Protokoll der 25. Abendaussprache


Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg: Chronik der Schulfarm Insel Scharfenberg, Bd. II, S. 42f. und S. 44 Anhang von Wilhelm Blume

[Datum: So, 11.03.1923 - Protokollant: Erich Gawronski]


Das Orchester spielt zur Einleitung den ersten Satz der fünften Symphonie von Beethoven.

Herr Blume stellt Frau Fuhrmann, die neue Wirtschafterin vor.

Die Ferienfrage: Blume: "Wir Scharfenberger sind in den Schultagen genug zusammen, brauchen deshalb nicht in den Ferien zusammen zu wandern. Ich will aber nicht darüber bestimmen!"

Die Nürnbergfahrt: Es kommt zu keinem Entschluß, da sich zur Fahrt in den großen Ferien 4, zur Fahrt in den Pfingstferien 6 melden. Walter Schramm erwartet, daß von den Neuen einige mitkommen.

Die Fahrt in die Sächsische Schweiz. Rudi Frey meint, daß es zu Ostern in der Sächsischen Schweiz naß sei. Rosolleck glaubt nicht daran, weil dort kein Laubwald und viele Felsen sind. Es melden sich 9 Schüler und 2 Lehrer. Auf den Vorschlag

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Blumes, daß die Wanderung nicht offiziell ist und daß auch Nichtscharfenberger mitkommen, stellt Willi Grundschöttel einen eventuell mitkommenden Freund in Aussicht.

Antrag Reschke: Die Oster- und Pfingstferien zusammenzulegen.

Antrag Wolff: Die Ferien auf die Zeit vom 19.IV. - 1.V. zu legen, weil dann 1. das Braunsche Haus eingeräumt werden kann und 2. die Neuen und wir nicht nach einigen Wochen Schule wieder Ferien haben. Der Rest wird auf die Osterfeiertage vom 29.III. - 3.IV. und auf die Pfingstfeiertage vom 18.V. - 22.V. verteilt. Antrag Wolff wird mit 13 gegen 7 Stimmen angenommen. Rudi Frey schlägt vor, unsere Ferien mit den Stadtferien zusammenzulegen und die Einräumung als Gemeinschaftsarbeit vorzunehmen. Ihm wird entgegengehalten, daß nach den Erfahrungen aus dem vorigen Jahr es gut gehe, wenn nicht alle da sind. Die Einräumungsarbeit ist ein Opfer, welches man geben kann, nicht zu geben braucht.

Anfang: 7.40

Ende: 8.45



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[Anhang von Wilhelm Blume:]

Ferienfahrten?

Zu der Frage der Ferienfahrten möchte ich im Anschluß an umstehendes Protokoll meine Meinung hier vorläufig fixieren; vorläufig, denn ganz klar bin ich mir auch noch nicht; doch mein erstes Gefühl sagt mir folgendes:

1.) Wenn wir das ganze Jahr fest auf der Insel in engstem Verein leben, erscheint es mir angebracht, daß die Schüler in den Ferien mit anderen Menschen, ihren Eltern oder anderen Altersgenossen und Freunden zusammen sind; da wir schon hier in Scharfenberg zu einem guten Teil nach Wandervogelart leben, braucht nicht auch in den Ferien diese Gewohnheit gesucht zu werden; im Gegenteil, um nicht einseitig zu werden, um den Schliff auf der anderen Seite nicht ganz zu verlernen, müßte in den Ferien der Scharfenberger gerade das Leben in der Familie in städtischer Umgebung bevorzugen. Wenn wir Ferienfahrten machen, müssen sie nicht "Tippeltouren", sondern Studienfahrten sein zu Kunststätten und auch nicht zu ausgedehnt; dann

2.) spielt auch ein soziales Moment mit; eine offizielle Schulfahrt muß jeder mitmachen können; wenn einer mit seinen Eltern nach München oder an den Rhein etwa fährt, geht das niemanden etwas an; wenn aber die Schule ausfliegt, dürfen nicht einige zurückbleiben müssen, weil die Eltern das Geld nicht erschwingen können.



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