Zusammenfassung:
Im Rahmen dieser Arbeit wurden makrocyclische Si-O-haltige Verbindungen untersucht. Dabei lag der Schwerpunkt des ersten Teiles der Arbeit auf der Untersuchung des Koordinationsverhaltens von hybriden Kronenethern gegenüber p-, d- und f-Block Metallionen.
Koordinationsverbindungen von siliziumbasierten Kronenethern mit Übergangsmetallverbindungen
Als d-Block Metallion wurde vor allem Mn2+ eingesetzt, da dieses mit seinem Ionenradius je nach Koordinationszahl eine passende Größe für verschiedene Kronenether aufweist. Eine Komplexierung der siliziumhaltigen Kronenether mit MnCl2 oder MnI2 war nicht erfolgreich. Erst bei Einsatz eines Überschusses von Iod zur Bildung des Triiodidanions wurde eine Koordination mit hybriden Kronenethern beobachtet. Während diese Komplexe mit Disila[15]Krone-5[94] (1) zum erwarteten Produkt [(I3)2Mn(1,2-disila[15]Krone-5)] (2) führten, kam es mit anderen Disila- und Tetrasilakronenethern zur Spaltung der Si2Me4-Einheiten. Einhergehend mit diesem Bindungsbruch wurde ein, wie in [(I3)2Mn(1-Sila[17]Krone-6)] (4) und [(I3)2Mn(1,3,5-trisila[15]Krone-6)] (10), oder mehrere, wie in [(I3)2Mn(1,3,8,10 tetrasila[14]Krone-6)] (7) und [(I3)2(µ IMn)2(1,3,11,13 tetrasila[20]Krone 8)] (8) zusätzliche Sauerstoffatome eingebaut. Mit Verbindung 10, welche eine koordinative Bindung eines Siloxansauerstoffatoms zum Metallion enthält, wurde nach meinem Wissen der erste strukturelle Nachweis für eine solche Bindung zu einem Manganatom erhalten. Der Einbau zusätzlicher Sauerstoffatome wurde auf geringe Spuren Wasser zurückgeführt. Es wurde jedoch in Reaktionen der freien Liganden mit trockenem Iod gezeigt, dass letzteres aufgrund seiner Eigenschaft als Oxidationsmittel eine merkliche Rolle für die Bildung von Monosilyleinheiten spielt. Neben den Komplexen der hybriden Kronenether mit Manganionen wurde mit Co2+ ein weiteres d-Block Ion koordiniert. So wurde in einer in situ Reaktion mit CoCl2, Me3SiOTf und Disila[15]Krone-5 (1) die Verbindung [(OTf)2Co(1,2-disila[15]Krone-5)] (11) erhalten. In den erhaltenen Komplexen mit silahaltigen Kronenethern und d-Block Metallionen zeigte sich, dass die OSi/C-Atome mit einer benachbarten Disilaneinheit (2 und 11), im Gegensatz zu den OSi/C-Atomen (4, 7, 8 und 10) welche von einer Monosilaneinheit benachbart sind, ähnlich gut an das Metallion koordinieren wie die OC/C-Atome in den jeweiligen Komplexen. Dies ist auf den Einfluss der Si2Me4-Einheit auf den Winkel um die OSi/C-Atome, sowie die Verringerung der positiven Polarisierung der Siliziumatome und die Reduzierung der Ringspannung innerhalb des Cyclus im Vergleich zu SiMe2-Einheiten zurückzuführen.
Koordinationsverbindungen von siliziumbasierten Kronenethern mit p-Block Verbindungen
Die Untersuchungen der p-Block Metallsalze mit hybriden Kronenethern erfolgten mit Ionen der Gruppe 13, 14 und 15. Eine erste erfolgreiche Koordination wurde bei der Umsetzung von Disila[15]Krone-5 (1) mit einem Überschuss InCl beobachtet. Diese Reaktion führte zum Erhalt der Verbindung [Cl3InIn(1,2-disila[15]Krone-5)Cl] (13), in welcher In(I)Cl als Lewis-Base an die Lewis-Säure In(III)Cl3 koordiniert. Bei dem Versuch andere Lewis-Säuren wie GaCl3 an das In(I)-Ion zu binden, erfolgte eine Insertion des Metallions in die C-Cl-Bindung eines Lösungsmittelmoleküls DCM sowie die Bildung eines [GaCl4]--Anions. Dabei bildet sich die Verbindung [H2CClIn(1,2-disila[15]Krone-5)Cl][GaCl4] (14). Um ein substituentenfreies Metallion, koordiniert nur von einem siliziumhaltigen Liganden, zu erhalten, muss als Lösungsmittel α,α,α-Trifluortoluol verwendet werden, woraufhin [In(1,2-disila[15]Krone-5)][GaCl4] (15) sowie [Tl(1,2-disila[18]Krone-6)][GaCl4] (16) isoliert wurde. Da 15 und 16 eine stark voneinander abweichende Struktur aufweisen, wurde dieser Unterschied mittels quantenchemischer Berechnungen untersucht. Die Abweichungen in der Anordnung sind dabei u.a. auf die Position der nicht-bindenden Elektronenpaare am jeweiligen Metallion zurückzuführen. So orientiert sich die Elektronendichte am In(I)-Ion weg vom Liganden im HOMO-1 von 15, während die Elektronendichte um das Tl(I)-Ion von 16 im HOMO-7 eine eher sphärisch Ausprägung zeigt, die auf einen höheren s-Anteil schließen lässt. Reaktionen der Disila[15]Krone-5 (1) mit niedervalenten Gruppe 14 Verbindungen zeigten erst unter in situ Darstellung der entsprechenden E14Triflate (E14 = Ge, Sn, Pb) eine erfolgreiche Kristallisation der Komplexe [OTfE14(1,2-disila[15]Krone-5)][OTf] (19: E14 = Ge, 20: E14 = Sn, 21: E14 = Pb). Wird ein Disilakronenether verwendet, der zu groß für das Metallion ist, kommt es zur Bildung von Mistmatch-strukturen wie in [(TfO)2Sn(1,2-disila[18]Krone-6)] (22). Mit [Pb(1-sila[14]Krone-5)2][I10] (23) wurde zudem ein erster Sandwich-Komplex mit hybriden Kronenethern erhalten, bedingt durch die Größe des Liganden und einem Überschuss desselbigen. Bei Verbindung 23 kommt es durch Einsatz von Iod als Oxidationsmittel, wie bei den manganhaltigen Komplexen, zur Spaltung der Disilaneinheit. Koordinationsverbindungen der Gruppe 15 (E15 = Sb, Bi) wurden auf analoge Weise wie bei 19-21 durch in situ Reaktion der jeweiligen niedervalenten Halogenide mit Me3SiOTf und Ligand erhalten. Allerdings kam es nicht zur vollständigen Substitution der Chlorid-Anionen, sondern lediglich zwei Triflatgruppen wurden eingeführt: [ClSb(1,2-disila[15]Krone-5)][OTf]2 (25) und [ClBi(1,2-disila[15]Krone-5)OTf][OTf] (26). Beim strukturellen Vergleich der Koordinationsverbindungen von Disilakronenethern und den verschiedenen p-Block Metallionen mit den organischen Derivaten zeigt sich, dass sich die Komplexe der Gruppe 13 (13-16) sowie der Germaniumkomplex 19 sehr ähnlich zu diesen verhalten. Die Komplexe der höheren Homologen des Germaniums (20-22) sowie der Gruppe 15 Metallsalze (25, 26) zeigen jedoch unterschiedliche Anordnungen im Vergleich zu den rein organischen Kronenetherkomplexen auf. Dabei ist die unterschiedliche Größe der hybriden Kronenether im Vergleich zu den rein organischen Kronenthern auschlaggebend. Bei fast allen Koordinationsverbindung mit Disilakronenethern und p-Block Metallionen sind die Metall-Sauerstoff-Bindungslängen mit Sauerstoffatomen, die von einem Siliziumatom benachbart sind, kürzer oder gleich lang wie die Metall-Sauerstoff-Bindungslängen mit rein kohlenstoffsubstituierten Sauerstoffatomen. Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass die OSi/C-Atome durch den Einbau von Si2Me4-Einheiten, wie bei den Komplexen mit d-Block Metallionen und Disilakronenethern, nicht schlechter koordinieren als die OC/C-Atome. Die Umsetzungen der Tetrasilakronenether mit p-Block Metallsalzen führten in den meisten Fällen zur Zersetzung des Liganden und in Folge dessen zu der Bildung von glykolhaltigen Komplexen. Als Nebenprodukt wurde dabei meist die Entstehung des cyclischen Siloxans (Si2Me4O)2 beobachtet. Eine Reaktion von GaI3 mit dem Tetrasilakronenether 1,2,7,8 Tetrasila[12]Krone-4[94] (5) führte jedoch zum Erhalt der Koordinationsverbindung [IGa(1,2,7,8-tetrasila[12]Krone-4)][GaI4][Ga2I7] (12), bei welcher alle Sauerstoffatome gleichwertig an das Metallion binden. Mit [SnCl(1,2,4,5 Tetrasila-benzo[15]krone-5)]2[Sn(OTf)4] (24) wurde zudem ein Komplex isoliert, welcher eine koordinative Bindung eines Siloxansauerstoffatoms zu einem p-Block Metallion aufweist. Verbindung 24 ist nach meinem Wissen der erste strukturelle Nachweis einer solchen Bindung, wobei das Siloxansauerstoffatom im Vergleich zu den restlichen Sauerstoffatomen des Komplexes am schwächsten an das Metallion bindet. Quantenchemische Berechnungen der Verbindungen 20, 22 und 24 zeigen, dass die Form und Position der Elektronendichte am Zinnatom beinahe identisch sind.
Versuch zur Koordination von siliziumbasierten Kronenethern mit f-Block Verbindungen
Für die Umsetzungen der hybriden Kronenether mit f-Block Elementen wurden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kraus ausschließlich uranhaltige Edukte eingesetzt. Eine direkte Umsetzung war jedoch nicht zielführend, weshalb als Modellverbindungen Ethylenglykol und HO-SiMe2-O-SiMe2-OH[140] eingesetzt wurden. Bei einer Reaktion von Ethylenglykol und UBr5 in Anwesenheit der Hilfsbase NEt3 wurde so [HNEt3]2[UBr6] (27) erhalten. Bei weiteren Umsetzungen von Ethylenglykol bzw. HO-SiMe2-O-SiMe2-OH mit UCl6 wurde mittels Kristallstrukturanalyse [HNEt3]Cl nachgewiesen. Diese Bildung ist ein Indiz für die erfolgreiche Darstellung der Verbindungen U(O-C2H4-O)3 bzw. U(O-SiMe2-O-SiMe2-O)3, welche jedoch nicht isoliert werden konnten. Um eine Koordinationsverbindung der siliziumhaltigen Kronenether mit UBr5 oder UCl6 darzustellen, sind daher noch weitere Untersuchungen für die optimalen Reaktionsbedingungen nötig.
Einfluss der Anionen auf die erhaltenen Koordinationsverbindungen
Bei allen erhaltenen Komplexen mit hybriden Kronenethern und p- und d-Metallionen wurde nur dann eine Koordination und Kristallisation beobachtet, wenn komplexe Anionen, wie in diesen Fällen [I3]-, [OTf]- oder [GaCl4]-, eingesetzt werden. Dies liegt möglicherweise daran, dass die komplexen Anionen die negative Ladung besser delokalisieren können und so die Wechselwirkung zwischen Anion und Kation verringert wird. Letzteres ist offenbar für eine erfolgreiche Umsetzung mit siliziumhaltigen Kronenethern und Metallionen nötig.
Darstellung eines neuartigen Silakronenethers
Neben den Komplexen mit hybriden Kronenethern sollte in dieser Arbeit ein neuartiger siliziumhaltiger Kronenether dargestellt werden. Die Reaktion zu einem solchen Liganden mit drei Si2Me4-Einheiten, ausgehend von HO-Si2Me4-OH[144], war nicht zielführend, da bereits die Synthese zum neuartigen Hexasilaether H-(Si2Me4O)2-Si2Me4-H zu einem Produktgemisch führte. Aus der Umsetzung von HO-SiMe2-O-SiMe2-OH mit dem Tetrasilaether O(Si2Me4Cl)2[97] in Anwesenheit der Hilfsbase NEt3 wurde allerdings ein hybrider Kronenether mit zwei Disilan- und zwei Monosilaneinheiten dargestellt: 1,2,4,6,8,9-Hexasila[10]Krone-4 (28). Versuche der Koordination mit verschiedenen Metallsalzen führten bisher zu keinem Ergebnis, was möglicherweise mit der geringen Größe des Liganden und der damit verbundenen höheren elektrostatischen Repulsion zwischen den positiv polarisierten Siliziumatomen des Kronenethers und einem potenziellen Kation zusammenhängt.
Neuartige bicyclische Siloxane
Der Schwerpunkt des zweiten Teil dieser Arbeit lag auf der Darstellung neuartiger bicyclischer Siloxane ausgehend von Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl[91] und TfO Si{O(SiMe2)2}3Si OTf[91]. Auf dem Weg zu diesen anorganischen Kryptanden wurden die verzweigten Tetrasilane BrSi(SiMe2Ph)3 (29) sowie ISi(SiMe2Ph)3 (30) isoliert. Im Vergleich zu ClSi(SiMe2Ph)3[92] zeigen sich keine großen strukturellen Unterschiede, sodass der Einfluss des Halogenatoms am quartären Siliziumatom auf die Struktur gering ist. Die Substituierung am Brückenkopfatom von Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl bzw. TfO Si{O(SiMe2)2}3Si OTf mittels Salzeliminierungsreaktion führte zu keiner Reaktion oder der Zersetzung der Kryptanden. Auch die Verwendung von verschiedenen Basen wie NH3, KOH oder BenzylK zeigten das gleiche Ergebnis. Bei Einsatz des basischen SIMesPK wurde jedoch das neuartige bicyclische Siloxan SIMesPSi(Me)2 Si{µ-(O(SiMe2)2)2µ-(O)}Si Si(Me)2PSIMes (31) dargestellt. Dessen Bicyclus besteht aus zwei Si4O2-Sechsringen und unterscheidet sich somit von dem eingesetzten Edukt Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl. Mit diesem Ergebnis zeigt sich, dass, bevor es zu einer Substitution am Siliziumbrückenkopfatom von Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl kommt, eher eine Spaltung einer Si-O-Si-Bindung stattfindet. Eine Erklärung für diese Beobachtung ist, dass eine Reaktion nach einem SN2-Mechanismus aufgrund eines nicht möglichen Rückseitenangriffs gehindert ist. Umsetzungen mit Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl, die nach einem SN1-Mechnismus ablaufen sollten, führten jedoch ebenfalls zu keiner Reaktion oder der Zersetzung des Eduktes. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Verbindung Cl Si{O(SiMe2)2}3Si Cl eine der stabilsten bekannten Si-Cl-Bindungen enthält.