Zusammenfassung:
Totalendoprothetische Eingriffe an Knie- und Hüftgelenk sind in Deutschland etab-lierte Verfahren und routinemäßige Eingriffe. Die hohe Anzahl der jährlich durchgeführten Operationen dieser Art zeigt, wie wichtig die stetige Kontrolle und Verbesse-rung der mit diesem Eingriff verbundenen Vorbereitung ist. Die präoperative Prothesenplanung ist dabei ein essentieller Bestandteil, um die Rate an Komplikatio-nen so gering wie möglich zu halten. Vor allem durch die Digitalisierung der medi-zinischen Röntgendiagnostik hat sich das Vorgehen bei der Planung weiterentwi-ckelt. Zum Ausgleich der Strahlendivergenz wurde ein auf einem Referenzkörper (RK) basierendes digitales System entwickelt, das einen für jede Röntgenaufnahme spezifischen Vergrößerungsfaktor (VF) erstellt. Dieses System löste die schablonenbasierte, analoge Planung ab, die auf definierten Faktoren basierte.
Ziel unsere Studie war es, beide Planungsverfahren hinsichtlich der Planungsgenauigkeit zu vergleichen, um Stärken und Schwächen zu beleuchten. Außerdem sollten Verbesserungen und Präzisierungen der Planung untersucht werden. Dazu führ-ten wir eine Röntgenversuchsreihe durch, in der die Auswirkungen einer Fehlplatzierung des RK im Mittelpunkt standen. Anschließend wurden retrospektiv personenbezogene Daten und präoperative Röntgenaufnahmen von 300 Patienten ge-sammelt, die zwischen Oktober 2010 und September 2011 in der Klinik für Spezielle Orthopädische Chirurgie und Unfallchirurgie des Auguste-Viktoria-Klinikums Berlin eine Knie- (n = 150) oder Hüftgelenksendoprothese (n = 150) erhielten. Die Aufnahmen nutzten wir dabei zur jeweiligen Bestimmung des VF, des Hüftpfannendurchmessers und des Durchmessers der tibialen Gelenkfläche am Kniegelenk. Für den Vergleich zur analogen Planung berechneten wir, welche Durchmesser mit den in der analogen Planung verwendeten starren VF von 107,5%, 110%, 115%, 118% und 120% gemessen worden wären.
Abgesehen von der verwendeten Technik zeigte sich, dass auch der Röntgenaufbau und die dabei verwendeten Abstände (Fokus zu Detektor und Objekt zu Detektor) in Bezug auf den VF eine Rolle spielen können. Der Vorteil der referenzkörperbasierten Planung, veränderte Abstände ausgleichen zu können, kommt aufgrund der kleineren Röntgenabstände eher bei Beckenübersichtsaufnahmen zum Tragen. Unsere Röntgenversuchsreihe zeigte eine höhere Fehleranfälligkeit hinsichtlich der Platzie-rung des RK am Hüftgelenk. Gerade im Fall der Beckenübersichtsaufnahme ist die genaue Lage des RK im Verhältnis zum Hüftgelenkzentrum schwer zu eruieren, was leichter zu Fehlplatzierungen führen kann. Eine Fehlplatzierung kann bei einer vertikalen Verschiebung von 3 cm bereits zu einem Planungsfehler von nahezu +/- einer Prothesengröße (+/-1,8 mm) führen. Im Falle des Kniegelenkes müsste es aufgrund veränderter Röntgenabstände zu einer vertikalen Fehlplatzierung von 10 cm kommen, um einen Planungsfehler von einer Prothesengröße (+/-3,0 mm) zu erreichen.
Unsere Daten der Patienten mit Behandlung am Hüftgelenk zeigten eine Überlegen-heit der digitalen Planung gegenüber der analogen Variante. Der analoge Planungs-faktor von 118% entsprach dabei unserem Mittelwert (MW) zeigte aber im Vergleich schlechtere Ergebnisse, da eine individuelle Anpassung nicht möglich war. Wir empfehlen den Planungsfaktor von 118% zu verwenden, sollte keine digitale Planung möglich sein. In diesem Fall sollten die in dieser Studie verwendeten Röntgenab-stände eingehalten werden. In unserem Aufbau zur Erstellung einer Beckenüber-sichtsaufnahme in a.p. lagen diese Abstände zwischen Fokus und Detektor bei 110 cm und zwischen Tischebene und Detektor bei 7 cm.
Anhand der Ganzbeinstandaufnahmen war die Übereinstimmung von Messung und implantierter Prothese unter Verwendung festgelegter analoger Planungsfaktoren größer. Die von uns durchgeführten Messungen des Tibiaplateaus zeigten dabei einen größeren Abstand zu den implantierten Tibiakomponenten, als dies unter Verwendung des fixen Planungsfaktors von 107,5% oder unseres MW von 106,9% der Fall gewesen wäre.
Wir empfehlen hier die Verwendung eines festen VF von 106,9%, wenn die Abstände aus unserem Röntgenaufbau genutzt werden (Fokus - Detektor: 270 cm, Tisch-ebene - Detektor: 7 cm). Der VF sollte manuell in der verwendeten Planungssoftware einzustellen sein und würde die aufwendige Positionierung des RK und dessen Ver-messung überflüssig machen. In Einzelfällen mit deutlich erhöhten oder erniedrigten Abständen zwischen Gelenkzentrum und Detektor könnte auf eine RK-basierte Kalibrierung zurückgegriffen werden.
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