The neurocognitive processing of plausibility and real-world knowledge:A cross-linguistic investigation

Our knowledge about concepts and meanings is at the very heart of human cognition. In everyday life, we have to interact with our environment in a variety of different ways. Our actions are guided by what we know and believe about the world and this knowledge derives primarily from previous senso...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Tune, Sarah
Beteiligte: Bornkessel-Schlesewsky, Ina (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2014
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Wenn wir Texte lesen oder mit anderen Menschen kommunizieren, dann besteht eine der Hauptaufgaben darin, von dem sensorisch aufgenommenen sprachlichen Input zu einer möglichst kohärenten Interpretation zu gelangen. Die Untersuchung der neurobiologischen Grundlagen, die die effiziente und daher scheinbar mühelose Bewältigung dieser Aufgabe ermöglichen, ist ein Thema, das Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen seit vielen Jahrzehnten beschäftigt. Die Verfügbarkeit moderner neurowissenschaftlicher Methoden, wie beispielsweise die Ableitung von ereigniskorrelierten Potentialen (EKP) oder bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), hat in den letzten dreißig Jahren zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn geführt. Die Ergebnisse von neurokognitiven Studien, die sich dieser Methoden bedient haben, konnten zeigen, dass die semantische Analyse maßgeblich durch ein Zusammenspiel von externen und internen Einflüssen bestimmt wird. Während bereits die frühesten EKP-Studien den Einfluss des Satzkontextes auf die Interpretation einen satzfinales Wortes belegten (Kutas & Hillyard, 1980), sprechen die Befunde neuerer EKP-Studien dafür, dass die Interaktion zwischen sensorischer, stimulusbasierter bottom-up Information und top-down Prozessen, wie die Generierung von Erwartungen und Prädiktionen aufgrund von kontextueller Information und Weltwissen, weitaus umfangreicher ist, als bisher angenommen (e.g. Schumacher & Baumann, 2010). In der Forschungsliteratur zu so genannten N400- Effekten, die ein wichtiges elektrophysiologisches Korrelat der semantischen Verarbeitung darstellen, findet sich darüber hinaus erste Evidenz dafür, dass die Gewichtung von top-down und bottom-up Informationsquellen unter anderem von den Eigenschaften der jeweils untersuchten Sprache determiniert wird (Bornkessel-Schlesewsky et al., 2011). Die hier vorliegende Arbeit hat sich daher aus einer sprachübergreifenden Perspektive mit den neurokognitiven und neurobiologischen Prozessen beschäftigt, die dem dynamischen Zusammenspiel von top-down und bottom-up Informationen in der Sprachverarbeitung zu Grunde liegen. Zu diesem Zweck wurden insgesamt vier EKPExperimente und eine fMRT-Studie durchgeführt, die die Sprachverstehensprozesse anhand von semantischen Anomalien untersuchten. Im Folgenden werden die Fragestellungen und Ergebnisse der einzelnen Studie kurz zusammengefasst. Das erste EKP-Experiment, das zum Deutschen durchgeführt wurde, hat sich mit der Fragestellung befasst, ob die Manipulation von rein formbasierten und damit kontextunabhängigen Eigenschaften eines kritischen Wortes Einfluss auf seine Verarbeitung im Satz haben könnte. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Hervorhebung eines inkongruenten satzfinalen Wortes durch Großschreibung eine Reduktion des N400-Effektes zur Folge hatte. Da dieser Befund durch keine der bestehenden Theorien zur funktionalen Interpretation der N400 vorhergesagt wurde, haben wir einen neuen Ansatz vorgeschlagen, der Modulationen der N400 Amplitude über einen Mechanismus erklärt, der Information aus bottom-up und top-down Prozessen miteinander abgleicht. In der zweiten Studie wurden insgesamt drei EKP-Experimente durchgeführt, die sich mit der Verarbeitung von klassischen semantischen Verletzungen und schwer detektierbaren „Moses Illusionen“ (Erickson & Mattson, 1981) im Deutschen und Englischen. Der Begriff Moses Illusion bezeichnet das relativ robuste Phänomen, dass semantische Anomalien häufig unentdeckt bleiben, wenn das inkongruente Wort eine enge Verbindung zum vorherigen Kontext aufweist. Die Analyse der detektierten und übersehenen semantischen Illusionen im Vergleich zu kongruenten Kontrollsätzen offenbarte qualitative Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Sprachen. Während sich die drei Bedingungen im Englischen lediglich durch eine späte Positivierung für detektierte semantische Illusionen im Vergleich zu unerkannten Anomalien und korrekten Kontrollsätzen unterschieden, zeigten detektierte Illusionen im Deutschen ein biphasisches Muster aus einem N400-Effekt gefolgt von einer späten Positivierung. Die englischen Daten replizierten damit auf der einen Seite das Ergebnis einer früheren EKP-Studie von Sanford und Kollegen (Sanford, Leuthold, Bohan, & Sanford, 2011); andererseits waren die sprachübergreifenden Unterschiede vergleichbar mit dem Muster, dass für semantische Verletzungen auf der Ebene von thematischen Rollen gefunden wurde (Bornkessel-Schlesewsky et al., 2011). Die beobachteten sprachübergreifenden Differenzen sprechen dafür, dass in den beiden untersuchten Sprachen eine unterschiedliche Gewichtung von top-down und bottom-up Informationsquellen vorliegt. Wir argumentieren, dass sich das Ausbleiben eines N400- Effektes im Englischen vor allem über die Dominanz von sequenzbasierten Prädiktionen auf Grund der starren Wortstellung dieser Sprache erklären lässt. Die dritte Studie beschäftigte sich ebenfalls mit der Verarbeitung von unterschiedlichen Anomalietypen, allerdings wurden die neuronalen Korrelate der Sprachverstehensprozesse hier mittels fMRT untersucht. Während die deutschen EKPStudien bestätigt hatten, dass einfach und schwer zu erkennende semantische Anomalien im Vergleich zu ihren jeweiligen Kontrollbedingungen ähnliche N400-Effekte auslösen, zeigte eine analoge Vergleiche in den fMRT Daten unterschiedliche Ergebnisse für die beiden Anomalietypen. Während klassische semantische Verletzungen im Vergleich zu kongruenten Sätzen erhöhte Aktivierung in temporalen Arealen auslösten, führten detektierte semantische Illusionen zu einer stärkeren Beteiligung von inferior parietalen und präfrontalen Regionen. Diese Unterschiede spiegeln vermutlich Konflikte zwischen top-down und bottom-up Informationen auf unterschiedlichen Verarbeitungsebenen wieder, da klassische Anomalien einen Konflikt auf der Ebene basaler Selektionsrestriktionen darstellen, während für die Detektion von semantischen Illusion in vielen Fällen Weltwissen hinzugezogen werden muss. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der fünf durchgeführten Studie die Annahme, dass die Interpretation von sprachlichem Input nicht nur durch die stimulusinduzierte Prozesse gesteuert wird, sondern dass eingehende Informationen permanent mit bestehenden Erwartungen und Prädiktionen abgeglichen werden. Hierbei kommt es zu einer dynamischen Wechselwirkung zwischen diesen unterschiedlichen Informationsquellen, deren relative Gewichtung zueinander in Abhängigkeit von einzelsprachspezifischen Eigenschaften variieren kann.