Zelluläre Mechanismen der Toleranzinduktion unter spezifischer sublingualer Immuntherapie mit Birkenpollenallergenen

Die Prävalenz allergischer Krankheiten (z.B. allergisches Asthma, allergische Rhinokonjunktivitis, Nahrungsmittelallergien und atopisches Ekzem) hat in einigen Teilen der Welt, besonders der westlichen Welt, innerhalb der letzten Jahrzehnte deutlich zugenommen. Bei einer allergischen Reaktion Typ I...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Ruge, Karolin
Beteiligte: Pfützner, Wolfgang (PD Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Prävalenz allergischer Krankheiten (z.B. allergisches Asthma, allergische Rhinokonjunktivitis, Nahrungsmittelallergien und atopisches Ekzem) hat in einigen Teilen der Welt, besonders der westlichen Welt, innerhalb der letzten Jahrzehnte deutlich zugenommen. Bei einer allergischen Reaktion Typ I nach Coombs und Gell, wie allergische Rhinitis oder Asthma bronchiale, werden initial gegen harmlose Umweltantigene spezifische Immunglobulin (Ig)E-Antikörper produziert und rezeptorvermittelt an Effektorzellen, wie Mastzellen und Granulozyten, gebunden. Nach erneutem Allergenkontakt kommt es zur Quervernetzung der zellgebundenen IgE-Antikörper mit darauffolgender Zellaktivierung und Ausschüttung von Entzündungsmediatoren. Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist die einzige kausale Behandlungsmöglichkeit einer Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ I und wird auf dem konventionellen Weg über subkutane Injektionen (SCIT) verabreicht. Seit Mitte der 80er Jahre wird aufgrund einfacherer Applikation, guter Effektivität und überlegender Sicherheit gegenüber der SCIT bezüglich der Gefahr eines anaphylaktischen Schocks auch vermehrt die sublinguale Darreichungsform verwendet. Um optimale Dosen, Behandlungsdauer und den richtigen Beginn der Behandlung zu ermitteln, sind weitere Studien zur Identifizierung der zellulären Mechanismen während einer sublingualen Immuntherapie (SLIT) notwendig. In der vorliegenden longitudinalen Studie wurde das Blut von acht Birkenpollenallergikern vor und während einer zwölfmonatigen SLIT mit Birkenpollenextrakt untersucht, um zelluläre und humorale Veränderungen zu detektieren. Die fünf Entnahmezeitpunkte beinhalteten die Einleitungs- und Aufrechterhaltungsphase einschließlich einer Birkenpollenflugsaison, sodass nicht nur Auswirkungen der SLIT, sondern auch der natürlich auftretenden Allergenexposition miteinbezogen werden konnten. Es zeigten sich über den zwölfmonatigen Therapieverlauf humorale und zelluläre Veränderungen, die zur Entwicklung einer Allergentoleranz führten. So kam es bei allen in die Studie eingeschlossenen Patienten zu einer Verbesserung der allergischen Beschwerdesymptomatik unter SLIT während der Pollenflugsaison und zur Abschwächung der Hautreaktivität gegenüber dem Birkenpollenallergen nach einem Jahr. Entgegen Beobachtungen anderer Studien konnte in dieser Untersuchung keine Induktion allergenspezifischer Interleukin (IL)-10-produzierender Typ-1-regulatorischer T-Zellen (Tr1) oder eine Frequenzerhöhung von Foxp3+ regulatorischen T-Zellen (Treg) festgestellt werden. Nach sechs Monaten SLIT blieb während der Pollenflugphase der typische Anstieg allergenspezifischer T-Helfer-2-Zellen (Th2) aus, was sowohl mit einer subjektiven als auch objektiven klinischen Verbesserung der Studienteilnehmer einherging. Erst nach zwölf Monaten kam es zu einem Anstieg der Interferon(IFN)-γ-produzierenden Th1, was eine Verschiebung der klassischen, allergischen Th2-dominanten zu einer Th1-betonten Immunantwort kennzeichnete. Eine Veränderung der humoralen Mechanismen zeigte sich nach sechs Monaten mit einem leichten Anstieg allergenspezifischer IgG4-Antikörper und einem Abfall des allergenspezifischen IgE/IgG4-Verhältnisses. Das Bet v 1-spezifische IgE sank nach einem Jahr auf Werte unter Ausgangsniveau ab. Diese Ergebnisse stützen folgendes Modell der immunologischen Mechanismen der SLIT: Allergenspezifische, IL-10-produzierende T-Zellen bewirken in der frühen Phase der SLIT eine Erhöhung der Serumkonzentration blockierender IgG4-Antikörper. Diese könnten die IgE-mediierte Freisetzung inflammatorischer Mediatoren aus Mastzellen und Basophilen hemmen, die IgE-vermittelte Allergenpräsentation von dendritischen Zellen (DC) gegenüber T-Zellen verhindern und die IgE-vermittelte Aktivierung eosinophiler Granulozyten blockieren. In der späten Phase der SLIT begünstigt die erhöhte Produktion von IFN-γ durch Th1 eine Inhibition von IL-4-induzierter IgE-Produktion auf Transkriptionsebene mit Abfall des allergenspezifischen IgE und Stabilisierung der Toleranzinduktion. Die Bestimmung der IgG4-Serumkonzentration bzw. des Verhältnisses von IgE zu IgG4 könnte somit einen Hinweis auf das Ansprechen einer Immuntherapie geben, sowie zur Verlaufskontrolle geeignet sein. Weitere SLIT-Studien sind nötig, die sich der Analyse des Wirkmechanismus sowie der Definition optimaler Kontrollparameter widmen, um die immunologischen Effekte und den dadurch erzielten klinischen Erfolg der Therapie besser zu verstehen.
DOI:10.17192/z2011.0674