Ein Modell zur Validierung des „prozentualen Anteils der vorausgesagten forcierten Einsekundenkapazität“ (ppFEV1) als Surrogatendpunkt in klinischen Studien zu zystischer Fibrose

Bei der zystischen Fibrose handelt es sich um eine seltene genetische Erkrankung, bei der es aufgrund eines Defekts eines Chlorid-Ionen-Kanals, dem Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator Kanals (CFTR-Kanal), zu einer Viskositätssteigerung des Sekrets exkretorischer Zellen kommt. Die Erk...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Baum, Bastian Maria
Beteiligte: Sitter, Helmut (PD. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2023
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Bei der zystischen Fibrose handelt es sich um eine seltene genetische Erkrankung, bei der es aufgrund eines Defekts eines Chlorid-Ionen-Kanals, dem Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator Kanals (CFTR-Kanal), zu einer Viskositätssteigerung des Sekrets exkretorischer Zellen kommt. Die Erkrankung manifestiert sich bereits im Kindesalter und schreitet progressiv, insbesondere im Respirationstrakt und dem Pankreas, voran. Typische Symptome sind eine fortschreitende Leistungsschwäche, chronischer Husten und chronische Pankreatitis. Die Endstrecke der Erkrankung verläuft über eine Lungenfibrose und respiratorische Insuffizienz bis zum Tod der Patienten, wobei die mittlere Lebenserwartung durch eine optimierte Therapie mittlerweile bei 49 Jahren liegt. Neben der symptomatischen Therapie hat sich durch die Entwicklung der CFTR-Modulatoren ein kausaler Therapiezweig etabliert. CFTR-Modulatoren können die Öffnungswahrscheinlichkeit der CFTR-Kanäle erhöhen oder die Fehlbildung des CFTR-Kanals korrigieren. Als erster CFTR-Modulator wurde 2012 Ivacaftor von der US Food and Drug Administration (FDA) und später auch von der European Medicines Agency (EMA) zugelassen. Mit Lumacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor folgten weitere CFTR-Modulatoren. Wie bei vielen aktuellen Arzneimittelzulassungen üblich, erfolgte die Zulassung von Ivacaftor und den folgenden CFTR-Modulatoren im Rahmen eines beschleunigten Zulassungsverfahrens. Diese Verfahren basieren auf den Ergebnissen klinischer Studien, deren Endpunkte keine klinischen Endpunkte sind, sondern Surrogatendpunkte. Surrogatendpunkte bieten zwar unter anderem den Vorteil eines vereinfachten Studiendesigns, die Verwendung birgt aber das Risiko, dass der klinische Effekt trotz positiver Wirkung des Arzneimittels auf den Surrogatendpunkt falsch interpretiert werden kann. Für die zystische Fibrose ist der „prozentuale Anteil der vorausgesagten forcierten Einsekundenkapazität“ (ppFEV1), der durch die Spirometrie bestimmt wird, ein wichtiger Surrogatendpunkt, der auch in den Zulassungsstudien für die CFTR-Modulatoren verwendet wurde. Verschiedene Gruppen und Autoren, wie z.B. die „Internationale Konferenz über die Harmonisierung von technischen Voraussetzungen für die Registrierung von Pharmazeutika für die Anwendung am Menschen“ (ICH), fordern daher die Validierung von Surrogatendpunkten für den Einsatz in klinischen Studien. Ein Modell dafür ist das informationstheoretische Modell von Alonso und Molenberghs. Die Forschungsziele dieser Arbeit sind erstens die Darstellung des informationstheoretischen Modells, zweitens die Erstellung einer Übersicht randomisiert kontrollierte klinische Studien zu CFTR-Modulatoren, die sich für die Anwendung des Modells eignen und drittens die Anwendung des informationstheoretischen Modells auf die Daten der gefundenen Studien zur Validierung der ppFEV1. In der Literatursuche konnten 16 passende Studien gefunden werden. Aufgrund fehlender Studiendaten auf Patientenebene mussten Daten für einzelne Patienten aus den Mittelwerten des Therapiegruppen berechnet werden. Auf Basis dieser Daten konnte die ppFEV1 mit dem informationstheoretischen Modell validiert werden. Es konnte ein hoher Zusammenhang zwischen der ppFEV1 und dem Score des Cystic Fibrosis Questionaire-Revised Fragebogens (CFQ-R), einem klinischen Endpunkt, gezeigt werden. Die ppFEV1 erscheint somit als valider Surrogatendpunkt mit kausalem Zusammenhang mit dem klinischen Zustand der Patienten. Das informationstheoretische Modell stellte sich dabei zur Surrogatparametervalidierung in der praktischen Umsetzung als geeignet heraus. Es konnten ausreichend passende Studien für das Modell gefunden und dargestellt werden. Die ppFEV1 erwies sich in den Berechnungen als valider Surrogatparameter. Aufgrund der fehlenden Daten für einzelne Patienten in den gefundenen Studien ist diese Aussage jedoch nicht in den klinischen Alltag übertragbar. Dies stellt die größte Limitation dieser Arbeit dar. Unter der Prämisse der Verfügbarkeit solcher Daten könnte eine Validierung der ppFEV1 mit höherer klinischer Relevanz mit dem informationstheoretischen Modell wiederholt werden.
DOI:10.17192/z2023.0634