Controlling target selection for saccadic eye movements by informational value

Humans make up to three saccadic eye movements per second, with each saccade changing which part of a visual scene is projected on the relatively small retinal fovea, where visual information is processed with the highest visual acuity, and which parts of scenes are projected onto the relatively lar...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Wagner, Ilja
Beteiligte: Schütz, Alexander C. (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2022
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Menschen führen bis zu drei sakkadische Augenbewegungen pro Sekunde aus. Mit jeder ausgeführten Sakkade verändert sich, welcher Abschnitt der visuellen Umwelt auf den fovealen Teil der Retina (den Punkt des schärfsten Sehens) fällt und welche Abschnitte der visuellen Umwelt auf die periphere Retina, wo die Sehschärfe vergleichsweise gering ist, projiziert werden. Aufgrund der vergleichsweisen geringen Größe der Fovea muss das okulomotorische System vor jeder Sakkade eine Entscheidung darüber treffen, welcher Teil der visuellen Umwelt als nächstes Augenbewegungsziel fungieren soll. Auf ähnliche Weise muss das okulomotorische System nach jeder Sakkade evaluieren, ob die ausgeführte Augenbewegung akkurat genug war, um das gewählte Augenbewegungsziel zuverlässig auf die relativ kleine Fovea zu projizieren. Da die Umwelt des Menschen jedoch eine Fülle von visuellen Informationen beinhaltet, sind sowohl die Auswahl des nächsten Augenbewegungsziels als auch die Evaluation der Genauigkeit einer Augenbewegung keine trivialen Aufgaben. Daher muss das okulomotorische System selektive Entscheidungen darüber treffen, welche visuellen Informationen aus der Umwelt für die Zielselektion sowie die Genauigkeitsevaluation von Augenbewegungen berücksichtigt werden sollen. Die vorliegende Dissertation untersucht in drei Studien, wie das Ausmaß der aufgabenrelevant visuellen Informationen, die nach einer Augenbewegung aus der Umwelt extrahiert werden können (d.h. der Informationswert einer Augenbewegung), die Auswahl eines Augenbewegungsziels sowie die Zielselektion im Zuge von Sakkadenadaptation – der Mechanismus, der die Genauigkeit von Augenbewegungen evaluiert und aufrechterhält – beeinflussen. Für Studie I wurde untersucht, wie der Informationswert und die Kosten von Sakkaden für die Zielauswahl in einer kombinierten visuellen Such- sowie Diskriminationsaufgabe gegeneinander aufgewogen werden. Versuchspersonen wurden instruiert einen Zielreiz zu finden, der sich inmitten einer Reihe von Distraktorreizen befand, und ein Merkmal des Zielreizes zu beurteilen. Für korrekte Urteile erhielten Versuchspersonen eine monetäre Belohnung, wobei die verfügbare Zeit, in der Versuchspersonen Durchgänge bearbeiten und Belohnungen akkumulieren konnten, limitiert war. Der Informationswert von Sakkaden wurde manipuliert, indem pro Durchgang jeweils zwei Zielreize gezeigt wurden, deren Diskriminationsschwierigkeit sich unterschied. Versuchspersonen wurden instruiert, dass sie in jedem Durchgang frei wählen können, welchen der beiden Zielreize sie suchen und beurteilen möchten. Die Kosten von Sakkaden wurden manipuliert, indem die relative Anzahl von Distraktoren, die Ähnlichkeit zu entweder dem einen oder dem anderen Zielreiz aufwiesen, manipuliert wurde. Aufgrund der limitierten Zeit, in der Durchgänge bearbeitet werden konnten, mussten Versuchspersonen in jedem Durchgang die relativen Suchkosten der beiden Zielreize (d.h. wie viel Zeit muss investiert werden, um einen der Zielreize inmitten von ähnlich aussehenden Distraktoren zu finden) gegen ihren relativen Informationswert (d.h. die Schwierigkeit den entsprechenden Zielreiz zu beurteilen und die korrespondierende Belohnung zu erhalten) abwägen, um dadurch ihren individuellen monetären Gewinn pro Zeiteinheit zu optimieren. Die Ergebnisse aus Studie I zeigen, dass Versuchspersonen sowohl den relativen Informationswert als auch die relativen Suchkosten der beiden Zielreize berücksichtigen, um Entscheidungen darüber zu treffen, welchen Zielreiz sie suchen und beurteilen wollen. Allerdings akkumulierten Versuchspersonen über das gesamte Experiment hinweg weniger Gewinn als durch ein ideal observer Modell, welches sich in jedem Durchgang optimal verhält, vorhergesagt wurde. Ein generatives probabilistisches Modell konnte zeigen, dass dieser Effekt auf Rauschen auf zwei Verhaltensebenen rückführbar ist: Entscheidungsrauschen beeinträchtigte Entscheidungen darüber, welchen Zielreiz Versuchspersonen suchen und beurteilen sollen, was in gelegentlichen Entscheidungen für Zielreize mit relativ geringem monetärem Gewinn pro Zeiteinheit resultierte. Fixationsrauschen beeinträchtige dagegen Entscheidungen darüber, welche Distraktoren Versuchspersonen während der Suche nach dem gewählten Zielreiz fixieren sollen, was in gelegentliche Fixation auf Distraktoren resultierte, die nicht instrumentell dafür waren, den gesuchten Zielreiz schnellstmöglich zu finden. Wir schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass Versuchspersonen die relativen Suchkosten sowie den relativen Informationswert zweier konkurrierender Zielreize im Allgemeinen gegeneinander abwägen können. Allerdings war die Leistung von Versuchspersonen (d.h., wie viel Belohnung sie im Laufe des Experiments akkumulieren konnten) durch unsystematisches Rauschen auf der Entscheidungs- sowie der Fixationsebene limitiert. Für Studie II wurde untersucht, ob der Informationswert eines Augenbewegungsziels das kritische Zeitfenster, innerhalb dessen die Genauigkeit von Augenbewegungen evaluiert wird, vergrößern kann. Versuchspersonen wurden instruiert eine Sakkade zu einem neutralen Augenbewegungsziel auszuführen. Nach Detektion der Sakkade wurden zwei unterschiedliche Reize mit unterschiedlicher Orientierung an gegenüberliegenden Positionen ober- sowie unterhalb des Augenbewegungsziels präsentiert. Die Aufgabe der Versuchspersonen bestand darin, die Orientierung eines der Reize am Ende des Durchgans zu beurteilen. Allerdings wussten Versuchspersonen nicht, welcher der beiden Reize am Ende des Durchgangs beurteilt werden soll, d.h. welcher der beiden Reize in einem Durchgang den höheren Informationswert hatte. Dies wurde erst einige Sekunden nach Beendigung der Sakkade enthüllt, indem ein auditorischer Reiz entweder den einen oder den anderen Reiz als aufgabenrelevant deklariert hat. Als Konsequenz konnte das okulomotorische System die Genauigkeit ausgeführter Augenbewegungen (d.h. war die Augenbewegung genau genug, um die Fovea zu einer Position nahe dem aufgabenrelevanten Reiz zu bringen) nicht unmittelbar nach der Augenbewegung evaluieren, sondern ausschließlich mehrere Sekunden nach Beendigung einer Sakkade, auf Grundlage von Repräsentationen der beiden Reize im visuellen Arbeitsgedächtnis. Die Ergebnisse aus Studie II zeigen, dass Informationswert des kritische Zeitfenster, in dem die Genauigkeit von Augenbewegungen evaluiert wird, vergrößern kann. Das vergrößerte Zeitfenster manifestierte sich in systematischen Veränderungen in der Sakkadenamplitude, welche eine ungenaue Augenbewegung aus einem Durchgang im nächsten Durchgang zu korrigieren versuchten. Der beobachtete Effekt konnte nicht durch persistierende Aktivität aus dem vorherigen Durchgang erklärt werden und verschwand sobald der Informationswert der beiden Reize auf null gesetzt wurde, d.h. wenn beide Reize nicht länger aufgabenrelevant waren. Wir Schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass das okulomotorische System den relativen Informationswert von konkurrierenden Reizen nutzen kann, um die Genauigkeit einer Augenbewegung selbst Sekunden nach ihrer Beendigung zu evaluieren. Für Studie III wurde untersucht, wie das okulomotorische System die Genauigkeit von Augenbewegungen in dynamischen Umgebungen, in denen die Verfügbarkeit zweier Reize mit unterschiedlichem Informationswert über die Zeit hinweg variiert, aufrechterhält. Versuchspersonen wurden instruiert eine Sakkade in Richtung eines neutralen Augenbewegungsziels (ein kleines Quadrat) auszuführen. Bei Detektion der Sakkade wurden zwei Reize an entgegensetzten Positionen links und rechts des Augenbewegungsziels präsentiert. Die Reize wurden dabei nicht zur selben Zeit gezeigt, sondern ihr Erscheinen wurde durch eine zeitliche Verzögerung voneinander getrennt. In Abhängigkeit der Versuchsbedingung wurden Versuchspersonen instruiert, dass sie entweder ein Merkmal am ersten Reiz, welcher unmittelbar nach Beendigung der Sakkade sichtbar war, oder ein Merkmal am zweiten Reiz, welcher erst einige Zeit nach Beendigung der Sakkade eingeblendet wurde, beurteilen sollten. Das okulomotorische System hatte daher, je nach Bedingung, entweder unmittelbar nach der Sakkade Zugriff auf ein Fehlersignal, auf Basis dessen die Sakkadengenauigkeit relativ zum aufgabenrelevanten Reiz evaluiert werden konnte, oder selbiges Fehlersignal war erst einige Zeit nach Beendigung der Sakkade verfügbar. Die Ergebnisse aus Studie III zeigen, dass das okulomotorische System die Genauigkeit von Augenbewegungen obligatorisch auf Basis des ersten Fehlersignals, welches nach der Augenbewegung verfügbar war, evaluierte. Welches Fehlersignal dabei zur Evaluation der Genauigkeit der Augenbewegung verwendet wurde, war unabhängig vom Informationswert des korrespondieren Reizes. Dieser Effekt verschwand in einem zweiten Experiment, in dem wir, anstelle eines kleinen Quadrats, einen großen Ring als Augenbewegungsziel nutzten. Obwohl ein großes Augenbewegungsziel dem okulomotorischen System auf der einen Seite eine größere Flexibilität dahingehend ermöglichte, welche Informationen zur Evaluation der Bewegungsgenauigkeit genutzt werden und welche nicht, resultierte diese größere Flexibilität jedoch nicht immer in einer nachhaltigen Korrektur von ungenauen Sakkaden relativ zur Position von aufgabenrelevanten visuellen Informationen. Weiterhin leistete bei Verwendung eines großen Augenbewegungsziels ein expliziter Prozess, welchen Versuchspersonen strategisch dazu nutzten, um Augenbewegungen nah an die aufgabenrelevante Information zu steuern, einen größeren Beitrag zum beobachteten Verhalten, verglichen mit wenn ein kleines Quadrat als Augenbewegungsziel genutzt wurde. Wir schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass die Eigenschaften von visuellen Umgebungen nicht nur einen Einfluss darauf haben, auf Basis welcher Informationen die Genauigkeit ausgeführter Augenbewegungen evaluiert wird, sondern sie beeinflussen auch unter zu Hilfenahme welcher Prozesse korrespondierende Ungenauigkeiten in der Ausführung von Augenbewegungen korrigiert werden. Zusammenfassend zeigt die vorliegende Dissertation, dass das okulomotorische System die Menge an aufgabenrelevanten visuellen Informationen, welche mit Hilfe einer Augenbewegung akquiriert werden können, sowohl für die Zielselektion für (Studie I) als auch (in vielen Fällen) die Genauigkeitsevaluation von Augenbewegungen (Studien II und III) berücksichtigt. Der Informationswert einer Augenbewegung beeinflusste das Augenbewegungsverhalten von Versuchspersonen dabei sowohl von einem Durchgang zum nächsten (Studien I und II) als auch über längere Zeitskalen hinweg (Studie III). Allerdings war der Einfluss von Informationswert nicht obligatorisch. Stattdessen zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Dissertation, dass das okulomotorische System die Vorteile von Augenbewegungen hinsichtlich ihres Informationswerts mit den zeitlichen Kosten von Augenbewegungen zu balancieren versucht (Studie I). Weiterhin demonstrieren die Ergebnisse der vorliegenden Dissertation, dass Eigenschaften der visuellen Umgebung modulieren, ob der relative Informationswert von Reizen bei der Evaluation der Genauigkeit von Augenbewegungen berücksichtigt wird oder nicht (Studie III).