf der Hand liegen.

Ein Monatsstundenplan eines ca. 16jährigen Odenwaldschülers sieht etwa so aus

. SennSaupeSchottmüller
Frühkursbiologische Wiederholung..
Mittelkurs .Cicero.
Spätkurs ..Geschichte des 14./15. Jhdts.



9. Ideal ist es, wenn aller eigentl. Unterricht [am] Vormittag liegen kann. Das kam uns recht zum Bewußtsein beim Anblick der selbstgewählten Nachmittagsbeschäftigung der Primaner in Bieberstein; Vorschrift ist, daß 4 Nachmittage besetzt sein müssen.

. Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Sonnabend
Ein Schüler hatte Chemie-Üb. Schlossern --- Schlossern Gartenarbeit ---
ein zweiter Gartenarbeit Musik --- Musik Gartenarbeit ---
ein dritter Zeichnen Gartenarbeit --- Zeichnen Musik ---
ein vierter Buchbindern Musik --- Gartenarbeit Latein (fac) ---
ein fünfter Musikkunde Flugzeugbast. --- Flugzeugbast. Flugzeugbast. ---
ein sechster Landwirt. Landwirt. --- Landwirt. Landwirt. ---
ein siebenter Chemie-Üb. Gartenbau --- Gartenbau Lat. fac. ---
ein achter Musikkunde Musik --- Schlossern Schlossern ---


Eine derartige übersichtliche und reinliche Nachmittageinrichtung wäre bei uns nur möglich nach dem Aufgeben des Studientags und dem Wegfall der pendelnden Lehrer.

10. Auch andere scheinen die gleiche Erfahrung mit der Gemeinschaftsarbeit gemacht zu haben; unser Führer in Neuwerk erzählt, daß die Mitarbeit der kommunistisch eingestellten Kursteilnehmer bei der den billigen Aufenthalt allein ermöglichenden Gartenbestellung die traurigste gewesen sei. Das muß dort noch aufreibender sein, weil die Teilnehmer nur 1 bis 2 Monate bleiben. Uns in Scharfenberg fehlt die Gewöhnung in diesem Geiste von Kindesbeinen an; Letzlingen wäre eine feine Vorbereitung für die Oberstufe bei uns, zumal dort vom Leiter abgesehen die geeigneten Oberstufenkräfte nie oder schwer zu gewinnen sein werden. Sollte ein derartiges Hand- in Handarbeiten nicht möglich sein??

((82))

11. Die landschaftliche Lage ist kein in erster Linie maßgebender Faktor, auch die Beschaffenheit der Gebäude nicht entscheidend. Man könnte beinahe mit Bernhard Uffrecht sagen: je weniger "schön" die Umgebung, um so besser; darum muß alles von innen kommen.


Glücksfunde aus unserem Reiserucksack.

Im Kreuzbergkloster auf der Rhön fanden wir in mittelalterlicher Schrift geschrieben eine Hausordnung, die für jede Bruderschaft vom gemeinsamen Leben Beherzigenswertes enthielt:


["]Umb die zehend stundt abendts sölln die gest ir lager und ruestatt aufsuchen, so nit der Guardian awss absunderlich ursach ein awssnamb verstattet. Denn es ist geschriben bei Eccl. 5,11 Dulcis est somnus operanti.

Das crottenviech politica soll der gest in ruch lan und inn nit auff das schwentzlin tretten, auch nit unnutz disput überglanz benssechen erheben, dieweilen sulch gebarn nit zum gewünschten seelenheil füret, sondern nur zu grewlich und onflettig wort ursach wirt.

So ein fremdling, ein hospes und advena das hausgesetz nit ze halten vermag, kann im nit herberg noch atzung gewert sein, für den ist nit locus in diversario.["]


Im Fichtehaus der Odenwaldschule wecken einige Schüler und Schülerinnen durch den Gesang eines Liedes im Treppenhaus; das machte einen überaus netten Eindruck.

In Bieberstein und auch sonst fiel uns auf, wie dort weit mehr als bei uns blühende Blumen gezogen wurden; es brauchen keine großartigen "Anlagen" zu sein, aber ein Streifen Land mit Gartenblumen altdeutscher Art bunt besät, gibt Farbe und heimelt an.

In Bieberstein füllt man die Zeit zwischen dem Unterrichtsschluß und dem Mittagessen durch eine Sportpause aus, zu der man sich gruppenweise zusammenfindet. Diese Spanne zusammengerechnet macht weit mehr aus als was in den öffentl. Schulen für Turnunterricht angesetzt ist.

In Bieberstein hatte kurze Zeit vor unserem Dortsein die Schülerfeuerwehr in einem Dorf die erste Hilfe beim Brand gebracht.

Die Lohelandschule hält sich für ihren Bedarf als Hauptleistung zur Ernährung

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der Eier wegen einige Hundert Hühner in einem großen eingezäunten Komplex; flüchtige Besichtigung schon zeigte, daß diese Hühnerfarm eine Musterwirtschaft war. Das fehlt bei uns noch sehr; jeder Einzelzweig des praktischen Betriebes soll nicht nur etwas abwerfen, sondern durch seine Sauberkeit, durch Versuche bewußt und unbewußt wirken, Freude an der Qualitätsarbeit und schöner Ordnung wecken. Wenn diese Frauen hier oben, die Körbe flechten, Leinen weben, Häuser aus dem Material der eigenen Steinbrüche errichten, Zentner von Beerenobst sammeln und im Tanz ihre Körper trainieren, so viel Sorgfalt auf die Hühnerzucht verwenden, macht mich das Verdammungsurteil unseres Landwirts daheim stutzig; nach der Heimkehr wurde ich zunächst privatim auf unserem unausgenutzten Waldgelände eine Hühnerfarm errichten!


Anmerkungen:


Anm. 1
Im Folgenden werden zu den genannten Orten - soweit dort vorhanden - Hinweise auf entsprechende Artikel in den betr. Bänden des Handbuchs der Historischen Stätten Deutschlands gegeben.


Anm. 2
PATZE, Hans, Saalfeld, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, hrsg. von Hans PATZE, Stuttgart 1968, S. 369-377.


Anm. 3
1906 wurde in Wickersdorf von Paul Geheeb (1870-1961) und Gustav Wyneken (1875-1964) die Freie Schulgemeinde Wickersdorf gegründet.


Anm. 4
Martin Luserke (1880-1968) war seit Herbst 1906 Lehrer und Erzieher an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf und nach dem Ausscheiden Geheebs (1909) und Wynekens (1910) mit kriegsbedingter Unterbrechung von 1910 bis 1925 Leiter der Freien Schulgemeinde.


Anm. 5
Zur Zeit sind keine biographische Informationen zu Landwirt Alpers (18..-19..) bekannt.


Anm. 6
SCHULZE, Hans K., Lauscha, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, hrsg. von Hans PATZE, Stuttgart 1968, S. 253: "Im Tale des Lauschabaches im sö. Thüringer Wald entstand E. 16. Jh. die Industriesiedlung L., die ihren Aufstieg [...] der Glaserzeugung und Glasverarbeitung verdankt. Die Glasmacher Hans Greiner und Christoph Müller [...] gründeten 1597 [...] am Lauschabach eine Glashütte [...]. Da jeweils nur der jüngste Sohn den väterlichen Anteil an der genossenschaftlich betriebenen Glashütte erbte, wanderten viele Glasmacher aus und gründeten eigene Unternehmen [...]. Neben der industriellen Glaserzeugung wurden bald auch Glasveredelung (Schliff und Glasmalerei) und Glasbläserei (figürliches Glas und Christbaumschmuck) heimisch. Besonderen Ruf erhielt L. als Geburtsort von L. Müller-Uri (1811-88), dem die Herstellung künstlicher Menschenaugen gelang [...]."


Anm. 7
WITHOLD, Karl, Coburg, in: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, hrsg. von Karl BOSL, 2. Aufl. Stuttgart 1965, S. 127f.


Anm. 8
HOFMANN, Hans Hubert, Rodach, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, hrsg. von Karl BOSL, 2. Aufl. Stuttgart 1965, S. 628.


Anm. 9
HUSCHKE, Wolfgang, Ettersburg, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, hrsg. von Hans PATZE, Stuttgart 1968, S. 121f. - Das Landerziehungsheim Ettersburg wurde 1923 von Hermann Lietz gegründet.


Anm. 10
Geschichte und Beschreibung der Feste Heldburg. Nebst Führer durch die Feste und Stadt Heldburg und Umgebung, hrsg. von Ludwig RESS, 5. Aufl. Hildburghausen 1922. - DEGEN, Kurt, Heldburg, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, hrsg. von Hans PATZE, Stuttgart 1968, S. 192f.: "Im 14. Jh. entstand [für die Veste Heldburg] der Name 'Fränkische Leuchte', weil die Burg weithin ins fränk. Land sichtbar ist. Der heutige Bau geht im wesentlichen auf das 16. und 17. Jh. zurück [...]."


Anm. 11
Gemeint ist: Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914). - S. dazu: HESS, Ulrich, Georg II., in: NDB, Bd. 6, Berlin 1964, S. 228f.; vgl. etwa auch: HELDBURG, Freifrau von (Ellen Franz), Fünfzig Jahre Glück und Leid. Ein Leben in Briefen aus den Jahren 1873-1923, hrsg. von Johannes WERNER, Leipzig 1926 (bes. S. 15-28) und: GRUBE, Max, Geschichte der Meininger, Berlin [u.a.] 1926.


Anm. 12
Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg [künftig zit. als: Berlin, LA, SIS]: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg [künftig zit. als: CH], Bd. I, o.S. (1922; 'Prähistorie'); abgedr. in: Wilhelm Blume zum 100. Geburtstag (=Neue Scharfenberg-Hefte, 6), Berlin 1984, S. 8: "Am Teich im Park des Wiesenburger Schlosses war es, wo der Plan zu einer weltverbessernden Idealschule gefaßt wurde. In der Schule sollte alles betrieben werden, denn nichts Menschliches ist uns fremd, da sollte neben der Wissenschaft besonders die Kunst gepflegt werden, da sollten die Schüler Ställe ausmisten lernen und den Laokon lesen, Stiefel besohlen und Cellokonzerte geben. Der größte Teil unserer Wanderschar beschloß, Lehrer zu werden. Wir würden uns dann auf eine wunderbar gelegene Gralsburg mit unserem Führer zurückziehen und von dort aus eine Welt der Menschlichkeit regieren ... Wer einst in Jahrzehnten in den Annalen unseres Bundes blättert, wird erstaunt sein, daß hier der Ursprung einer Jugenderziehung liegt, deren Segnungen er vielleicht selbst erfahren hat. Um dem Unternehmen einen festen finanziellen Grund zu geben, muß unser Blume oder wenn er noch zu jung ist, Herr Walger, unser Turnlehrer, die dicke, in weiße Kleider gehüllte Gräfin von Wiesenburg heiraten ... Schüler und Lehrer! Vereinigt Euch zur Idealschule! Das ist der Ruf, der erklingt vom Pfingstausflug des Jahres 1918."


Anm. 13
Es schließt sich hier an ein mit "Burghof der Feste Heldburg (Fränkische Leuchte), von Norden gesehen" betiteltes Foto, wohl einer Zeitung oder Zeitschrift entnommen.


Anm. 14
PATZE, Hans, Haubinda, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, hrsg. von Hans PATZE, Stuttgart 1968, S. 186. - In Haubinda gründete Hermann Lietz (nach der 'Pulvermühle' bei Ilsenburg im Harz im Jahr 1898) 1901 sein zweites Landerziehungsheim.


Anm. 15
Es schließt sich hier an ein mit "Exerzierstunde im D. L. E. H., Haubinda" betiteltes Foto, wohl einer Zeitung oder Zeitschrift entnommen.


Anm. 16
KUNZMANN, Hugo, Königshofen i. Grabfeld, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, hrsg. von Karl BOSL, 2. Aufl. Stuttgart 1965, S. 368.


Anm. 17
KUNZMANN, Hugo, Bischofsheim a. d. Rhön, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, hrsg. von Karl BOSL, 2. Aufl. Stuttgart 1965, S. 97.


Anm. 18
SCHMALE, Franz Josef, Kreuzberg, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, hrsg. von Karl BOSL, 2. Aufl. Stuttgart 1965, S. 373: "Der Legende nach soll der hl. Kilian um das Jahr 686 an Stelle einer heidnischen Kultstätte auf dem Aschberg in der Rhön ein Kreuz errichtet haben, weshalb der Berg den Namen K. erhielt. Bischof Julius Echter von Würzburg ließ an dem schon damals vielbesuchten Wallfahrtsort an Stelle des oft erneuerten Holzkreuzes ein steinernes und eine kleine Kapelle errichten. 1644 wurde zunächst in Bischofsheim am Fuß des Berges eine Franziskanerniederlassung gegr. 1681 begann die Errichtung des Klosters auf dem K., der heute noch einer der bedeutensten frk. Wallfahrtsorte ist [...]."


Anm. 19
Die Pflanze 'Wegwarte'.


Anm. 20
Es ist hier ein Heiligenbildchen, den "St. Joseph" zeigend, eingefügt, von Blumes Hand mit dem Satz versehen: "Kleine Heiligenbilder sind aus einem alten Gesangbuch gefallen."


Anm. 21
Es schließt sich hier an ein Foto, wohl aus einer Zeitung oder Zeitschrift, welches die 3 Kreuze des Kreuzberges mit einem Wanderer (Mönch?) zeigt.


Anm. 22
HAHN, Heinrich, Gersfeld, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 171f.


Anm. 23
Oskar Ursinus hatte 1920 auf dem langgezogenen Kamm der Wasserkuppe, der mit ihren 950 m höchsten Erhebung der Rhön, den deutschen Segelflugsport begründet.


Anm. 24
UENZE, Otto, Milseburg, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 332.


Anm. 25
HAHN, Heinrich, Bieberstein, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 48f.: "Schloß B., 506 m hoch auf steilem, bewaldetem Berg gelegen, entstand in seiner heutigen Gestalt 1711-14 nach Plänen von Johannes Dientzenhofer und ist heute Hermann-Lietz-Schule. Zur Sicherung klösterlichen Besitzes baute kurz vor 1150 der Fuldaer Abt Marquard die Burg B., die 1250 verstärkt wurde [...]." - Auf Schloß Bieberstein gründete Hermann Lietz 1904 sein drittes Landerziehungsheim. - Im noch erhaltenen Gästebuch von Bieberstein sind Blume und seine Begleiter nicht zu finden; vgl. dazu: Hermann Lietz-Schule. Schloß Bieberstein briefl. an D.H. vom 24.01.1989: "Im Biebersteiner Gästebuch sind viele Eintragungen unter dem Oktober 1924 aufzufinden, jedoch keine von W. Blume und seinen Schülern."


Anm. 26
Vgl.: Berlin, LA, SIS: CH, V, S. 55f.: Protokoll der 09. Schulgemeinde.


Anm. 27
Es schließt sich hier an ein mit "Kunstunterricht im 'Burgdreieck'. D. L. E. H., Bieberstein" betiteltes Foto, wohl aus einer Zeitung oder Zeitschrift stammend.


Anm. 28
HAHN, Heinrich, Fulda, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 154-160.


Anm. 29
KELLER, Gottfried, Sieben Legenden, in: KELLER, Gottfried Gesammelte Werke, Bd. 7, Stuttgart [u.a.] 1903, S. 331-427; hier: S. 411-420: 'Dorotheas Blumenkörbchen'. - Keller (1819-1890) erreichte mit diesen zwischen 1855 und 1871 entstandenen und 1872 in Stuttgart erschienenen kleinen Stücken erstmals breitere Leserschichten.


Anm. 30
MEINERT, Hermann, Frankfurt, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 126-140.


Anm. 31
PIRANDELLO, Luigi, Sei personaggi in cerca d'autore, 1921; dt.: Sechs Personen suchen einen Autor, Berlin 1925.


Anm. 32
Es handelt sich hier um eine Gruppe von vier Burgen. S.: GUNZERT, Walter, Neckar-Steinach, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 337f.


Anm. 33
SCHAAB, Meinrad, Schoenau, in: Handbuch der Historischen Staetten Deutschlands, Bd. 6: Baden-Württemberg, hrsg. von Max MILLER, Stuttgart 1965, S.597f.


Anm. 34
DAUBER, A. / SCHAAB, Meinhard, Weinheim, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 6: Baden-Württemberg, hrsg. von Max MILLER, Stuttgart 1965, S. 736f.


Anm. 35
JORNS, Werner / KOOB, Ferdinand, Starkenburg, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 421-423.


Anm. 36
Die Odenwaldschule wurde 1909 von Paul Geheeb - nach dessen Trennung von Gustav Wyneken und der Freien Schulgemeinde Wickersdorf - bei Oberhambach im Odenwald gegründet. - Goldern, Archiv der Ecole d'Humanité: Nachlaß Paul und Edith Geheeb: Paul Geheeb an seine Frau Edith briefl. vom 01.10.1924: Geheeb kündigt den Besuch Blumes und einiger Mitarbeiter an; er bittet seine Frau, die Gäste freundlich aufzunehmen und Blume auch mit den Lehrern Brenning und Sachs zusammenzubringen. - In: Oberhambach, Archiv der Odenwaldschule (OSO): Gästebuch vom 03.02.1921 bis 24.04.1925 findet sich S. 133 der Eintrag: "7.X.24. Blume, Leiter der Insel-Scharfenbergschule [sic!] bei Berlin mit dem Schülerausschuß Walter Schramm, J. Woldt, H. Jaesrich."


Anm. 37
Albert Senn (1897-1935) war von 1912 bis 1915 Schüler am schweizerischen Landerziehungsheim Glarisegg, von 1921-1926 Biologe Mitarbeiter der Odenwaldschule, ging dann an das Landerziehungsheim Hof Oberkirch (Schweiz). - Biographische Informationen u.a.: GRAAB, Franz Josef, Fritz Wartenweiler und die Erwachsenenbildung in der Schweiz, Zürich [u.a.] 1975, S. 46. - GRUNDER, Hans-Ulrich, Das schweizerische Landerziehungsheim zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Erziehungs- und Bildungsinstitution zwischen Nachahmung und Eigenständigkeit. Mit einem Vorwort von Hermann RÖHRS (=Studien zur Erziehungswissenschaft, 22), Frankfurt [u.a.] 1987, S. 300, Anm. 26. - SCHWARZENBACH, Fritz, Karl Hermann Tobler 1872-1933. Gründer des Landerziehungsheims Hof Oberkirch, Hof Oberkirch 1977. - Sowie: Näf an D.H. briefl. vom 09.03.1999. - Vgl.: SENN, Albert, Biologie und Gartenbau in der Odenwaldschule Oberhambach, in: Die Gartenschule. Ihr Wesen und ihr Werden, hrsg. von Adolf TEUSCHER und Max MÜLLER, Leipzig 1926, S. 108-117. - SENN, Albert, Die Natur als Arbeitsstoff. Erfahrungen mit 12-15jährigen Knaben, in: Aufsätze aus dem Mitarbeiterkreis der Odenwaldschule zu ihrem zwanzigjährigen Bestehen (Paul Geheeb zum 60. Geburtstag), Heppenheim 1930, S. 9-16; in Auszügen (S. 13-16 des Originals) u.d.T. 'Die Arbeitspraxis im Biologieunterricht' wieder in: Die Idee einer Schule im Spiegel der Zeit. Festschrift für Paul Geheeb zum 80. Geburtstag und zum 40jährigen Bestehen der Odenwaldschule, hrsg. von Eva CASSIRER [u.a.], Heidelberg 1950, S. 64-67; dieser Auszug wieder in: Die Landerziehungsheimbewegung, hrsg. von Theo DIETRICH, Bad Heilbrunn 1967, S. 108-111. - NOSER, Edi / SENN, Albert / WARTENWEILER, Fritz, Mit jungen Männern im 'Sonnenblick' Walzenhausen, Zürich o.J. [1934].


Anm. 38
Walther Saupe (1892-19..) besuchte Ende 1924 die Schulfarm und wurde hier 1927 für kurze Zeit Lehrkraft tätig.


Anm. 39
Dr. Edith Geheeb-Cassirer (1885-1982).


Anm. 40
KOOB, Ferdinand, Heppenheim, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 209-212.


Anm. 41
Es schließt sich hier an ein gedruckter Zettel der "Genossenschaft Loheland zur Förderung der Schule für Körperbildung, Landbau und Handwerk, E. G. M. B. H.", vor allem eine Chronik der Genossenschaft von 1912-1923 enthaltend.


Anm. 42
CRAMER, Claus, Schlüchtern, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, hrsg. von Georg Wilhelm SANTE, 2. Aufl. Stuttgart 1967, S. 404-406.


Anm. 43
S.: BECKER, Georg, Die Siedlung der deutschen Jugendbewegung. Eine soziologische Untersuchung (Diss.), Hilden 1929. - BLUM, Emil, Der Habertshof. Werden und Gestalt einer Heimvolkshochschule, Kassel 1930. - VOLLMER, Antje, Die Neuwerkbewegung 1919-1935. Ein Beitrag zur Geschichte der Jugendbewegung, des Religiösen Sozialismus und der Arbeiterbildung, Berlin 1973. - LINSE, Ulrich, Siedlungen und Kommunen der deutschen Jugendbewegung. Ein Überblick, in: Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung, Bd. 14 (1982/83), S. 13-28. - UHLIG, Otto, Zeitliche Wurzeln - bleibende Wirkung. Ansprache 1981 in Schlüchtern, in: Bergwinkel-Bote 35 (1984), S. 29-39. - BENN, Kay-Oliver, Emil Blum und der Habertshof. Religiös-sozialistische Erwachsenenbildung in der Weimarer Zeit, in: Anarchismus & Bildung. Schriften zur libertären Pädagogik, Heft 2, Juli, 1988, S. 71-85. - LINSE, Ulrich, Habertshof, in: Zurück, o Mensch zur Mutter Erde. Landkommunen in Deutschland 1890-1933, hg. Ulrich LINSE, München 1983, S. 241-267 [davon S. 244-267 Quellen].


Anm. 44
S. etwa die Autobiographie von Emil Blum (1884-1978): BLUM, Emil, Als wäre es gestern gewesen. Wie konnte ich ein Pfarrer sein - im 20. Jahrhundert?, Zürich 1973.


Anm. 45
BLUM, Emil, Leo Tolstoi, Schlüchtern 1922; 2. Aufl. mit dem Untertitel "Sein Ringen um den Sinn des Lebens", Schlüchtern 1924. - TOLSTOI, Leo N., Die Schule von Jasnaja Poljana, hrsg. und mit einem Vorwort versehen von Stephan BLANKERTZ (=Bibliothek der Schulkritiker, 1), 2. Aufl. Wetzlar 1980.


Anm. 46
Zur Zeit sind keine biographischen Daten zu Ludwig Rese (18..-19..) bekannt.


Anm. 47
An dieser Stelle ist - unter Auslassung des Mittelteils - eingeklebt: RESE, Ludwig / ZINK, Max, Die Arbeitstruppe der Neuwerkjugend, in: Neuwerk. Ein Dienst am Werdenden. Jg. 6 (1924), S. 95-97.


Anm. 48
Normann Körber (1891-1973) war Jurist, Regierungsrat, Richter, Staatsanwalt, Amtsgerichtsrat u.a.; er war Mitglied in mehreren Gruppen der Jugendbewegung, etwa in der Freideutschen Jugend (1919/20) und der Neuwerkjugend (1920/24), gründete den Deutschen Jugendbund Lichterfelde und war bis 1924 Mitherausgeber des 'Neuwerk' und Mitarbeiter der Sozialistischen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost von Friedrich Siegmund-Schultze (1885-1969). - Kurzbiographie in: JANTZEN, Hinrich, Namen und Werke. Biographien und Beiträge zur Soziologie der Jugendbewegung, Bd. 5 (=Quellen und Beiträge zur Geschichte der Jugendbewegung, 12/5), Frankfurt 1982, S. 145-148.


Anm. 49
Georg Flemmig (1874-1950), Lehrer in Schlüchtern, war einer der Initiatoren und Zentralfiguren der Neuwerk-Bewegung. - S. zu ihm bes.: VOLLMER, Antje, Die Neuwerkbewegung 1919-1935. Ein Beitrag zur Geschichte der Jugendbewegung, des Religiösen Sozialismus und der Arbeiterbildung, Berlin 1973, S. 3f.


Anm. 50
FLEMMIG, Georg, Dorfgedanken. Blätter aus den Aufzeichnungen Klaus Deutlichs (=Neuwerk-Volksbücher, 1), Schlüchtern (Neuwerk-Verlag) 1921; 6.-12. Ts. Schlüchtern 1924


Anm. 51
Hilmar Höckner (ca. 1892-1968) kam Anfang der zwanziger Jahre nach Bieberstein, wo er bis 1946 lehrte; er brachte das dortige Musikleben auf eine einmalige Höhe und leitete das große Schulorchester des Landerziehungsheims. Dieses nur Originalwerke des Barock und der Moderne spielende Orchester wurde richtungsweisend im In- und Ausland. - Biographische Kurzinformationen in: SCHWARZ, Bibliographie der deutschen Landerziehungsheime, S. 156, S. 185 und S. 253.


Anm. 52
Dr. Hermann Baumann (1889-1970) war 1920-21 Lehrer und Erzieher am Deutschen Landerziehungsheim Haubinda und 1921-29 Lehrer und Oberstufenleiter auf Schloß Bieberstein. - Kurzbiographie in: HESSE, Alexander, Die Professoren und Dozenten der preußischen Pädagogischen Akademien (1926-1933) und Hochschulen für Lehrerbildung (1933-1941), Weinheim 1995, S. 157f.


Anm. 53
Bernhard Uffrecht (1885-1959) war von 1912 bis 1918 an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf tätig gewesen, davon längere Zeit (während der Kriegsgefangenschaft Martin Luserkes) als Leiter. Im April 1919 gründete er in Auerbach an der Bergstraße die 'Freie Werkgemeinschaft'. Nach zwei Zwischenstationen (einige Monate im Sinntalhof bei Bad Brückenau/Rhön, ab Ostern 1920 im Jagdschloß Dreilinden bei Berlin) bezog sie am 1. Januar 1922 das ehemalige königlich preußische Jagdschloß Letzlingen/Altmark und nannte sich fortan 'Freie Schul- und Werkgemeinschaft Letzlingen' (FSWG). 1933 wurde die 'Freie Schul- und Werkgemeinschaft' von den Nationalsozialisten aufgelöst.


Anm. 54
LIETZ, Hermann, Lebenserinnerungen. Von Leben und Arbeit eines deutschen Erziehers, hrsg. von Erich MEISSNER, Veckenstedt 1920; 2., unveränd. Aufl. Veckenstedt 1921; 3. Aufl. Veckenstedt 1922. - Der Bd. befindet sich in Berlin, LA, SIS mit einem hdschr. Vermerk Blumes: "Gekauft und auszugsweise vorgelesen im Scharfenberger Herbst 1921. Bl[ume]."


Anm. 55
Einige biographische Informationen zu Alvarez de Toledo, Rodriguez (18..-19..) gibt: RADDE, Gerd, Fritz Karsen. Ein Berliner Schulreformer der Weimarer Zeit (=Historische und Pädagogische Studien, 4), Berlin 1973; Neuausg. als: RADDE, Gerd, Fritz Karsen. Ein Berliner Schulreformer der Weimarer Zeit. Erw. Neuausg. Mit dem 'Bericht über den Vater' von Sonja KARSEN [und dem Beitrag 'Verfolgt, verdrängt und (fast) vergessen. Der Reformpädagoge Fritz Karsen' von Gerd RADDE] (=Studien zur Bildungsreform, 37), Frankfurt [u.a.] 1999, S. 72: 1924-28 in Wickersdorf, dieses nach einem Krach mit Wyneken verlassen, wollte danach an keiner Privatschule mehr tätig werden; war staatenlos und ohne eine behördlich attestierte Fakultas und damit kaum eine Chance, an einer öffentlichen Schule tätig zu werden; er wandte sich an Karsen, der es schaffte, ihn als 'Hilfslehrer' anzustellen , ihn Mathematik-, Erdkunde- und Geschichtsunterricht in den höheren Klassen geben ließ und schließlich die Prüfungsberechtigung im Abitur für ihn durchsetzte; als die Brüningschen Sparverordnungen zu krassen Einsparungen zwangen, mußte Alvarez gehen; später emigrierte er, zunächst nach Paris, dann nach New York.


Anm. 56
Es schließt sich hier an ein Foto aus einer Zeitung oder Zeitschrift, von Blumes Hand versehen mit dem Titel "Der Schulhof in Wickersdorf".


Anm. 57
S.: CICERO, Sämtliche Reden. Eingel., übersetzt und erl. von Manfred FUHRMANN, 7 Bde.; Bd. 3: Gegen Caecilius - Gegen Verres I - Gegen Verres II, Buch 1-2, 2. Aufl.Zürich [u.a.] 1983; Bd. 4: Gegen Verres II, Buch 3-5, 2. Aufl. Zürich [u.a.]. 1985.


Anm. 58
Unklar, wer gemeint ist.


Anm. 59
So eingefügt vom Schreiber Blume.


Anm. 60
Hans Scholz (1894-19..) war von Oktober 1923 bis Ostern 1925 Lehrer an der Freien Schul- und Werkgemeinschaft Letzlingen (U. Uffrecht an D.H. briefl. vom 07.07.1999).


Anm. 61
Otto Kroggel (1899-19..) war von Januar 1923 bis zur Auflösung Lehrer an der Freien Schul- und Werkgemeinschaft Letzlingen (U. Uffrecht an D.H. briefl. vom 07.07.1999).


Anm. 62
SONNLEITNER, Alois Th., Die Höhlenkinder, 3 Bde., Stuttgart 1918-1920. Bd. 1: Die Höhlenkinder im heimlichen Grund (1918); Bd. 2: Die Höhlenkinder im Pfahlbau (1919); Bd. 3: Die Höhlenkinder im Steinhaus (1920). - Alois Th. Sonnleitner, eigentlich Alois Tluchor (1869-1939), österreichischer Schriftsteller, Lehrer und Schuldirektor in Wien; veröffentlichte neben pädagogischen und sozialpolitischen Schriften auch Märchen und Gedichte. "Die Höhlenkinder" stellen sein Hauptwerk dar; es handelt sich hier um eine dem kindlichen Verständnis angepaßte Romanfolge über die kulturgeschichtliche Entwicklung des Menschen. - Zur Biographie: MÜLLER, Helmut, [Alois Th.] Sonnleitner, in: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur, hrsg. von Klaus DODERER, Bd. 3, Weinheim [u.a.] 1979, S. 411-413.


Anm. 63
Karl August Stuempfel (1901-1937) war von Ostern 1924 bis Ostern 1929 Lehrer an der Freien Schul- und Werkgemeinschaft Letzlingen (U. Uffrecht an D.H. briefl. vom 07.07.1999).


Anm. 64
Elisabeth Wyneken (1876 oder 1877-1959) war die Schwester von Gustav Wyneken. Nach einer Ausbildung zur Volksschullehrerin studierte sie in Göttingen Deutsch und Geschichte, erwarb 1910 die Lehrbefähigung für höherer Schulen und trat 1911 in den Schuldienst ein. Etwa anderthalb Jahrzehnte arbeitete sie als Lehrerin und Erzieherin in privaten Landerziehungsheimen, davon die ersten Jahre an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf und von Ostern 1919 bis Ostern 1925 als Lehrerin an der Freien Schul- und Werkgemeinschaft Letzlingen. Danch arbeitete sie an staatlichen Schulen, u.a. an der Dorotheenschule in Berlin-Köpenick, dann an der Aufbauschule für Mädchen in Berlin-Friedrichshain. Sie gehörte der SPD an und wurde als "politisch unzuverläßig" von den Nationalsozialisten an eine Berliner Volksschule strafversetzt. Die letzten 20 Jahre ihres Lebens verbrachte sie bei ihrem Bruder Gustav in Göttingen. -
Nennung des Geburtsjahres 1877 und Hinweis auf den Zeitraum der Tätigkeit in Letzlingen: U. Uffrecht an D.H. briefl. vom 07.07.1999. - Alle anderen biographischen Angaben , incl. Geburtsjahr 1877 in: Eva Seligmann. Erinnerungen einer streibaren Pädagogin. Dokumentiert und bearb. von Heide HENK, hrsg.von der Schulgeschichtlichen Sammlung Bremen, Bremen 2000, S. 144.


Anm. 65
1910 geriet Wyneken in Konflikt mit der Meininger Regierung und wurde als Leiter der Freien Schulgemeinde Wickersdorf abgesetzt. Von Ostern 1919 bis Herbst 1920 übernahm er nochmals die Leitung, schied aber nach erneutem Konflikt wieder aus. Von 1921 bis 1932 nahm er jedoch von seinem Wohnsitz in der Nähe der Schule weiteren Einfluß auf Wickersdorf. Sein Nachfolger war von 1910 bis 1925 Luserke (vgl. oben Anm. 4). Der starke Einfluß Wynekens führte zu starken Spannungen innerhalb der Schulgemeinde. Ein Ergebnis dieses Konflikts war die Trennung Luserkes u.a. Lehrer (u.a. Herr und Frau Reiner, Herr und Frau Aeschlimann und Herrn Haffner) von Wickersdorf. Der Plan dieser Trennung sickerte im Sommer 1924 durch. Am 01.05.1925 gründeten die Sezessionisten die 'Schule am Meer' auf der Nordseeinsel Juist. - Zur Trennung s.: EHRENTREICH, Der Kampf um Wyneken, in: Junge Menschen. Monatshefte für Politik, Kunst, Literatur und Leben aus dem Geiste der jungen Generation, Jg. 7 (1926), S. 263-266; EHRENTREICH, Secessio, in: Junge Menschen. Monatshefte für Politik, Kunst, Literatur und Leben aus dem Geiste der jungen Generation, Jg. 7 (1926), S. 266-268; sowie: KUPFFER, Heinrich, Gustav Wyneken, Stuttgart 1970, bes. S. 134-138: Kap. 'Die Sezession der Gruppe Luserke'. - An Luserkes Stelle trat der von beiden 'Parteien' geachtete Schularzt und Biologe Dr. Garthe. Garthe mußte sich jedoch bereits im November desselben Jahres aus gesundheitlichen Gründen von Wickersdorf trennen; die Leitung fiel nun August Halm (1869-1929) - 1903-1910 und 1919-1929 Musiklehrer zunächst in Haubinda und dann in Wickersdorf - zu. Anfang 1925 wurde (zudem) Wyneken als Wirtschaftsleiter wieder zugelassen. Hierzu: KUPFFER, Gustav Wyneken, S. 137.


Anm. 66
Anspielung auf die Kameradschaft Luserkes, die sich die 'Bären' nannte; so jedenfalls: EHRENTREICH, Alfred, Freie Schulgemeinde Wickersdorf. Gustav Wyneken zum 100. Geburtstag am 19. März 1975, S. 102.


Anm. 67
Zu August Halm s. Anm. 65.


Anm. 68
Will Damm (1882-1961) war Lehrer in Haubinda und von 1931-1949 Leiter dieses Lietzschen Landerziehungsheims. - S. etwa seine Publikation: DAMM, Will, Die Werkschule Haubinda, in: Die Neue Erziehung, Jg. 7 (1925), S. 337-341. - Zu seiner Biographie s.: ZEILINGER, Franz, Will Damm zum Gedächtnis, in: Leben und Arbeit. Zeitschrift der Bürger, Altbürger und Freunde der Deutschen Landerziehungsheime Hermann-Lietz-Schule, Jg. 1961, Heft 1: Mai, S. 3-5. - Sowie: Archiv der Hermann-Lietz-Schulen. Schloß Bieberstein an D.H. briefl. vom 12.07.1999.


Anm. 69
Zur Zeit sind leider keine weiteren biographischen Informationen zu "dem alten Eugen" bekannt.


Anm. 70
Zur Zeit sind leider keine weiteren biographischen Informationen zu Gerda Schottmöller (18..-19..) bekannt.


Anm. 71
So vom Schreiber Blume nachgetragen.


Anm. 72
Max Cassirer (1857-1943), Kaufmann, Industrieller und Politiker (Stadtrat in Berlin), war der Vater von Paul Geheebs Frau Edith Geheeb-Cassirer (1885-1982) und galt als Finanzier der Odenwaldschule. - Vgl. dazu z.B.: ZIER, Kurt, Was ist geblieben?, in: Erziehung zur Humanität. Paul Geheeb zum 90. Geburtstag, hrsg. von Mitarbeitern der Odenwaldschule, Heidelberg 1960, S. 72-77, hier S. 77. - Und: CASSIRER, Eva, Der Stadtrat, in: Erziehung zur Humanität. Paul Geheeb zum 90. Geburtstag, hrsg. von Mitarbeitern der Odenwaldschule, Heidelberg 1960, S. 63-65.


Anm. 73
Mit dem "Urbild der Drude" ist gemeint: Trude Höppener (1900-1918), genannt Drude, Tochter des Künstlers Hugo Höppener (="anmFidus"); Drude war Schülerin der Odenwaldschule gewesen und starb 1918 in Folge einer Grippe (s. FRECOT, Janos / GEIST, Johann Friedrich / KERBS, Diethart, Fidus 1868-1948. Zur ästhetischen Praxis bürgerlicher Fluchtbewegungen, München 1972; zu Drude bes. S. 172-176). - Mit dem Roman ist gemeint: PRELLWITZ, Gertrud, Drude, 3 Bde., Oberhof 1920-23; [völlig unkritische] Kurzbiographie zu Prellwitz in: JANTZEN, Hinrich, Namen und Werke. Biographien und Beiträge zur Soziologie der Jugendbewegung, Bd. 4 (=Quellen und Beiträge zur Geschichte der Jugendbewegung, 12/4), Frankfurt 1976, S. 229-234. - Die jugendbewegte Lehrerin und Schriftstellerin Gertrud Prellwitz (1869-1942) war mit dem Fidushaus aufs Engste verbunden. Sie übte hier einen starken Einfluß aus, der kaum als positiv zu bewerten ist. - Der Roman 'Drude' ist ein nach dem Leben und dem Tagebuch der Drude / Trude Höppener gestalteter Entwicklungsroman, in dem sich Prellwitz direkt an die Jugendbewegung wandte (Bd. 1 Untertitel: "Ein Buch des Vorfrühlings. Der neuen Jugend gewidmet"), mit der Absicht, dieser nach dem verlorenen Krieg einen neuen Sinn und Inhalt zu geben; der Politisierung weiter Kreise der Nachkriegsgeneration stellte sie einen schwärmerischen, pseudoreligiös bewegten Typ junger Menschen gegenüber. - Die Beurteilung des Romans wie des Gesamtwerkes - welches fast eine Gesamtauflage von 400.000 erreichte - war kontrovers; jubelnde Anhängerschaft kam aus dem mehr idealistisch-schärmerischen Teil der Jugendbewegung, der mehr realistisch-politische Teil jedoch beurteilte Prellwitz als eine 'gefährliche Verneblerin' ("Laß Dich nicht beprellwitzen" war nach FRECOT / GEIST / KERBS, Fidus, S. 175, damals ein gängiges Wort) und ihre Werke als mit unerträglichem Prophetentum und hohlem Pathos vorgetragenen philosophischen und religiösen 'Edelkitsch'. - S. dazu etwa die Besprechung: KAWERAU, Siegfried, Gertrud Prellwitz. Ein Kapitel von deutscher Unkultur, in: Junge Menschen, Jg. 5 (1924), Heft 5, S. 110-112.


Anm. 74
Die von Ludwig Rese angesprochene Gefahr benennt - bezogen auf die Anfangsjahre des Habertshofes - auch: BLUM, Habertshof, S. 17: "Der Habertshof hat zwar nie den Grundsatz anerkannt, jedem Fremden, der sich der Siedlung anschließen wollte, offen zu stehen. Die Praxis lief aber doch stärker darauf hinaus, als sich wirtschaftlich verantworten ließ. Manch lebensschwacher Mensch landete auf dem Habertshof, weil er im normalen Berufsleben seinen Mann nicht zu stellen vermochte und verdeckte sich diese Schwäche durch irgendwelche Ideologien."


Anm. 75
Die Schulfarm wurde erst Mitte 1925 elektrifiziert, was nicht ohne grundsätzliche Diskussion innerhlab der Inselgemeinschaft geschah, da einige eine grundlegende Änderung des einfachen Lebensstils befürchteten (s. z.B.: Protokoll der 57. Abendaussprache vom 27.05.1925, in: Berlin, LA, SIS: CH, V, S. 176. - Und: Protokoll der 59. Abendaussprache vom 01.07.1925, in: Berlin, LA, SIS: CH, V, S. 211f. und S. 215.



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