Erhöht invasives Monitoring die Patientensicherheit im Rettungsdienst? Eine prospektive Untersuchung zur prähospitalen invasiven Blutdruckmessung und Blutgasanalyse bei kritisch kranken und verletzten Patienten

Die Wiederherstellung und Überwachung stabiler Kreislaufverhältnisse ist eine der wichtigsten Aufgaben der präklinischen Notfallmedizin. Hier kommt der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Blutdruckmessung besondere Bedeutung zu. Intermittierende, ungenaue und nicht durchführbare Blutdruckmessungen w...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Hahn, Björn
Beteiligte: Kill, Clemens (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2016
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Wiederherstellung und Überwachung stabiler Kreislaufverhältnisse ist eine der wichtigsten Aufgaben der präklinischen Notfallmedizin. Hier kommt der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Blutdruckmessung besondere Bedeutung zu. Intermittierende, ungenaue und nicht durchführbare Blutdruckmessungen wirken sich zum Nachteil des Patienten aus. Die Blutgasanalyse erlaubt wichtige Rückschlüsse auf Kreislauffunktion, Lungenperfusion, Ventilation und Oxygenierungsstatus der Patienten und ermöglicht die Quantifizierung einer Verschiebung im Säure-Base-Haushalt. In der vorliegenden Arbeit wurde bei 45 schwerkranken und schwerverletzten Patienten mit einem NACA Score von mindestens V die Messgenauigkeit der non-invasiven, diskontinuierlichen, manuellen Blutdruckmessung mit der invasiven, kontinuierlichen Blutdruckmessung mit Hilfe des Verfahrens von Bland und Altmann verglichen. Zusätzlich wurden durch Blutgasanalysen die Häufigkeit und das Ausmaß von pathologischen Werten evaluiert und die arterio-endexspiratorische CO2-Differenz bestimmt. Bei beiden Verfahren wurde die Häufigkeit der therapeutischen Interventionen dokumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass der non-invasive Blutdruck bei kritisch kranken und verletzten Patienten ungenau ist. Die Messungenauigkeit zwischen systolischem IBP und NIBP war 21 ± 27 mmHg (mean ± SD). Der systolische non-invasive Blutdruck unterschätzt damit in der Studie den invasiven Blutdruck um 21 mmHg. Bei 46,6% der Studienpatienten wurde auf Grundlage des invasiv gemessenen Blutdrucks therapeutisch interveniert. 48,8% dieser therapeutischen Interventionen erfolgten bei nicht messbarem non-invasivem Blutdruck. Die non-invasive Blutdruckmessung zeigt hypotensive Phasen nicht sicher oder erst verzögert an. Zudem verlängern sich durch erfolglose Messversuche die Intervalle zwischen zwei Messungen. Damit ist insbesondere bei Hypotension die invasive Blutdruckmessung bei Notfallpatienten der non-invasiven überlegen und erhöht somit die Patientensicherheit. Eine Blutgasanalyse konnte bei 33 Studienpatienten durchgeführt werden. Insgesamt konnten so 58 Blutgasanalysen durchgeführt werden. Es zeigte sich im Studienkollektiv bei 97% der Patienten mindestens ein pathologischer Wert. Therapeutische Interventionen auf der Grundlage der Blutgasanalyse erfolgten bei 63,3% der Patienten. Ebenso konnte bei 66,7% der Patienten eine Störung des Säure-Basen-Haushaltes gezeigt und quantifiziert werden. In unserem Studienkollektiv zeigte sich die arterio-endexspiratorische CO2-Differenz mit einer großen Streuung. Die mittlere arterio-endexspiratorische CO2-Differenz aller untersuchten Patienten war 17,23 mmHg ±12,85 mmHg (mean±SD). Die invasive Blutdruckmessung ist dazu geeignet, insbesondere bei hämodynamisch instabilen kritisch kranken und verletzten Patienten im Rettungsdienst den Blutdruck kontinuierlich und genau abzubilden und so die Sicherheit der Notfallpatienten zu erhöhen. Bei kritisch kranken und verletzten Patienten ist die invasive Blutdruckmessung öfters und zuverlässiger dazu in der Lage, den Bedarf therapeutischer Intervention anzuzeigen und gestattet die Therapie adäquat zu überwachen. Die invasive Blutdruckmessung kann in der Präklinik einfach und sicher angewendet werden. Bei kritischen Patienten im Rettungsdienst ist durch etCO2 kein Rückschluss auf das „tatsächliche“ PaCO2 möglich, sondern muss durch eine Blutgasanalyse bestimmt werden. Die Kapnographie ist somit nicht mit ausreichender Genauigkeit dazu in der Lage, die Qualität der Beatmung anzuzeigen. Die Respiratoreinstellung bei kritischen Patienten in der Präklinik anhand des etCO2 ist somit aus unserer Sicht fragwürdig. Bei kritisch kranken und verletzten Patienten sollte die Respiratoreinstellung durch regelmäßige Blutgasanalysen überwacht werden. Die bettseitige Bestimmung vitaler Laborparameter macht auch im Rettungsdienst wertvolle Informationen für die differenzierte Notfalltherapie zugänglich. Insbesondere bei der Reanimation kann durch die Blutgasanalyse die zumeist bestehende Azidose quantifiziert und gezielt behandelt werden.
Umfang:101 Seiten
DOI:10.17192/z2016.0762