Freiwillige Aufnahme von Kokain und Morphin im Tiermodell bei gemeinsamer und getrennter Darbietung sowie deren Beeinflussung durch eine vorangehende, erzwungene Aufnahme

Während der letzten Jahrzehnte finden Probleme des gleichzeitigen Mißbrauchs mehrerer psychoaktiver Drogen zunehmend Beachtung. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, ob Drogen wie Morphin und Kokain in gleichem Maß als Belohnung empfundene Reaktionen auslösen können. Die Frage wurde im Tierex...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Schulze, Katrin
Beteiligte: Vohland, Horst-Wilhelm (PD Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2004
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Während der letzten Jahrzehnte finden Probleme des gleichzeitigen Mißbrauchs mehrerer psychoaktiver Drogen zunehmend Beachtung. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, ob Drogen wie Morphin und Kokain in gleichem Maß als Belohnung empfundene Reaktionen auslösen können. Die Frage wurde im Tierexperiment mit männlichen Sprague-Dawley-Ratten untersucht. Dazu wurde das Modell der „Zwei- oder Drei-Flaschenwahl“ benutzt, bei dem die Versuchstiere die Drogen Morphin und Kokain über das Trinkwasser aufnehmen. Drei Teilaspekte der obigen Frage standen im Mittelpunkt: 1. Beeinflusst eine zum freien Konsum angebotene psychoaktive Substanz die freiwillige Aufnahme einer anderen? 2. Welche Folgen hat ein temporärer Aufnahmezwang für den nachfolgenden freiwilligen Konsum? 3. Welche Bedeutung hat es, wenn die Drogen parallel nebeneinander oder kombiniert als Gemisch angeboten werden? Vier Versuche lieferten die nachfolgend genannten Ergebnisse, die zu einem besseren Verständnis der eingesetzten Methode und zu Antworten auf die zentrale Frage führten. Ergebnisse zum experimentellen Vorgehen: 1. Ratten konsumieren freiwillig Morphin und Kokain, wenn diese Stoffe parallel nebeneinander oder als Gemisch angeboten werden. 2. Der freiwillige Konsum von Morphin und Kokain wies bei männlichen Sprague-Dawley-Ratten große interindividuelle Schwankungen auf, ist jedoch intraindividuell recht konstant. 3. Die tägliche Flüssigkeitsaufnahme wurde durch Morphin und Kokain nicht beeinflusst, wenn die Drogen zum freiwilligen Gebrauch parallel oder als Gemisch oder unter Zwang aufgenommen wurden. 4. Die Zugabe von Saccharin zur Maskierung des Drogengeschmackes führte dauerhaft zu keiner statistisch relevanten Änderung der freiwilligen Aufnahme von Morphin oder Kokain. 5. Die Zugabe von Saccharin zur Trinklösung in Konkurrenz zu Morphin und Kokain veränderte nicht die Aufnahme von Morphin, führte jedoch zu einer größeren Aufnahme von Kokain. 6. Die Positionierung der Trinkflaschen im Käfig führte zu keiner nennenswerten Änderung der freiwilligen Aufnahme von Morphin oder Kokain. Diese Befunde belegen die Brauchbarkeit des eingeschlagenen experimentellen Vorgehens zur Untersuchung von Fragen der freiwilligen Aufnahme von Drogen. Resultate zu Wirkungen der Testsubstanzen: 1. Bei parallelem Angebot war der freiwillige Konsum von Kokain größer als der von Morphin. 2. Bei Angebot einer Morphin-Kokain-Lösung blieb der freiwillige Konsum von Morphin etwa gleich, der Konsum von Kokain nahm dagegen ab. 3. Bei alleinigem Angebot von Morphin oder Kokain im Sinne eines Aufnahmezwanges erhöhte sich die Aufnahme beider Drogen entsprechend der täglichen Gesamtflüssigkeitsaufnahme. 4. Ein temporärer Aufnahmezwang von Morphin erhöhte nachfolgend die freiwillige Aufnahme von Morphin. Die freiwillige Aufnahme von Kokain wurde dagegen vermindert. 5. Ein temporärer Aufnahmezwang von Kokain erhöhte nachfolgend den freiwilligen Konsum von Kokain und Morphin praktisch nicht. Damit wird deutlich, daß Kokain besser angenommen wird als Morphin. Die freiwillige Aufnahme von Kokain wird jedoch durch Morphin supprimiert. Offenbar sind belohnende Wirkungen, die Morphin stimulieren kann stärker ausgeprägt als diejenigen von Kokain. Diese Befunde können die Annahme stützen, daß verschiedene „Belohnungssysteme“ angesprochen werden, wobei das „Morphinzentrum“ das „Kokainzentrum“ dominiert.
DOI:10.17192/z2004.0711