Protokoll der 41. Abendaussprache


Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg, Bd. IV, S. 52-54

[Datum: Fr, 16.11.1923 - Protokollant: Wilhelm Blume]


Um die Wahlen zu erledigen, findet am 16. November die 41. Abendaussprache statt. Geister und Kroll spielen zu ihrer Einleitung ein Dorflied von Hauser.

Gawronski hat 2 Anträge hinterlassen; der erste auf ausdrückliches Verbot des Extrabrot- und Fetthaltens wird gegen 1 Stimme angenommen; sein 2. Antrag, abgegangenen Schülern die Möglichkeit zu gewähren, an den Abendaussprachen weiter teilzunehmen, findet insoweit Zustimmung, als abgegangene Kameraden auf Antrag eines oder mehrerer der Zurückgebliebenen das Recht verliehen werden kann, an den Abendaussprachen ohne Stimmrecht teilzunehmen.

Es wird drittens beschlossen: Den Dienst am gr. Saal übernehmen dauernd der Musikwart und der Privatbibliothekar Blumes; im Lesesaal der öffentliche Bibliothekswart; im Kultursaal Horst Heidtmann mit dem Recht, in dem kl. Raum dahinter zu wohnen. Zu den 2 Fährdiensten tritt ein dritter zum Ausschöpfen der Fähre; zu den 4 Tischdiensten ein 5. und ein ständiger Mahlzeitenchef, der den Transport des Geschirrs und des Essens zum Gartensaal regelt und diesen in Ordnung hält; auch der Waschdienst muß vermehrt werden, da im Pächterhaus 2 neue Waschräume hinzukommen. Die wechselnden Dienste: also Tisch-, Wasch-

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und Fährdienst lösen sich von jetzt ab im Wochenturnus ab.

Es folgen die Ausschußwahlen. Beim Mittagessen war beschlossen, wählbar sei nur, wer auf den bis 3 Uhr abgegebenen Vorschlagslisten stehe; man hatte damit allzu große Zersplitterung zu vermeiden gehofft. 20 waren namhaft gemacht. Es wird noch darauf hingewiesen, daß absolute Majorität Erfordernis der Ausschußwahlen ist, evtl. also Stichwahlen stattfinden müssen. Der alte Ausschuß zählt die abgegebenen Stimmen in der Veranda aus; die Hälfte der Wartezeit füllt Herr Bandmann mit dem Vorspiel des Hochzeitsmarsches aus dem Sommernachtstraum aus; in der anderen fragt Blume um Rat für eine Erwägung, die ihn des längeren beschäftige, ob es nicht empfehlenswert sei, eine vierteljährliche Probezeit für jeden Neuling einzuführen, nach deren Ablauf er entweder aufgenommen oder ihm von der Gesamtheit empfohlen wird, sich lieber der Gemeinschaft nicht anzuschließen. Dieser Gedanke fand Gegner; Herr Bandmann bezeichnete den Modus als gar zu hart; es müsse entsetzlich sein, so lange ein Damoklesschwert über sich zu wissen; auch sei es eine Bankrotterklärung, wenn eine Gemeinschaft jemanden abstoße, statt sich seiner anzunehmen [Anm. 1]. Da jetzt der Ausschuß wieder den Saal betritt, vertagt man die Entscheidung auf später und freut sich, erst noch Zeit zu reiflicher Überlegung zu haben. Das Wahlresultat ist folgendes:

Karl Berisch und Gerhard Metz mit absoluter Majorität; als dritter Schülervertreter tritt durch Stichwahl Walter Jandt hinzu; Herr Wolff hat 20 Stimmen, Herr Bandmann 19; 20 ist nicht ganz die Hälfte; da aber nicht anzunehmen ist, daß die Wähler, die sich der Stimme enthalten haben, ihre Meinung nach Verlauf von 10 Minuten geändert haben, wird Herr Wolff bestätigt. Als Vorsitzender der Abendaussprachen soll nach einstimmigem Wunsch Blume weiter fungieren. Für die Ämterwahlen schlug man folgenden Modus vor:

Der Vorsitzende fragte jedes Mal, ob neben dem bisherigen Vertreter noch andere in Betracht kämen; wurden Namen gerufen, fragte er, wer für Stimmzettelwahl sei; erhob sich eine Hand dafür, ward mit Stimmzetteln gewählt, sonst durch Handaufheben.

Es wurden mit großer Majorität wiedergewählt
der Ziegenwart Ulm,
der Hauswart W. Grundschöttel,
der Werkzeugwart W. Schramm, derselbe als 1. Heizer,
der Laboratoriumswart M. Grotjahn;
dieser wird auch wiedergewählt als Zeitungsberichterstatter,
H. Woldt als Lesesaalwart,
Fr. Geister als Musikwart,
Reschke als 2. Heizer und Apotheker,
Heinrichdorff als Fährkassenwart,
P. Grotjahn als Spielwart,
Paulmann als Postagent,
Röhrborn als Bullenbauwart.
W. Grundschöttel soll auch das Amt des Lichtwarts an Stelle von P. Grotjahn übernehmen; Buschke tritt als Lampenwart zur Seite, da Heidtmann Kultursaalwart und Heizer geworden ist;

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für Karl Berisch , der zurücktritt, wird A. Fritz Buchbinderwart, für Haffner Klemer - Bademeister, der als solcher im Winter die in der Wanne Badenden auf die Tage passend verteilt und die Heizung des Badeofens kontolliert, den Betrag von 5 Pf. für jedes Bad einkassiert. Für das Amt des Mahlzeitenchefs wählt man W. Schramm, als Geflügel- und Kaninchenwart E. Hoffmann. Die Stimmzettel wurden nach Schluß der Aussprache gezählt, die Ergebnisse am anderen Tag angeschlagen. ---


Anmerkungen::

Anm. 1:
Vgl. diese Argumentation Bandmanns mit dessen Argumentation in Protokoll der 31. Abendaussprache vom 16.05.1923.



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