Zusammenfassung:
Beruhend auf den Vorarbeiten von Wohde et al. war das Ziel dieser Arbeit, den Ionentransport
und dessen Limitierungen sowohl in hochkonzentrierten Flüssigelektrolyten als
auch einer kompletten Batteriezelle besser zu verstehen. Zusätzlich sollte das Verständnis
für die interionischen Wechselwirkungen sowie deren Einfluss auf den Ionentransport
vertieft werden. Darauf aufbauend sollte das theoretische Modell nach dem Onsager-
Formalismus erweitert werden, um eine Möglichkeit zu schaffen, die Transportkoeffizienten
bestimmen zu können, aus denen sich nahezu alle Transportparameter erhalten lassen und
so einen fundamentalen Einblick in die mikroskopische Dynamik innerhalb der Elektrolyten
ermöglichen.
Im ersten Teil wurde zunächst der kombinierte Formalismus aus Onsager-Ansatz und
linearer Antworttheorie um die Kation-Anion-Antikorrelation ergänzt, die ebenso wie
die entsprechende gleichgerichtete Korrelation ein Absinken der Lithiumionen-Überführungszahl
unter anionenblockierenden Bedingungen gegenüber der entsprechenden Transportzahl
bewirken kann. Darauf aufbauend wurde der Onsager-Formalismus auf weitere
Transportparameter erweitert, sodass sich ein Gleichungssystem ergab, aus dem mithilfe
verschiedener experimentell zugänglicher Parameter die Transportkoeffizienten in Kombination
mit dem thermodynamischen Faktor erhalten werden können. Dieser erweiterte
theoretische Ansatz wurde auf das ausreichend charakterisierte Elektrolytsystem der QIL
G4/LiTFSI 1:1 angewendet. Daraus wurde die Erkenntnis gewonnen, dass eine starke
Kation-Anion-Antikorrelation vorherrschen muss, aus der die sehr niedrige LithiumionenÜberführungszahl
unter anionenblockierenden Bedingungen resultiert. Eine Kombination
dieser Ergebnisse mit den Arbeiten von Kashyap et al. führte zu den Überlegungen,
dass in reinen QILs durch den nicht zu vernachlässigen Impulserhalt die LithiumionenÜberführungszahl
unter anionenblockierenden Bedingungen einenWert von null aufweisen
müsste. Die Präsenz von freien Lösungsmittelmolekülen oder ein Austausch der komplexierenden
Moleküle untereinander kann für Impulsüberträge zwischen Ionen und Lösungsmittelmolekülen
sorgen, sodass eine von null verschiedene Überführungszahl ermittelt werden
kann. Diese Erkenntnisse und Überlegungen konnten mithilfe von MD-Simulationen
bestätigt werden. Deren experimenteller Beweis steht allerdings aufgrund von zu großen
Instabilitäten der entsprechenden Elektrolytlösungen in Kombination mit elementarem
Lithium noch aus.
Der zweite Teil beschäftigt sich sowohl mit der Bestätigung der erhaltenen Ergebnisse
anhand einer weiteren QIL als auch mit dem Versuch, den Impulserhalt durch Zufügen
einer dritten ionischen Spezies anhand von IL/Salz-Mischungen als Limitierung auszuschalten.
Die ausgewählten Elektrolyte wurden elektrochemisch charakterisiert, indem
die ionische Leitfähigkeit, die Lithiumionen-Überführungszahl unter anionenblockierenden
Bedingungen sowie der Salzdiffusionskoeffizient mittels EIS unter Verwendung verschiedener
Messaufbauten ermittelt wurden. Die Analyse der ionischen Leitfähigkeit zeigt
im ausgewählten Temperaturbereich näherungsweise ein Arrhenius-Verhalten, wobei
sie mit steigender Konzentration innerhalb der IL/Salz-Mischungen abnimmt, während
die QILs Leitfähigkeiten im Bereich der konzentrierten Mischungen aufweisen. Die ermittelten
Salzdiffusionskoeffizienten folgen dabei demselben Trend. Die untersuchte QIL
zeigt ebenso wie ihr Vorgänger eine sehr geringe Lithiumionen-Überführungszahl unter
anionenblockierenden Bedingungen, sodass die im ersten Teil gewonnenen Erkenntnisse
intrinsisch und allgemeingültig für QILs zu sein scheinen. Die IL/Salz-Mischungen zeigen
teils deutlich höhere Überführungszahlen, die mit steigender Konzentration sogar ansteigen.
Im Gegensatz zu den QILs unterscheiden sich Transport- und Überführungszahl
nicht deutlich voneinander. Daraus wurde geschlossen, dass zwar interionische Wechselwirkungen
vorhanden sind, diese aber weniger stark ins Gewicht fallen als bei den QILs
und sogar mit steigender Konzentration weniger Einfluss ausüben. Zusätzlich scheint der
Impulserhalt innerhalb eines Dreiionensystems nicht mehr limitierend für den Lithiumionentransport
unter anionenblockierenden Bedingungen zu sein.
Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Frage, welche Parameter effektiv den Ladungstransport
innerhalb einer Lithiumionenbatteriezelle und damit den Ladevorgang der Batterie
limitieren. Mithilfe eines mathematischen Modells von Huang et al. konnte gezeigt werden,
dass der Lithiumionentransport unter anionenblockierenden Bedingungen innerhalb
der Kompositelektroden den Tieffrequenzwiderstand einer kommerziellen Lithiumionenbatteriezelle
dominiert. Mit einer kleinen Modifikation des transmission line model konnte
derselbe Tieffrequenzgrenzwert abgebildet werden, indem die ionische Leitfähigkeit durch
die Lithiumionenleitfähigkeit unter anionenblockierenden Bedingungen ersetzt und zusätzlich
die chemische Kapazität innerhalb der Aktivmaterialpartikel berücksichtigt wurde.
Dadurch konnte der effektive Zellwiderstand für alle untersuchten Elektrolytlösungen berechnet
werden, obwohl sie nicht ausreichend charakterisiert waren, um das vollständige
Modell anwenden zu können. Dabei zeigte sich, dass die QILs zu hohe Widerstände bewirken
und somit nur Laderaten von ca. 0.3C zur Verfügung stehen. Die konzentrierten
IL/Salz-Mischungen könnten dagegen mit fast 1C geladen werden, womit sie als Alternativelektrolyte
in Betracht kämen, solange auf Schnellladeoptionen verzichtet wird.