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Titel:pseudos: Gewißheit und Zweifel. Untersuchungen zur epischen Fiktionalität am Beispiel der Odyssee
Autor:Banaszkiewicz, Bernadette Agnes
Weitere Beteiligte: Vogt-Spira, Gregor (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2016
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2016/0123
DOI: https://doi.org/10.17192/z2016.0123
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2016-01237
DDC: Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft
Titel (trans.):pseudos: conviciton and doubt. Epic ficitonality in Homer's "Odyssey"
Publikationsdatum:2016-05-20
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Fiktion, aletheia, Zweifel, Muse, Wahrheit, faktuale vs. fiktionale Rede, terpsis, Genuss, Gewissheit, charis

Zusammenfassung:
Das frühgriechische Epos stammt aus einer Epoche der europäischen Literaturgeschichte, in der eine der wesentlichen Funktionen der Präsentation eines Dichtersängers die Sicherung der Überlieferung ist. Gleichwohl suggerieren bestimmte Textteile (das Lied des Demodokos, die Apologe des Odysseus und seine Dialoge bei verborgener Identität) und der Einsatz des Wortstammes pseud-, daß auch die Epen Homers und Hesiods bereits eine Konzeption von Fiktionalität mit der Institution des Gesanges verbinden. Die Figuren Homers scheinen lediglich Genuß (terpsis) von einem Sänger zu erwarten, jedoch nicht Wahrheit im Sinne einer adaequatio rei et intellectus. Die vorliegende Untersuchung hat sich zur Aufgabe gemacht zu überprüfen, ob eine den modernen Konzeptionen von Fiktionalität ähnliche für das frühgriechische Epos behauptet werden kann. Fiktionalität und Literatur könnten entsprechend bereits für die früheste europäische Überlieferung als aufeinander bezogene Phänomene behauptet werden. In besonderer Weise ist die Untersuchung darum bemüht, die spezielle Form der epischen Fiktionalität zu beschreiben. Sie hat ein Instrumentarium entwickelt, um die erzählenden und Sanges-Präsentationen der Figuren zu beschreiben, ohne den Begriff der Wahrscheinlichkeit dafür zu bemühen. Fiktionale Rede wird auf diese Weise vom verisimile abgelöst und unabhängig von den traditionellen Begriffen historia, argumentum, fabula definiert. Die Erzeugung von Gewißheit durch einen guten Sprecher wird dabei als grundlegend nachgewiesen, gleichfalls die Zuerkennung von arete, von hohem sozialen Prestige durch den Rezipienten: Einerseits ist ein aristos, eine Figur von hohem sozialen Prestige, darum bemüht, nur Zuverlässiges und Sicheres zu bieten; andererseits läßt sich ein Rezipient von einem aristos am besten überzeugen. Eine binär oppositionale Unterscheidung zwischen wahren und falschen Aussagen über die Wirklichkeit bzw. zwischen faktualer und fiktionaler Rede kann für die epischen Figuren nicht nachgewiesen werden. Die Darstellung von Erzählen und Singen in der Odyssee ist vielmehr darum bemüht, den Einfluß der göttlichen charis zu demonstrieren, die den Kommunikationsakt insgesamt verwandelt, nicht nur den Sprecher durch die berühmte Kraft der anwesenden Muse.


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