Prediction of protonation states in ligand-protein complexes upon ligand binding

Recent hardware development increase the computing power, in consequence many biological and chemical processes can now be successfully modelled in a way which was not to imagine 20 years ago. Examples of such processes are molecular dynamics studies of large biomolecules, the prediction of free ene...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Czodrowski, Paul
Beteiligte: Klebe, Gerhard (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Englisch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2006
Schlagworte:
Online-Zugang:PDF-Volltext
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Die ständige Weiterentwicklung der Computer-Hardware und die daraus resultierende Steigerung der Rechenleistung ermöglicht heutzutage eine erfolgreiche Modellierung von chemischen und biologischen Prozessen, die vor 20 Jahren noch undenkbar war. Als Beispiele sind Molekulardynamik-Simulationen grosser Biomoleküle, die Berechnung freier Bindungsenergien von Protein-Ligand-Komplexen oder auch Untersuchungen von Reaktionswegen in Enzymen zu nennen. In einem Bereich mangelt es jedoch weiterhin an akkuraten Methoden: die Abschätzung von Protonierungszuständen in Protein-Ligand-Komplexen. In der vorliegenden Arbeit zeigen wir die Entwicklung einer neuen Methode der Ladungszuweisung, genannt PEOE_PB (Partial Equalisation of Orbital Electronegativities - optimiert für Poisson-Boltzmann Rechnungen). Diese Methode stellt eine konsistente Ladungszuweisung sowohl für Proteine als auch für kleine organische Moleküle dar. Die Ladungen sind entscheidende Parameter bei Poisson-Boltzmann (PB)- Rechnungen. PB-Rechnungen stellen eine etablierte Methode bei der Bestimmung von pKa-Werten in Proteinen dar. Die Entwicklung von PEOE_PB-Ladungen ist notwendig geworden, da es keine generische Methode gibt, PB-basierte pKa-Berechnungen in Protein-Ligand-Komplexen durchzuführen. Der PEOE-Ansatz wurde gewählt, um zunächst die freien Solvatationsenergien kleiner organischer Moleküle bestmöglich vorherzusagen. Modifikationen wurden heuristisch, d.h. ergebnisorientiert vorgenommen, wobei Änderungen lediglich den Parameter a des PEOE-Polynoms betreffen. Bei unserer Optimierung versuchten wir zunächst, die experimentell bestimmten freien Solvatationsenergien polarer Aminosäuren (r2 = 0.94, RMSD = 0.84) und anschliessend eines Datensatzes von 80 kleinen organischen Molekäulen (r2 = 0.78, RMSD = 1.57) zu reproduzieren. Die Verwendung des letztgenannten Datensatzes zeigt den generischen Charakter unserer PEOE_PB-Ladungen. Abschliessend führten wir Rechnungen an einem Datensatz von neun (apo-)Proteinen mit 132 experimentell bestimmten pKa-Werten durch und erzielten einen RMSD von 0.88. Die Dielektrizitätskonstante im Protein war hierbei auf 20 gesetzt. Aminosäurereste in Bindetaschen mit stark verschobenen pKa-Werten lagen bei zwei Enzymen des Datensatzes vor, in diesen Fällen wurden folgende Beobachtungen gemacht: * Die Dielektrizitätskonstante wurde von 20 auf 4 gesenkt, was teilweise durch die Vergrabenheit der Bindetasche erklärt werden kann. * Die Orientierung der Hydroxylgruppe des Tyrosins hatte einen beachtlichen Einfluss auf den pKa-Wert eines Aminosäurerestes in der Bindetasche (ein Glutamat mit einem stark erhöhten pKa-Wert). Diese Tatsache unterstreicht den entscheidenden Einfluss der Orientierung polarer Wasserstoffatome. Im letzten Schritt unserer PEOE_PB-Validierung führten wir pKa-Berechnungen für drei Protein-Ligand-Komplexe (die im Experiment einen Protonentransfer zeigten) durch: in allen Fällen stimmten unsere Berechnungen mit dem Experiment überein. In einer folgenden reinen Anwendungstudie führten wir pKa-Berechnungen für eine Serie von Liganden, die an die Serin-Proteasen Trypsin und Thrombin binden, durch. An diesen Komplexen waren bereits ausführliche ITC- und Kristallographie-Studien gemacht worden und für vier dieser Komplexe konnten Änderungen in den Protonierungszuständen detektiert werden [Dullweber et al., J. Mol. Biol. 313 (2001), 593] . Da ITC-Experimente jedoch nur gesamtheitliche Änderungen in der Protonierung messen, konnten diese Experimente keinen Aufschluss darüber geben, welche funktionellen Gruppen tatsächlich am Protonentransfer beteiligt sind. Um diese Gruppen identifizieren zu können, führten wir Poisson-Boltzmann-Rechnungen, basierend auf unseren PEOE_PB-Ladungen, durch. Die resultierenden pKa-Werte zeigen, dass His57 (einer der drei katalytisch aktiven Reste) für die wichtigsten pKa-Änderungen, die sich im Experiment als Änderungen im Protonierungszustand zeigen, verantwortlich ist. Dies steht im Widerspruch zu unserer früheren Annahme, dass die Änderungen im Protonierugszustand an der Carboxylgruppe der Liganden ablaufen. Der neuentdeckte Protonenakzeptor wurde für die Refaktorisierung der ITC-Daten eingesetzt; dies ist wichtig für Fälle, in denen sich die Protonierung während der Komplexbildung ändert. Die pKa-Werte von Komplexen, die im ITC-Experiment keine Änderung im Protonierungszustand zeigen, werden in den meisten Fällen verlässlich vorhergesagt, während dies in Fällen stark koppelnder Systeme schwierig bleibt. Solche Fälle treten auf, wenn zwei (oder mehr) interagierende titrierbare Gruppen räumlich nahe beiander liegen. Die HIV-Protease (HIVP) ist ein bekanntes Beispiel für erfolgreiches strukturbasiertes Wirkstoffdesign und ist ein gut untersuchtes System, bei dem Änderungen des Protonierungszustandes während der Ligandenbindung auftreten, wie im Experiment gezeigt wurde. Das System der HIVP stellt einen Ausgangspunkt für eine weitere Anwendungsstudie unserer PEOE_PB-Ladungen dar. Bei dem Apo-Enzym befindet sich die zwei katalytisch aktiven Reste (Aspartate) im monoprotonierten Zustand. Dieser kann sich ändern, wenn Liganden binden, die eine cylische Harnstoff-Gruppe enthalten. Unser PEOE_PB-Modell reproduziert den experimentell bestimmten Protonierungszustand. Ferner führten wir pKa-Berechnungen für zwei HIVP-Komplexe mit neuartigen Inhibitoren, die unserer Gruppe entwickelt und synthetisiert wurden [Specket et al, J. Med. Chem., 48 (2005) 6607], durch. In diesen Fällen gibt es keinerlei experimentelle Daten für die Protonierungszustände. Einer der Inhibitoren enthält ein Pyrrolidin-Ring: hier sagten die Berechnungen voraus, dass beide katalytisch aktiven Aspartate nach Ligandenbindung deprotoniert vorliegen. Solch ein Protonierungsmuster wurde bisher in keinem HIVP-Komplex beobachtet, weder experimentell noch mittels einer Berechnungsmethode. Neben den experimentellen Trypsin/Thrombin-Studien wurden auch kombinierte kristallographische und thermodynamische Untersuchungen der Ligandenbindung an humaner Aldose-Reduktase (hAR) in unserer Gruppe vorgenommen [Steuber, Doktorarbeit in Vorbereitung]. Die ITC-Messungen zeigten einen durch die Ligandenbindung induzierten Protonentransfer. Unsere Berechnungen lassen darauf schliessen, dass ein Tyrosin-Rest der Bindetasche (Tyr48) als Protonenakzeptor fungiert, was bedeutet, dass das Tyrosin im Holo-Enzym deprotoniert vorliegt. Dies ist im Einklang mit den Ergebnissen von ITC-Messungen an Tyr48Phe-Mutanten. Während bei hAR-Komplexen von Inhibitoren mit einer Carboxyl-Kopfgruppe die Berechnungen gut im Einklang mit den ITC-Experimenten waren, zeigten sich Ungenauigkeiten bei der Vorhersage von Inhibitoren mit einer cyclischen Hydantoin-Gruppe. Eine mögliche Erklärung hierfür ist die starke elektrostatische Wechselwirkung zwischen Ligand und den Tyrosin bzw. Lysin-Resten der Bindetasche. Ferner liegen die pKa-Werte in wässriger Lösung nahe dem physiologischen pH-Bereich, was das System sehr anfälig für kleine Änderungen des pKa-Wertes macht. Ein limitierender Faktor für die breite Anwendung unserer PEOE_PB Ladungsmethode bei pKa-Rechnungen stellt die vorangehende Prozessierung der Liganden dar. Zu diesem Zweck implementierten wir den PEOE_PB-Algorithmus in das PDB2PQR-Programm (dieses erzeugt Input-Dateien für das Poisson-Boltzmann-Programm APBS). Liganden wurden in der PDB2PQR-Umgebung als voll flexibel betrachtet, und es wurde eine Suchprozedur für gemeinsame Substrukturen eingeführt. Mit dieser Technik ist es möglich, titrierbare Gruppen des Liganden automatisch zu erkennen und ihnen pKa-Werte zuzuweisen. Diese pKa-Werte stammen aus einer Datenbank, die momentan 348 Moleküle mit experimentell bestimmten pKa-Werten enthält.