Zusammenfassung:
Die Methodik der Lehrkunst steht auf den drei Pfeilern exemplarisch – genetisch – drama-turgisch. In dieser Arbeit wird das genetische Lehren, das sich gemeinhin auf die Genese des individuellen Wissens der Schülerinnen und Schüler oder des gemeinsamen Wissens einer Gruppe oder Klasse bezieht, um die Dimension der Kulturgenese erweitert. Der Arbeit liegt die These zugrunde, dass das genetische Lehren in den Naturwissenschaften (im Besonderen im Physikunterricht) besser gelingt, wenn die Komposition der Unterrichtseinheit (des Lehr-stücks) auf die Kulturgenese des Unterrichtsgegenstandes abgestimmt ist, bzw. wenn sie diese zur Grundlinie der Unterrichtsgestaltung macht. Dabei wird die Kulturgenese grob in drei paradigmatische Epochen (mit entsprechenden Weltbildern) unterteilt: in die Aristotelik (Epoche der Anthropozentrik), die Klassik (Epoche des klassisch-naturwissenschaftlichen Denkens) und die Moderne (Epoche der universellen Verallgemeinerung). In der Arbeit wird argumentiert, dass die alltägliche Weltanschauung der Schülerinnen und Schüler (der Men-schen im Allgemeinen) trotz allen wissenschaftlichen Fortschritts der heutigen Gesellschaft in der Aristotelik wurzelt, dass die Mittelschule im Allgemeinen aber den Anspruch hat, die klassisch-naturwissenschaftliche Methodik zu vermitteln, dass die moderne Wissenschaft allerdings abermals an ganz einem anderen Ort steht und ihr auch ganz ein anderes Weltbild zugrunde liegt. Um dieser Diskrepanz zu begegnen und die oft unüberwindbaren Gräben zwischen Alltag (Aristotelik), Schule (Klassik) und Wissenschaft (Moderne) zu schließen, ist es wichtig, in Unterrichtseinheiten den Gang durch die Kulturgeschichte des Unterrichtsgegen-standes zu machen.
Im ersten Teil dieser Arbeit wird die Lehrkunst als Methodik und als Didaktik in der aktuellen Bildungslandschaft diskutiert. Dabei leite ich die der Arbeit zugrunde liegende These aus der Lehrkunstdidaktik und der Wagenschein-Didaktik ab.
Im zweiten Teil wird anhand dreier konkreter Unterrichtseinheiten zu exemplarischen Themen aufgezeigt, wie der Einbezug der Kulturgeschichte in die Unterrichtsgestaltung gelingt. Dies geschieht an den Themen Luftdruck (Raum und Materie), Fallgesetz (Bewegung) und der Optik (Licht). Diese Unterrichtseinheiten wurden eigens hinsichtlich der These dieser Arbeit (weiter-)entwickelt. Die These wurde allerdings nicht im Rahmen einer empirischen Studie getestet. Die Unterrichtseinheiten wurden an jeweils bis zu maximal vier Klassen er-probt und der Unterrichtsverlauf in Unterrichtsberichten beschrieben.
Im dritten Teil wird die These in den allgemeineren Rahmen des Unterrichtens eingebettet, wobei ich zeige, warum kulturgenetisches Unterrichten ein grundlegendes fach- und allge-meindidaktisches Kriterium guten Unterrichts ist.
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