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Titel:Mikrostrukturelle Hirnveränderung bei adipösen Patienten nach Gewichtsreduktion durch interdisziplinär betreute Diät oder Roux-en-Y Magenbypass. Eine Diffusion Tensor Imaging-Studie.
Autor:Höltke, Wiebke
Weitere Beteiligte: Knake, Susanne (Prof. Dr. med.)
Veröffentlicht:2022
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2022/0265
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2022-02653
DOI: https://doi.org/10.17192/z2022.0265
DDC: Medizin
Publikationsdatum:2022-07-04
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0

Dokument

Schlagwörter:
weight loss, Adipositas, bariatric surgery, diffusion tensor imaging, Bariatrische Operation, Gewichtsreduktion, obesity, brain volume, fraktionale Anisotropie, Hirnvolumen, Diffusions Tensor Bildgebung, fractional anisotropy, Optifast

Zusammenfassung:
Bei der Adipositas handelt sich um eine chronische Erkrankung, welche mit diversen Komorbiditäten vergesellschaftet ist. Unter anderem sind strukturelle Veränderungen der Hirnsubstanz sowie eine verminderte kognitive Leistung bei Menschen mit einem erhöhten Body Mass Index vorbeschrieben. Zudem konnten bereits Verbesserungen der Mikrostruktur des Hirngewebes nach erfolgter Sleeve Gastrektomie nachgewiesen werden. Gegenstand der von uns durchgeführten Beobachtungsstudie war es, den Effekt von unterschiedlichen Formen der Gewichtsreduktion auf die verschiedenen Dimensionen kognitiver Funktionen zu untersuchen. Hierzu wurden Adipositaspatienten, die sich erfolgreich einer Roux-en-Y Magenbypass-Operation (RYGB) oder dem Diätprogramm OPTIFAST®52 unterzogen, sowohl neuropsychologisch als auch hirnmorphologisch-bildgebend untersucht. Das Thema dieser Dissertation war die longitudinale Betrachtung der Hirnstruktur mittels Diffusionstensorbildgebung (DTI). Es wurde untersucht, ob sich bei den genannten Methoden zur Gewichtsreduktion Veränderungen der Hirnstruktur mittels DTI nachweisen lassen und ob sich im direkten Vergleich eine der Methoden als wirkungsvoller darstellt. In die Studie wurden adipöse Probanden mit einem BMI > 25 kg/m² im Alter zwischen 18-75 Jahren eingeschlossen und je nach durchgeführter Intervention der OPTIFAST®- (n=17), Magenbypass- (n=11) oder Kontrollgruppe (n=8) zugeordnet. Die Probanden wurden zu zwei Zeitpunkten untersucht – vor (T0) und mindestens 3 Monate nach der geplanten Intervention (T1). Die Untersuchung umfasste zu jedem Zeitpunkt eine Anamnese, neuropsychologische Testungen sowie eine strukturelle Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels; hier wurden T1-gewichtete Bilder mithilfe einer 3D MPRAGE-Sequenz sowie Diffusionsmessungen mittels Single Shot Echo Planar Imaging (EPI) aufgenommen. Anschließend wurden die Scans auf mikrostrukturelle Veränderungen innerhalb der Gruppen und im Gruppenvergleich untersucht. Als nachweisliche Marker für eine axonale Integrität und Myelinisierung dienten die fraktionale Anisotropie (FA), sowie die axiale (AD) und radiale Diffusivität (RD). Außerdem wurde eine Volumenberechnung von grauer und weißer Substanz durchgeführt. Mittels DTI konnte eine signifikante Zunahme der FA im Hirnstamm und Cerebellum sowie eine Abnahme der RD nach RYGB im Hirnstamm nachgewiesen werden. Die Volumenberechnungen von grauer und weißer Substanz ergaben in der RYGB-Gruppe ebenfalls signifikante Ergebnisse. Es zeigte sich eine Zunahme der weißen Substanz pericalcarin in der linken Hemisphäre, sowie eine Zunahme der grauen Substanz im linken Lobulus parietalis und eine Abnahme der grauen Substanz im rostralen Gyrus frontalis medius. In der hier durchgeführten Studie zeigte sich die Gewichtsreduktion durch einen operativen Magenbypass gegenüber einer interdisziplinär betreuten Diät hinsichtlich der anatomisch funktionellen Korrelate im Gehirn überlegen. Bei Probanden nach einer Magenbypassoperation, konnten wir eine höhere Faserintegrität, -gerichtetheit und Myelinisierung in zentralen Strukturen nachweisen, welche eine Rolle bei Bewegungsabläufen sowie bei der Nahrungsaufnahme spielen. Es fanden sich höhere Volumina von grauer und weißer Substanz in Hirnarealen, die kognitive Aufgaben wie das Sprechen, Rechnen, Schreiben und die visuelle Reizverarbeitung übernehmen. Eine Abnahme der grauen Substanz im rostralen Gyrus frontalis medius könnte zudem mit einem geringeren Auftreten von Depressionen und einer verminderten Stresswahrnehmung vergesellschaftet sein. In der Diätgruppe fanden sich mittels DTI-Messungen hingegen keine signifikanten Veränderungen der Hirnstruktur. In der Volumenberechnung zeigte sich in der OPTIFAST®-Gruppe eine Reduktion im Ncl. accumbens, welche in der Literatur mit einem erhöhten Auftreten von neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Depression und Morbus Alzheimer vergesellschaftet ist. Diese nachteiligen Effekte sollten in einem weiteren Studiendesign über einen längeren Zeitraum weiter beleuchtet werden. Die Kontrollgruppe zeigte aufgrund der geringen Gruppengröße viele falsch positive Ergebnisse. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Gruppen untereinander zu schaffen, sollte in zukünftigen Untersuchungen ein größeres Patientenkollektiv eingeschlossen werden und die Probanden u. a. bezüglich des Geschlechtes und des Alters besser gematcht werden.


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